Top Level Domain: Demokratische US-Senatoren strikt gegen .org-Deal

US-Senatorin Warren mischt sich mit mehreren Kollegen erneut in den umstrittenen Verkauf der org.-Registry ein: Die ICANN müsse den Verkauf stoppen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 7 Kommentare lesen
Demokratische US-Senatoren strikt gegen .org-Deal

(Bild: alphaspirit/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert
Inhaltsverzeichnis

Der Verkauf des .org-Betreibers Public Interest Registry an den US Finanzinvestor Ethos Capital beziehungsweise ein dahinter stehendes Geflecht von konservativen US-Geldgebern muss gestoppt werden. Mit dieser kategorischen Forderung wendet sich US-Senatorin Elisabeth Warren mit mehreren Kollegen an die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN). Detailliert kritisieren die Demokraten in ihrem Schreiben den 1,13 Milliarden-Dollar-Deal wegen mangelnder Transparenz, dem aus ihrer Sicht nicht erbrachten Nachweis der Wirtschaftlichkeit sowie allenfalls lauwarmen Zugeständnissen für eine Selbstkontrolle der künftigen Registry.

Seit Monaten schlägt der von der Internet Society (ISOC) im November angekündigte Verkauf ihres Registry-Betreibers Public Interest Registry (PIR) der org.-Registry hohe Wogen. Über 800 Organisationen und 25.000 Einzelpersonen haben sich über Aktionen wie savedotorg.org eingemischt und die ISOC, die Netz-Selbstverwaltung ICANN und die US-Politik aufgefordert, den Verkauf und die damit einhergehende Umwandlung des nicht-kommerziellen Unternehmens in eines mit Gewinnabsicht zu stoppen.

Bereits zum zweiten Mal mischten sich Warren und ihre demokratischen Kollegen Ron Wyden, Richard Blumenthal, Anna Eshoo und Edward Markey mit ihrem neuen Brief ein. Ihre Forderung für ein Nein der ICANN zum Verkauf begründet Warren zum einen mit der fortgesetzten Weigerung des Finanzinvestors Ethos Capital, die Geldgeber des Milliardendeals bekanntzugeben. US-Medien hatten zwar berichtet, dass zu den Investoren, die hinter einem Geflecht neu gegründeter Unternehmen stehen, große konservative Holdings wie Perot, das mit der Familie des Republikaners Mitt Romney verbundene Solamere und der Finanzriese Fidelity gehören – doch sei Ethos nach wie vor die vollständige Liste der Käufer und möglichen Herren über die .org-Registry schuldig geblieben, beklagen jetzt Warren und ihre Kollegen.

Genauso wie in Bezug auf die Wirtschaftlichkeit des Deals hatten Ethos-Manager die von der ICANN an sie gerichteten Anfragen mit dem Hinweis darauf abgelehnt, dass PIR als erfolgreiches Registry-Unternehmen solche Antworten nicht herauszurücken brauche beziehungsweise die geforderten Pläne bezüglich der zu erwartenden Gewinne höchst spekulativ wären.

Die US-Senatoren mahnen ihrerseits, dass PIR bislang den Nachweis schuldig geblieben ist, dass die Registry die zu erwartende Schuldenlast auch ohne deutliche Preissteigerungen wirklich tragen kann. Von den für PIR durch den Verkauf bleibenden 480 Millionen Dollar Schulden, einschließlich der rund 120 Millionen Dollar Zinsen, werde die Organisation kaum mehr als 380 Millionen erwirtschaften können, zitieren die Politiker die US Organisation Americans for Financial Reform. Die Deckungslücke, so die Befürchtung von Warren, könnten durch versteckte Preiserhöhungen eingefahren werden. Denn während Ethos im Verlauf der Debatten angekündigt hat, sich für die nächsten 10 Jahre auf maximale Preissteigerungen von 10 Prozent zu beschränken, betreffe dies nur die nackten Registrierungen.

Die 8-Jahresfrist sehen für die Senatoren, wenn man Warren und ihren Kollegen glaubt, schließlich sehr nach einem 'Heuschrecken'-Manöver aus. „Private Investmentfirmen halten ihre Investitionen in der Regeln für etwas unter 10 Jahren, diese 8-Jahres-Deadline erlaubt Ethos daher, die Preise zur Vorbereitung eines Weiterverkaufs in die Höhe zu treiben“, schreiben sie. Den vorgeschlagene Beirat halten die Senatoren schließlich für ein reines Feigenblatt, denn 5 der 7 Beiräte legen Ethos beziehungsweise die nicht identifizierten Investoren fest.

Für die ICANN liefert der geharnischte Brief neue Munition für eine mögliche Ablehnung des Deals. Die private Netzverwaltung hatte sich zuletzt beim unter dem Einfluss der Corona-Pandemie bereits rein virtuell statt findenden 67. Treffen überaus bedeckt darüber gehalten, wie sie entscheiden will. Ethos kündigte vergangenen Mittwoch an, einer Verlängerung des Verfahrens bis zum 20. April zuzustimmen, das den ICANN-Vorständen etwas Luft verschafft für ihre eigene Entscheidung. Die ICANN hatte nicht zuletzt wegen Interventionen des für sie zuständigen Generalanwalts von Kalifornien sowie des Generalanwalts von Pennsylvania zugestimmt. Letzterer muss der Umwandlung von PIR von einem nicht-kommerziellen in ein kommerzielles Unternehmen zustimmen.

Auch innerhalb des Verkäufers ISOC bröckelt die Zustimmung zum Deal offenbar. Laut dem britischen Journalisten Kieran McCarthy werde in ISOCs Chapters Advisory Council offen in Frage gestellt, dass die Organisation die lokalen ISOC-Gruppen auf ihrer Seite habe. (tiw)