Corona-Apps: Apple diktiert die Richtlinien

Regierungen, die Corona-Warn-Apps richtig aufs iPhone bringen wollen, müssen sich Apples Bedingungen beugen. Frankreich zeigt sich verärgert.

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Corona-Apps: Apple diktiert die Richtlinien

(Bild: TATSIANAMA/Shutterstock.com)

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Apple beharrt offenbar darauf, keinerlei technische Zugeständnisse für Corona-Warn-Apps zu machen, die nicht die hauseigene Schnittstelle nutzen wollen. Der iPhone-Konzern "hätte uns helfen können, unsere App besser zu machen", erklärte Frankreichs Digitalminister Cédric O am Dienstag gegenüber dem französischen Wirtschaftsnachrichtensender BFM Business. "Sie haben es aus einem Grund nicht getan, der sich mir nicht erschließen will", ergänzte O, es sei "bedauerlich".

Ein Konzern, der wirtschaftlich nie besser dastand, helfe der Regierung nicht beim Kampf gegen die Krise – das werde man "im Hinterkopf behalten", erklärte der Minister. Er hatte Apple im April öffentlich aufgerufen, die "technischen Barrieren" auszuräumen. Auch ohne Apples Hilfe soll nun die Testphase für die französische Corona-Warn-App beginnen, eine Veröffentlichung sei für den 2. Juni geplant, erklärte O gegenüber dem Sender.

iPhone-Apps können im Hintergrund nur eingeschränkt über die Bluetooth-Schnittstelle kommunizieren, das soll unter anderem Tracking erschweren und Strom sparen. Für Corona-Warn-Apps ist diese Funktion aber essenziell, deshalb hat Apple – im Verbund mit Google – eine spezielle Schnittstelle eingeführt. Die "Exposure Notification API" erlaubt ausgewählten Apps von Regierungsstellen und Gesundheitsbehörden, auch im Hintergrund temporäre Bluetooth-IDs zu senden – und plattformübergreifend von anderen Geräten in der Umgebung zu empfangen.

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Apples und Googles API setzt auf einen dezentralen Ansatz, bei dem die ausgetauschten IDs lokal auf dem Smartphone gespeichert und in Hinblick auf einen möglichen Kontakt zu einer infizierten Person analysiert werden. Frankreich will diese IDs stattdessen zentral auf Servern der Regierung speichern und die Kontaktverfolgung dort durchführen.

Gesundheitsinitiativen wie eine Kontaktverfolgung seien die Aufgabe des Staates, schreibt der französische Digitalminister in einem Medium-Posting. Behörden müssten selbst entscheiden können, auf welchem Wege die Bürger am besten geschützt werden. Zwar könnten undemokratische Staaten solche technischen Systeme "zur Überwachung missbrauchen", in Demokratien gebe es aber Kontrollmechanismen, um genau das zu verhindern. Frankreich lehne Apples und Googles API nicht ab, weil es sich um amerikanische Konzerne handele, sondern weil diese den Staaten die technische Entscheidung aufzwingt, so O, schließlich funktioniere dadurch nur ein dezentraler Ansatz "perfekt" auf iPhones. Die dezentrale Technik sei jedoch unsicherer, argumentiert der Minister, da die temporären, von Infizierten übermittelten Keys von allen anderen Geräten zur Analyse heruntergeladen werden müssen und dort dann vorliegen.

Neben Frankreich plant auch Großbritannien eine Corona-Warn-App mit zentraler Datenerfassung. Ursprünglich war auch in Deutschland ein zentraler Ansatz im Gespräch, inzwischen scheint man aber auf ein dezentrales System zu setzen – und kann damit auch Apples und Googles Schnittstelle verwenden.

Apple hat am Montagabend spezielle Richtlinien vorgelegt, die für alle staatlichen Corona-Warn-Apps gelten, die die "Exposure Notification API" genannte Schnittstelle nutzen wollen – darunter die Vorgabe, dass gewöhnlich nur eine solche derartige App pro Land zugelassen wird. Neben Apples üblichen strikten Regeln für Apps müssen sich Behörden weiteren Regeln beugen. So muss eine Eingabe von Nutzerdaten rein optional bleiben und freiwillige Angaben dürfen nur zum Zweck der Bekämpfung von COVID-19 eingesetzt werden. Apple und Google verbieten den Corona-Warn-Apps außerdem jede Form des Standortzugriffs und die Erfassung von Geräte-IDs wie dem Advertising Identifier. Apple räumt sich zudem ein, Corona-Warn-Apps zurückzuweisen, rauszuwerfen und die nur staatlichen Stellen zugängliche Berechtigung für eine Nutzung der API jederzeit wieder zurückziehen zu können. (lbe)