FAQ: Videostreamingdienste

Videostreamingdienste wie Apple+ oder Disney+ haben durch die Corona-Krise als Alternative zum Kino einen kräftigen Schub bekommen. Leider häufen sich auch die Probleme und Fragen.

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FAQ: Videostreamingdienste
Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Nico Jurran
Inhaltsverzeichnis

Ein Freund hat mir gezeigt, dass das Apple TV den Ton von Streamingdiensten im verlustfreien PCM-Format zum AV-Receiver übermittelt. Ich habe einen Player, der die Audiodaten bestenfalls im verlustbehafteten Dolby Digital Plus ausgibt. Bekäme ich durch einen Wechsel auf das Apple TV 4K einen besseren Ton?

Nein, das Apple TV und das Apple TV 4K liefern weder einen besseren noch einen schlechteren Ton als Ihr Player. Der Unterschied ist lediglich, dass die Apple-Geräte den Ton selbst dekodieren und den dabei entstehenden unkomprimierten PCM-Datenstrom über HDMI an den AV-Receiver übermitteln, während Ihr Player (wie praktisch alle Zuspieler) den Datenstrom unangetastet ausgibt und die Wandlung dem Decoder im AV-Receiver überlässt. Ob die Wandlung im Receiver oder im Zuspieler stattfindet, macht keinen qualitativen Unterschied.

Warum sich Apple für diesen Sonderweg entschieden hat, ist unklar. Eventuell hatten die Entwickler ursprünglich den Plan, Systemtöne in den Datenstrom einzubinden, was nur bei einer vorherigen Dekodierung möglich ist. Dolby bestätigte uns auf Nachfrage aber ausdrücklich, dass das Apple TV und das Apple TV 4K von den Diensten die gleichen Audiodaten geliefert bekommt wie alle anderen Player.

Dass das Apple TV (4K) den Ton von Videostreamingdiensten als PCM-Datenstrom an AV-Receiver ausgibt, irritiert viele Nutzer.

Ich habe zu meinem neuen iPhone ein kostenloses Apple-TV+-Abonnement bekommen. Dieses geht nach einem Jahr in ein kostenpflichtiges Abo über – was ich nicht möchte. Soll ich vorsorglich kündigen, damit es sich nicht automatisch verlängert?

Nein, machen Sie das nicht. Eine solche Kündigung hätte die unerfreuliche Folge, dass Apple Ihnen den Zugang zum Dienst mit sofortiger Wirkung sperrt. Dazu ist das Unternehmen berechtigt, da zwischen Ihnen und Apple kein Vertrag besteht, nachdem Sie eine Leistung bis zum Ablauf des Jahres verlangen könnten.

Nach einer solchen Kündigung hilft es nach unserem Kenntnisstand nicht einmal, wenn man ein weiteres Apple-Gerät erwirbt, das an der Aktion teilnimmt – zumindest nicht, solange man es unter derselben Apple-ID anmeldet wie das ursprüngliche Gerät. Besser ist es daher, den Kündigungstermin im Kalender mit einer Alarmierung zu vermerken. Die Kündigung ist bis einen Tag vor dem genannten Verlängerungstag möglich.

Ich habe bemerkt, dass bei Disney+ aktuell kein Dolby-Atmos-Ton abrufbar ist. Auf Nachfrage erklärte mir der Support des Dienstes, dass so während der Corona-Krise die Datenrate reduziert wird. Aber benötigt der 3D-Ton denn so viel Daten?

Nein, die Einsparungen durch den Wegfall von Dolby Atmos sind gering im Vergleich zu den Datenraten, die bei der Videoübertragung anfallen. Konkret ist die Audio-Datenrate bei Disney+ durch den Wechsel von Dolby Atmos auf 5.1-Ton gerade einmal von 768 auf 256 kBit/s gesunken.

Tatsächlich ist der Wegfall von Dolby Atmos die Folge davon, dass Disney+ die jeweils beste Qualitätsstufe gesperrt hat. Würde der Dienst einen Titel üblicherweise in 4K-Auflösung mit 3840 x 2160 Bildpunkten streamen, bekommt man ihn aktuell bestenfalls in 1440p mit 2560 x 1440 Pixel. HD-Titel spielt Disney+ nun statt in 1080p mit 1920 x 1080 Bildpunkten nur noch maximal in 720p mit 1280 x 720 Pixel aus.

Andere Videostreamingdienste wie Apple TV+ und Netflix streamen hingegen weiterhin mit voller Auflösung und reduzieren nur die Datenrate. In diesen Fällen bleibt auch der Dolby-Atmos-Ton erhalten.

Selbst HD-Titel (hier „Die Monster AG“) werden hierzulande von Disney+ aktuell nur in 720p (oben) ausgeliefert, während der US-Ableger des Dienstes weiter in 1080p (unten) streamt.

Selbst HD-Titel (hier „Die Monster AG“) werden hierzulande von Disney+ aktuell nur in 720p (oben) ausgeliefert, während der US-Ableger des Dienstes weiter in 1080p (unten) streamt.

Ein Freund hat mir empfohlen, an Nvidias Beta-Programm teilzunehmen, um die jeweils neueste Firmware auf meinem Shield TV installieren zu können, bevor diese offiziell veröffentlicht wird. Spricht etwas dagegen?

Sie sollten sich diesen Schritt sorgfältig überlegen, wenn Sie über das Shield TV Disney+ anschauen wollen, oder darüber nachdenken, dies zumindest auf längere Sicht zu tun. Der Grund: Die über Nvidias Beta-Programm verteilten sogenannte Hotfix-Images für den Medienplayer sind üblicherweise nicht von Google zertifiziert. Da Disney befürchtet, dass solche Versionen Hintertüren enthalten können, unterstützt Disney diese Fassungen nicht. Andere Streaminganbieter haben mit diesen Beta-Fassungen keine Probleme.

Nutzt man die Beta-Firmwares, hatte dies in der Vergangenheit daher bereits zur Folge, dass sich die Disney+-App nicht neu installieren beziehungsweise eine zuvor installierte Version nicht updaten ließ. Laut Nvidia lässt sich ein Hotfix-Image nur durch ein Werksreset wieder vom Shield TV entfernen.

Ich habe gelesen, dass iTunes manchmal Filme erst in HD und mit 5.1-Ton anbietet und später 4K und 3D-Ton nachliefert. Müsste ich als Käufer der HD-Version den Film in einem solchen Fall noch einmal erwerben, um ihn in der besseren Qualität zu bekommen?

Nein, das ist nach der bisherigen Erfahrung mit Apples Videostreamingdienst nicht nötig. iTunes stellt Ihnen über Ihre „Mediathek“ gewöhnlich ohne Vorankündigung einfach die aktuelle Version mit dem besseren Bild beziehungsweise Ton zur Verfügung – wobei es keinen Unterschied macht, in welcher Fassung man den Film irgendwann mal gekauft hat.

Es ist auch bereits mehrfach vorgekommen, dass iTunes Filme noch als Bundle in der HD-Fassung angeboten hat, sie einzeln aber bereits in der 4K-Fassung führte. Auch in solchen Fällen erhielten die Käufer in der Regel gleich die 4K-Fassung.

Auf meinem alten Fernseher von LG konnte ich mit einem Druck auf die Info-Taste bequem nachschauen, in welcher Auflösung mit welcher Datenrate Netflix seine Videos zu mir streamt. Mein neues TV-Modell hat diese Taste nicht mehr, auch sonst finde ich nirgendwo eine entsprechende Funktion.

Tatsächlich hat LG die Taste auf der Fernbedienung „wegrationalisiert“, die Funktion an sich ist aber auch bei den neueren TV-Modellen weiterhin vorhanden. Um sie zu aktivieren, benötigt man lediglich ein Smartphone mit Android oder iOS, auf dem man eine der kostenlosen Apps „LG TV Plus“ oder „LG ThinQ“ von LG Electronics installiert.

Nachdem man diese aufgerufen hat, kann man sich mit seinem Fernseher verbinden – vorausgesetzt, beide Geräte befinden sich im selben LAN. Bei „LG ThinQ“ muss man seinen TV dafür einmal vorher über die App registrieren. Steht die Verbindung, wechselt man bei „LG TV Plus“ auf den linken Bildschirm, wo man unten rechts den Info-Button findet. Bei „LG ThinQ“ gelangt man auf diese Anzeige, indem man auf die weiße Fläche der Mini-Fernbedienung auf der Startseite tippt.

Hat man in der „ LG ThinQ“-App seinen Fernseher registriert, erscheint auf der Startseite eine Mini-Fernbedienung (linkes Bild). Tippt man bei dieser auf die weiße Fläche, gelangt man auf eine größere virtuelle Fernbedienung (rechtes Bild), auf der unten links der ­Info-Button zu finden ist.

Immer mehr Fernseher haben einen erweiterten Audiorückkanal (eARC), über den sie Lossless-Codecs wie Dolby TrueHD oder DTS-HD Master Audio ausgeben können. Darf man also hoffen, dass es künftig bei den Videostreamingdiensten Ton in besserer Qualität gibt?

Das ist leider nicht so einfach. Viele effizientere Codecs lassen sich nach Angaben der Entwickler nicht für Streaming nutzen. Das trifft laut DTS auf deren Codec DTS-HD sowohl in der Lossless-Variante Master Audio als auch in der verlustbehafteten Ausführung High Resolution zu. Bei Dolby ist der Lossless-Codec Dolby TrueHD nicht streamingfähig, sondern nur die Lossy-Variante Dolby Digital Plus. Letztere ist bei vielen Diensten heute bereits im Einsatz, auch als Basis für 3D-Ton im Dolby-Atmos-Format.

Am ehesten könnten Dienste somit Audiospuren in Dolby Digital Plus künftig mit höherer Datenrate streamen: Der Codec erlaubt bis zu 6 MBit/s. Allerdings würden die Dienste damit Inkompatibilitäten heraufbeschwören: Fernseher mit gewöhnlichem HDMI-Audiorückkanal (ARC) können Dolby Digital Plus beziehungsweise Dolby Atmos (mit Dolby Digital Plus als Basis) mit höheren Datenraten über diesen nicht ausgeben, da die Verbindung dies technisch nicht zulässt.

Lösen könnten die Dienste dieses Dilemma, indem sie an TVs mit ARC und solchen mit eARC jeweils Audiodatenströme mit der passenden Datenrate liefern. Ob sich die Dienste dazu entscheiden, muss sich zeigen. Sicher ist aber, dass zuvor die TV-Geräte mit eARC-tauglichen HDMI-Ports eine gewissen Verbreitung erreicht haben müssen. Bis dahin dient der erweiterte Audiorückkanal vor allem dazu, Audiodaten von anderen am Fernseher angeschlossenen Zuspielern über HDMI an den AV-Receiver zu leiten.

Dieser Artikel stammt aus c't 12/2020. (nij)