Fall Amad A.: "Riesenprobleme" mit NRW-Polizei-Software

Im Fall Amad A. verdichten sich die Hinweise, dass die NRW-Polizeisoftware Viva einen Anteil daran hatte, dass der Syrer unschuldig hinter Gitter kam.

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Fall Amad A.: "Riesenprobleme" mit NRW-Polizei-Software

(Bild: mahc/Shutterstock.com)

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Im Fall des unschuldig eingesperrten und verbrannten Syrers Amad A. ist die zentrale NRW-Polizeisoftware Viva in die Kritik geraten. Ein Kommissar berichtete dem Untersuchungsausschuss des NRW-Landtags am Dienstag in Düsseldorf über "massive Probleme" mit dem Programm.

Besonders der Umgang mit Alias-Personalien und die Zusammenführung von Personen-Datensätzen sei problematisch gewesen und letztere schließlich streng verboten worden, wenn die Datensätze auch im bundesweiten System Inpol auftauchten, sagte der 63-jährige, inzwischen pensionierte Kommissar aus Siegen.

"Die Situation hat zu Riesenproblemen im gesamten Land geführt." Es seien vom System immer wieder Verknüpfungen von Personen angezeigt worden, bei denen es völlig abwegig gewesen sei, eine Identität anzunehmen. Umgekehrt habe es von einer Person auch einmal zwei Kriminalakten unter zwei verschiedenen Namen gegeben.

Entsprechend habe er die ihm unterstellte Sachbearbeiterin nicht angewiesen, Personensätze zusammenzuführen. Diese hatte behauptet, den Auftrag, die Daten des Syrers Amad A. mit denen des Afrikaners Amedy G. zusammenzuführen, entweder von Kolleginnen, oder ihrem Vorgesetzten erhalten zu haben. "Ich nehme an, sie hat eine falsche Entscheidung getroffen in der Absicht, das Richtige zu tun", sagte der Zeuge.

Eine Sachverständige hatte dem Untersuchungsausschuss schriftlich von einem Programmfehler berichtet, der die Verwechslung mitverursacht haben könnte. Auf den Fehler im Programm Viva seien Landesbehörden bereits im Februar 2018 hingewiesen worden.

Bei der Polizei in Kleve sei damals aufgefallen, dass bei zwei zufällig gleichen Namensfragmenten ein sogenannter Kreuztreffer angezeigt worden sei. Die Polizei habe damals gewarnt, dass dies zu unrechtmäßigen polizeilichen Maßnahmen führen könne. Der Fehler sei aber erst nach der Inhaftierung von Amad A. behoben worden.

Der hellhäutige Syrer war den bisherigen Ermittlungen zufolge im Juli 2018 irrtümlich wegen eines Haftbefehls eingesperrt worden, der für den Schwarzen Amedy G. aus Mali galt. Amad A. hatte wochenlang in Kleve unschuldig im Gefängnis gesessen und schließlich in seiner Zelle selbst Feuer gelegt. Dabei erlitt er so schwere Verbrennungen, dass er im September 2018 in einer Klinik starb.

Vollzugsbeamte berichteten am Dienstag, wie sie seine bereits lichterloh bis zur Decke brennende Zelle geöffnet hatten. Der Syrer sei ihnen durch den Rauch entgegen getaumelt und habe um Wasser gebeten. Mit einer Schere habe man ihm die verbrannte Kleidung vom Körper entfernt. Er war später in einer Klinik gestorben.

(mho)