Wachsende Kritik an Innovationfähigkeit des Silicon Valley

Risikokapital ist eine wesentliche Antriebskraft für US-Innovationen. Angesichts der Covid-19-Pandemie halten manche Experten das jedoch für einen Fehler.

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Wachsende Kritik an Innovationfähigkeit des Silicon Valley

(Bild: AlAnton/Shutterstock.com)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Elizabeth MacBride

Die Zahl der Risikokapitalfirmen in den USA ist von 946 im Jahr 2007 auf 1328 im Jahr 2019 gestiegen, und die Summe der von ihnen verwalteten Gelder ist von 170,6 Milliarden Dollar im Jahr 2005 auf 444 Milliarden Dollar im Jahr 2019 angewachsen. Risikokapital ist der wichtigste Motor von Innovationen in den USA – insbesondere im Silicon Valley. Eine wachsende Anzahl von Experten bezweifelt jedoch, dass das eine gute Sache ist, berichtet TR in seiner aktuellen Ausgabe.

Zwar gibt es die Debatte angesichts wachsender sozialer Ungleichheit bereits länger. Als Covid-19 die Welt eroberte, wurde die Frage jedoch noch dringlicher: Produziert Risikokapital überhaupt die Art von Erfindungen, die eine Gesellschaft braucht? Wo war das Heilmittel gegen das Virus, oder zumindest bessere Schutzausrüstung, und warum hatte Risikokapital solche Produkte nicht lägst finanziert?

Einer der wesentlichen Gründe liegt darin, dass Risikokapitalgeber bei ihren Investitionen Softwarefirmen bevorzugen. Softwarefirmen sind für Investoren attraktiv, weil sie hohe Renditen erzielen können, oft dadurch, dass sie Menschen in Branchen ersetzen, in denen diese Softwarefirmen dominieren – zum Beispiel Reisebüros, deren Arbeit heute durch Flugbuchungs-Websites erledigt wird.

In den Vereinigten Staaten gehen daher 75 Prozent des Risikokapitals in Software, sagt Carol Dahl, Geschäftsführerin der Lemelson-Stiftung, die Erfinder und Unternehmer beim Bau physischer Produkte unterstützt.

Menschen, die sich wirklich mit Innovationssystemen beschäftigen, "erkennen, dass Risikokapital vielleicht nicht für alle ein perfektes Modell ist", sagt Dahl. "Den Investoren fehlt es an Innovationen, weil die Leute, die diese VCs leiten, sich nicht vorstellen können, was die Bedürfnisse anderer Menschen sind, die nicht zu ihrem Kulturkreis gehören", ergänzt Lisa Green Hall, Fellow am Beeck Center for Social Impact & Innovation in Georgetown und ehemalige CEO von Calvert Impact Capital. "In der Kultur der weißen Männer sind diese Bedürfnisse extrem eng gefasst."

Der Think Tank Information Technology and Innovation Foundation (ITIF) plädiert daher für eine Ausweitung staatlicher Forschungsförderung. Laut ITIF liegt der Anteil der Bundesmittel für Forschung und Entwicklung am BIP heute unter dem Stand von 1957 – international stehe die USA damit an 28. Stelle von 39 Nationen. Wir haben "bahnbrechende Innovationen durch inkrementelle Innovationen ersetzt", sagt Rob Atkinson, Gründer des ITIF. "Und dank des hervorragenden Marketings des Silicon Valleys verwechseln wir Inkremente mit Durchbrüchen." (wst)