Edit Policy: EuGH könnte Uploadfilter kippen und Berlin blamieren

Sollte die CDU gegen ihr Versprechen den Einsatz von Uploadfiltern verlangen, könnte der Europäische Gerichtshof die Richtlinie nächstes Jahr wieder kippen.

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(Bild: Marian Weyo/Shutterstock.com)

Lesezeit: 9 Min.
Von
  • Felix Reda
Inhaltsverzeichnis

"Kompromiss zum Urheberrecht: Keine Uploadfilter!", so lautete der Titel eines Beschlusses der CDU wenige Wochen vor der Verabschiedung der EU-Urheberrechtsreform im vergangenen Jahr. Das Versprechen, bei der Umsetzung der Richtlinie in deutsches Recht auf Uploadfilter zu verzichten, war schon damals wenig überzeugend. Der umstrittene Artikel 17 lässt Plattformen kaum eine andere Wahl, als Uploadfilter einzusetzen. Interne Dokumente der Bundesregierung belegen nun, dass die CDU ihr Wahlversprechen nicht nur vergessen hat, sondern aktiv versucht, das Gegenteil zu erreichen.

Kolumne: Edit Policy

(Bild: 

Volker Conradus, CC BY 4.0

)

In der Kolumne Edit Policy kommentiert der ehemalige Europaabgeordnete Felix Reda Entwicklungen in der europäischen und globalen Digitalpolitik. Dabei möchte er aufzeigen, dass europäische und globale netzpolitische Entwicklungen veränderbar sind, und zum politischen Engagement anregen.

Artikel 17 macht kommerzielle Plattformen für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer:innen haftbar. Dieser Haftung können sie nur entgehen, indem sie sich um Lizenzen für urheberrechtlich geschützte Inhalte bemühen und Urheberrechtsverletzungen blockieren, für die sie von den Rechteinhaber:innen keine Lizenzen bekommen haben. Da Plattformen von nutzergenerierten Inhalten leben, können sie nicht im Vorfeld eingrenzen, welche Lizenzen sie für einen legalen Betrieb benötigen. Das hängt davon ab, welche Inhalte von Dritten auf der Plattform hochgeladen werden.

Es wird außerdem immer Rechteinhaber:innen geben, die keine Lizenzen für ihre Werke erteilen wollen, und stattdessen die Sperrung von Uploads verlangen. Auf Uploadfilter vollständig verzichten können Plattformen unter Artikel 17 also nur dann, wenn der Gesetzgeber die Nutzung von urheberrechtlich geschützten Inhalten auf diesen Plattformen pauschal erlaubt und die Rechteinhaber:innen über Verwertungsgesellschaften pauschal für diese Nutzungen entschädigt.

Die Idee einer solchen Pauschallizenz war Kern des Positionspapiers, mit dem CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak im letzten Jahr angesichts von Massenprotesten gegen die Urheberrechtsreform versuchte, seine Partei auf einen Verzicht auf Uploadfilter einzuschwören. In dem Papier heißt es: "alle Inhalte können hochgeladen werden. Unterhalb einer zeitlichen Grenze sind Uploads von Lizenzgebühren frei. Oberhalb einer zeitlichen Grenze muss die Plattform für urheberrechtlich geschützte Werke, die einen digitalen Fingerprint (Kennzeichnung des Urhebers) haben, Lizenzen erwerben. […] Rechtlich stellt das Modell der Pauschallizenz eine Schranke zum Urheberrecht dar."

Mit anderen Worten: Alle Uploads werden legalisiert – kurze Ausschnitte aus fremden Werken sollen dabei kostenfrei genutzt werden können, für lange Ausschnitte oder ganze Werke müssen die Plattformen eine gesetzlich festgelegte Pauschalvergütung zahlen. Wenn alle Uploads legal sind, wird der Einsatz von Uploadfiltern überflüssig.

Eine deutlich abgeschwächte Version dieses CDU-Vorschlags hat das SPD-geführte Bundesjustizministerium in seinen Referentenentwurf für die deutsche Umsetzung von Artikel 17 aufgenommen. Nach dem Vorschlag des Justizministeriums soll nur die Nutzung von kurzen Ausschnitten aus geschützten Werken pauschal erlaubt und vergütet werden, bis zu 20 Sekunden Video oder Audio, bis zu 1000 Zeichen Text, oder Bilddateien mit einer Größe von bis zu 250 Kilobyte. Außerdem sollen Nutzungen, die erhebliche Einnahmen erzielen, nicht von dieser Ausnahme profitieren können.

Dieser Entwurf ist offensichtlich bereits wesentlich weniger nutzerfreundlich als das CDU-Versprechen, Uploadfilter vollständig überflüssig zu machen. Längere Ausschnitte oder ganze Werke müssen nach den Plänen des Justizministeriums automatisch geblockt werden. Von einem Verzicht auf Uploadfilter ist dort nicht mehr die Rede. Ziel sei lediglich, Uploadfilter "soweit wie möglich zu vermeiden". Doch selbst dieses kleine Zugeständnis an die Nutzer:innen, die lautstark vor der Sperrung legaler Inhalte durch Uploadfilter warnen, ist den CDU-geführten Ministerien ein Dorn im Auge.