E-Evidence: EU-Parlament unterstützt internationalen Zugriff auf Cloud-Daten

Die EU-Abgeordneten haben sich zur geplanten Verordnung für den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln positioniert und wollen nachbessern

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen

(Bild: Europaparlament)

Lesezeit: 4 Min.

Der Justiz-Ausschuss des EU-Parlaments hat am Montag seine Position zum Verordnungsentwurf der Kommission für den grenzüberschreitenden Zugang zu elektronischen Beweismitteln ("E-Evidence") abgesteckt. Er trägt prinzipiell den Entwurf mit, fordert aber Korrekturen.

Kern des Entwurfs ist eine "europäische Vorlageanordung". Justizbehörden aus einem Mitgliedstaat sollen damit Bestandsdaten sowie Verbindungs- und Standortinformationen inklusive IP-Adressen sowie Inhaltsdaten beispielsweise von E-Mails oder Chats unabhängig von deren Standort unmittelbar bei Diensteanbietern anfordern können, die in der EU tätig oder niedergelassen sind.

Anordnungen zur Auskunft von Teilnehmerdaten und IP-Adressen könnten laut Gesetzentwurf ausschließlich zur Identifizierung der Person bei jeder Straftat erteilt werden. Diese sollen direkt an den Dienstanbieter und gleichzeitig an die Vollstreckungsbehörde gerichtet und innerhalb von zehn Tagen – oder in Notfällen innerhalb von 16 Stunden – ausgeführt werden. Bisherige Rechtshilfeersuchen in Drittstaaten brauchen oft Monate bis Jahre.

Die Anordnungen für den Zugang zu Verkehrs- und Inhaltsdaten sollen laut dem Beschluss der Abgeordneten strengeren Anforderungen unterliegen und nur für Straftaten erlassen werden, für dies es mindestens drei Jahre Haft gibt. Vorgesehen ist aber auch hier eine Ausnahme für Delikte, die ausschließlich online begangen werden, also etwa Cyberkriminalität, terrorismusbezogene Straftaten wie Propaganda über das Internet sowie das Verbreiten von Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs.

Die Vollstreckungsbehörden werden laut der Linie des Parlaments zehn Tage Zeit haben, um zu entscheiden, ob sie Einwände gegen die erhaltenen Anordnungen erheben. Wenn innerhalb der Frist kein Widerspruch erfolgt werden, kann die Anordnung ausgeführt werden.

Der Vollstreckungsstaat soll auf Basis eines Katalogs von Gründen Ersuchen ablehnen können. Der Ausschuss zählt hier etwa besondere Vorschriften über die strafrechtliche Verantwortlichkeit von Journalisten und die Freiheit der Meinungsäußerung in anderen Medien nach dem Recht des Vollstreckungsstaates auf, die berücksichtigt werden dürften. Anfragen müssten zudem immer mit den Grundrechten vereinbar sein.

Die Abgeordneten fordern zudem, dass der Diensteanbieter die angeforderten Daten erst nach schriftlicher Genehmigung durch die Vollstreckungsbehörde übermitteln soll, wenn der eine Anordnung zu Verkehrs- und Inhaltsdaten ausstellende Staat einem Verfahren nach Artikel 7 des EU-Vertrags unterliegt. Der Ministerrat kann auf dessen Basis mit der Mehrheit von vier Fünfteln seiner Mitglieder sowie mit dem Plazet des Parlaments feststellen, dass die eindeutige Gefahr einer schwerwiegenden Verletzung europäischer Werte wie der Rechtsstaatlichkeit durch einen Mitgliedstaat besteht. Momentan gibt es hier Beschwerden über Polen und Ungarn.

Die parlamentarische Berichterstatterin Birgit Sippel warf der Kommission nach der Abstimmung völlige Ignoranz gegenüber der Tatsache vor, "dass zwischen den Mitgliedsstaaten weiterhin materielle Unterschiede im Strafrecht bestehen". So sei etwa ganz unterschiedlich geregelt, welche Ermittlungstechniken angewandt und welche Sanktionen verhängt werden dürften. "Dieser Ansatz würde die Grundrechte gefährden und staatliche Vorrechte und Verantwortlichkeiten auf private Einrichtungen verlagern", betonte die SPD-Politikerin, die einen Kompromiss aus über 500 Änderungsanträgen schmieden musste.

Der Ausschuss nahm den Standpunkt mit 35 Ja- und 22 Nein-Stimmen bei 7 Enthaltungen an. Mit breiter Mehrheit unterstützen die Abgeordneten den Beschluss zur Aufnahme von Gesprächen zu den nun nötigen Verhandlungen mit dem Rat und der Kommission. Das Plenum des Parlaments muss die Position noch bestätigen, was als Formsache gilt. Eine von Europol durchgeführte Studie zeigte jüngst, dass größere US-Diensteanbieter Anträge von EU-Strafverfolgung auf die Herausgabe von Bestands- und Verkehrsdaten in 66 Prozent der Fälle schon freiwillig erfüllten.

(anw)