Erdrutsche und mehr: Fliegendes Auge gegen Katastrophen

Ein Radargerät für Helikopter und Kleinflugzeuge misst exakte Höhenveränderungen im Boden. So sollen Erdrutsche und Überflutungen schneller erkannt werden.

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Die neue Radartechnik SAR hebt die Höhenreliefs (grauer Balken, Mitte) auf einem Google-Earth- Foto des schottischen Hügels Traprain Law hervor.

(Bild: Leonardo)

Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Drohende Erdrutsche aus der Luft zu erkennen ist schwierig, wenn die Anzeichen dafür unter dem Blätterdach von Wäldern verborgen oder die Bodenveränderungen sehr klein sind. Vor Ort – beim Klettern am Hang – würde man die Vorboten der Erdrutsche gut sehen können, aber die gefährdeten Gebiete sind groß und Kontrollbesuche damit aufwendig. Deshalb arbeitet Fiona Muirhead beim Luftfahrttechnik-Unternehmen Leonardo an einem Radargerät für Helikopter und Kleinflugzeuge, das durch das dichte Laub blicken und auch kleinere Veränderungen mit hoher Auflösung vermessen kann.

Überfliegt man mit dem synthetischen Apertur-Radar-Interferometer (SAR) der schottischen Luftfahrtingenieurin ein Suchgebiet zweimal systematisch nach demselben Muster, liefern winzige Unterschiede in den beiden Aufnahmen ein hochaufgelöstes Höhenrelief des Bodens. So können Vergleiche zwischen Kontrollflügen verdächtige Höhenveränderungen verraten und damit Hinweise auf bevorstehende Erdrutsche und Bodenabsenkungen geben. Leicht erhöhte Wasserstände könnten wiederum Warnzeichen für Überflutungen sein. Diese Gebiete können dann gezielt vor Ort genauer untersucht werden.

„Solche Analysen macht man bisher mit Satelliten-Radarmessungen, weil sie größere Gebiete abdecken können“, sagt Muirhead. Diese Satellitenüberwachung sei zwar relativ günstig und kann auch das Gelände unter Laubkronen sehen, „allerdings liefert sie eine gröbere Auflösung und sieht kleinere Veränderungen in der Geländehöhe nicht“. Für eine genauere Messung ist ein höherer Frequenzbereich nötig als der von Satelliten. Darüber hinaus müsse man auf das Überflugfenster des Satelliten warten, während bodennahe Flüge auch kurzfristig möglich sind.

Um Artefakte durch verwackelte Bilder auszuschließen, vermisst Muirheads Gerät mit Sensoren die Bewegungen des Fluggeräts, um sie dann herauszurechnen. „Das liefert ein glattes, scharfes Bild“, so die Ingenieurin. Bisherige Tests hätten gezeigt, dass sich die Messungen gut für Vorhersagen eignen.

Noch will ihr Arbeitgeber Leonardo nicht verraten, was die Technologie kosten würde. Das Ziel sei aber, sie für Zivilbehörden erschwinglich zu machen. Man sei bereits mit mehreren Infrastruktur-Behörden und -Unternehmen im Gespräch. So interessiert sich etwa das nicht gewinnorientierte Unternehmen Network Rail, das sämtliche Bahninfrastruktur in Großbritannien besitzt, für die SAR-Technologie. Es überwacht die Umgebung von Gleisen bereits mit Helikoptern und Drohnen und arbeitet selbst an Fernüberwachungstechnologien.

Wenn Behörden und Firmen ihren eigenen Helikopterbestand nutzen können, wäre der Einsatz des mobilen SAR-Systems günstiger, als extra Fluggeräte zu chartern, so Leonardo. Der Einsatz von solchen Kompaktsensoren sei inzwischen fast so einfach wie die Montage einer Flugkamera auf einem Helikopter.

(bsc)