Appelle mit und ohne Strafandrohung

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Bild: Olaf Kosinsky / CC-BY-SA 3.0

Im Privatleben sind Kontaktbeschränkungen aus Infektionsschutzgründen verbindlich. Unternehmen wird bisher nur empfohlen, Homeoffice zu erlauben, soweit möglich

Als Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Montag im ZDF-"Morgenmagazin" dazu aufrief, sich "auch" im privaten Bereich an die Kontaktbeschränkungen zur Eindämmung der Coronapandemie zu halten, klang dies wie ein Appell: "Ich weiß, dass das schwer fällt", führte Spahn aus. Aber in den nächsten Wochen sei es "sehr sehr wichtig, auch im privaten Bereich die Kontakte zu reduzieren". Tatsächlich drohen hier aber bei Verstößen Bußgelder, die je nach Bundesland unterschiedlich ausfallen können - in Berlin beispielsweise 50 bis 500 Euro, wenn private Treffen mit mehr als einem Menschen stattfinden, der nicht zur eigenen Familie oder Wohngemeinschaft gehört. Der Appell der Bundesregierung an Unternehmen, ihren Beschäftigten Heimarbeit zu erlauben, soweit es arbeitsorganisatorisch möglich ist, bleibt dagegen eine unverbindliche Empfehlung - ein "Nice to have" und kein "Must have".

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) hat sich dazu klar positioniert: "Arbeit im Homeoffice muss Sache der Firmen und ihrer Mitarbeiter bleiben", sagte er im November der Bild am Sonntag. Er habe "keinerlei Sympathie für Rechtsansprüche, die nur einigen wenigen Arbeitnehmern zugutekommen". Schließlich würden Briefträger, Pfleger oder Chirurgen niemals von zu Hause aus arbeiten können, bemühte der CDU-Politiker ein Gerechtigkeitsargument, das im Fall der geschlossenen Gastronomiebetriebe trotz drohender Insolvenz keine Rolle spielt. Dort darf aus Infektionsschutzgründen einfach gar nicht oder nur sehr eingeschränkt gearbeitet werden, beispielsweise in der Küche für den Straßenverkauf.

"Homeoffice-Gipfel" gefordert

Faktisch könnte ein Rechtsanspruch auf Homeoffice auch Berufstätigen nützen, die nicht zu Hause arbeiten können und auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen sind. Darauf verwies vergangene Woche der Parlamentarische Geschäftsführer der Bundestagsfraktion Die Linke, Jan Korte, und forderte einen "Homeoffice-Gipfel" von Bundesregierung, Bundestag, Gewerkschaften, Unternehmen und Verbänden. "Keiner versteht, warum sich die Leute täglich in vollen S-Bahnen auf dem Weg zur Arbeit oder im Büro einem Infektionsrisiko aussetzen müssen, wenn es auch anders ginge. Erst recht nicht, wenn im Privaten gleichzeitig möglichst viel Abstand verlangt wird", so Korte.

Auch der Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Werneke, verlangt eine Pflicht für Unternehmen, das Arbeiten von zu Hause aus zu ermöglichen. Zugleich warnt er davor, Beschäftigte dazu zu verpflichten. "Viele Menschen, die mobil arbeiten, müssen stark improvisieren, haben vielleicht nicht einmal genug Platz für einen Schreibtisch. Das funktioniert mitunter mehr schlecht als recht", sagte Werneke in einem am Samstag veröffentlichten Interview.

Ausnahmeregel bis März

Ob es aus Firmensicht klug ist, Präsenz anzuordnen, wenn dies vermeidbar ist und Beschäftigte dabei ein mulmiges Gefühl haben, steht auf einem anderen Blatt. Denn auch mit leichten Erkältungssymptomen wird dringend empfohlen, zu Hause zu bleiben - und bis März sind noch telefonische Krankschreibungen möglich. Im Zweifelsfall werden von dieser Regelung wohl eher Menschen in unbefristeten "Normalarbeitsverhältnissen" und krisenfesten Branchen Gebrauch machen als solche, die Angst um ihren Job haben.