Corona-Home-Office erfordert neue Unterseekabel

Mit der Pandemie ist Internetverkehr um die Hälfte gestiegen, die Bandbreite nur um ein Drittel. Nun sinken Video-Bitraten bis es neue Unterseekabel gibt.

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Zeichnung eines Unterseekabels

Marktforscher sehen Wachstumpotenzal fĂĽr Unterseekabel

(Bild: Christoph Burgstedt/Shutterstock.com)

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Home-Office und Lockdowns haben 2020 zu einer dramatischen Veränderung typischer Internet-Verkehrsmuster geführt. Auch die Verkehrsmengen sind stark gewachsen: Der durchschnittliche grenzüberschreitende Internetverkehr um 48 Prozent, der Spitzenwert um 47 Prozent. Das Covid-Jahr hat den größten Verkehrszuwachs seit 2013 gebracht. Nun gelangen Unterseekabel an ihre Kapazitätsgrenzen. Manche Inhalteanbieter haben regional die Bitraten ihrer Videos gesenkt, um Netzwerküberlastung entgegenzuwirken.

Das geht aus dem Jahresbericht über internationale Internetleitungen und -kapazitäten des globalen Marktforschungsunternehmens TeleGeography hervor. Lateinamerika weist demnach die größte Diskrepanz auf: Während der durchschnittliche Datenverkehr um 59 Prozent und der Spitzenverkehr um 51 Prozent gestiegen ist, hat die Kapazität nur um 32 Prozent zugenommen.

Das jĂĽngste Verkehrswachstum sei aber wahrscheinlich ein einmaliges Ereignis, meint Telegeography. Basierend auf Interviews mit Netzbetreibern erwarten die Marktforscher eine RĂĽckkehr zu Wachstumsraten frĂĽherer Jahre.

Gleichzeitig erlebt die Branche einen Preisverfall auf dem globalen Bandbreitenmarkt. Neue 100-GBit/s-Seekabelsysteme und Upgrades bestehender Netzwerke haben die Stückkosten gesenkt, sowohl die Preise für 10-GBit/s- als auch für 100-GBit/s-Wellenlängen. Auf wichtigen globalen Strecken sind die Preise für 10 GBit/s und 100 GBit/s seit 2016 jährlich im Durchschnitt um 14 Prozent beziehungsweise 23 Prozent gesunken. "Es ist oft ein Wettlauf um Großhandelskapazitäten loszuwerden, bevor eine neue Generation kostengünstigerer Angebote auftaucht", schreibt Telegeography.

Dabei attestieren die Marktforscher steigende Nachfrage in allen Regionen der Erde, am stärksten in Asien. Für die fünf Jahre von 2015 bis 2019 machen die Marktforscher eine durchschnittliche jährliche Wachstumsrate von 56 Prozent aus. Das Wachstum in den am weitesten entwickelten Märkten der Welt – Europa und Nordamerika – liegt indes nicht weit dahinter. Während reife Märkte in der Regel langsamer wachsen als sich entwickelnde Märkte, ist dies bei der globalen Bandbreitennachfrage offenbar nicht der Fall.

Jedoch verändert sich die Nachfrage: Kurzfristig haben Heimbüros viel zum Wachstum beigetragen, langfristig zeigt sich eine Verschiebung weg von klassischen Netzbetreibern hin zu vier großen Cloudbetreibern: Google, Facebook, Amazon und Microsoft. Sie bauen seit Jahren eigene Backbone-Netze, wobei Google und Facebook weit vorn liegen.

Sie haben sich bei der Verlegung eigener Kabel bislang auf die transatlantischen, transpazifischen, US-amerikanisch-lateinamerikanischen und innerasiatischen Routen konzentriert. Da die Nachfrage nach Kapazität auf allen Routen weiter steigt, dürften sie in naher Zukunft neue Verbindungen legen. Googles Equiano-Kabel ist der erste Vorstoß eines Content-Providers nach Afrika.

Warnschild nahe einer Kabellandestelle in Neuschottland. Schiffsanker wären gefährlich für das Kabel.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Telegeography beobachtet in allen Weltregionen starkes Kapazitätswachstum. Afrika verzeichnet demnach das schnellste Wachstum internationaler Internet-Bandbreite mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 47 Prozent in den fünf Jahren von 2016 bis 2020. Asien liegt demnach knapp hinter Afrika mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate von 40 Prozent im gleichen Zeitraum.

Darüber hinaus gibt es Pläne für neue Strecken von Indien nach Singapur und Europa. TeleGeography prognostiziert, dass dieses und nächstes Jahr neue Unterseekabel im Gesamtwert von 8,1 Milliarden Dollar in Betrieb genommen werden, wobei der Löwenanteil (2,3 Milliarden Dollar) in Transpazifik-Kabel investiert wird.

Vor sechs Jahren war das Transatlantik-Kabel Hibernia Express noch eine Neuigkeit, war es doch das erste Transatlantik-Kabel in 12 Jahren. Seither sind mehrere neue Verbindungen hinzugekommen, darunter ein Transatlanikkabel Microsoft und Facebooks.

(tol)