Digitale Schule: Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Modern und zeitgemäß: So wünscht man sich den digitalen Unterricht. Doch die Realität ist oft eine andere. Ein Blick nach Baden-Württemberg.

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Tablet in der Schule

(Bild: dpa, Rolf Vennenbernd)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Aleksandra Bakmaz
  • dpa

Bob Blume ist als "Netzlehrer" auf YouTube unterwegs. In seinen Erklärvideos geht es um Textanalyse, Goethes Faust, die Kommaregeln oder schlaue Wörter für die Deutschklausur. Im echten Leben unterrichtet der 38-jährige Deutsch, Englisch und Geschichte an einem Gymnasium in Bühl bei Offenburg. Als Blogger befasst er sich seit Jahren mit der digitalen Bildung. Seine Bilanz fällt nicht gut aus. Die Digitalisierung stecke nicht nur in Baden-Württemberg noch in den Kinderschuhen, sagt er.

YouTube-Lehrer Bob Blume stellt auf seinem Kanal digitale Lernvideos für den Unterricht bereit.

(Bild: Bob Blume - Netzlehrer / youtube.com)

Woran es hapert? So ziemlich an allem, ist sich der Gymnasiallehrer, der auch Bücher zu dem Thema geschrieben hat, sicher. "Es geht los bei der Infrastruktur, den fehlenden Endgeräten und den unausgereiften Konzepten." Einige Schulen seien aber sicherlich schon vorangegangen.

Dass es viel zu tun gibt, sieht auch Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU), die bei der anstehenden Landtagswahl am 14. März Ministerpräsidentin werden will. "Wir haben in dieser Legislaturperiode vieles in der Bildung angepackt, da wir zahlreiche Baustellen und jahrzehntelang ungelöste Fragen vorgefunden haben", sagt die CDU-Politikerin. Die digitale Bildung habe eine sehr hohe Priorität eingenommen. "Das zeigt sich allein daran, dass wir aktuell so viel Geld wie nie zuvor in die Digitalisierung der Schulen investiert haben."

Bei der Ausstattung von Geräten würden verschiedene Programme von Bund und Land greifen. Bis zum Jahresende seien knapp 70 Millionen Euro vom Digitalpakt Schule in Baden-Württemberg bewilligt worden, damit seien rund 12 Prozent der Mittel gebunden. Insgesamt seien etwa 93,5 Millionen Euro von den Schulträgern beantragt worden. Rund 1500 Schulen hätten einen Medienentwicklungsplan vorgelegt, der zeigen soll, wie die Geräte eingesetzt werden sollen. "Die Zahlen zeigen, dass das Programm langsam an Fahrt gewinnt", sagt Eisenmann, die als CDU-Spitzenkandidatin weitere 1,5 Milliarden Euro für den Glasfaserausbau verspricht, um auch Schulen ans sehr schnelle Internet anzuschließen.

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Dass die Anträge für die Gelder ein Expertentum und viel Zeit beanspruchen, kritisiert nicht nur Blume. In manchen Kommunen werden die Mittel vorgestreckt, um Schüler und Lehrer schneller mit Tablets zu versorgen. Doch nicht jede Stadt verfügt über die nötigen Gelder.

Digitale Bildung sei auch weit mehr als nur die Beschaffung von Endgeräten, sagt Blogger Blume. Es gehe eher um multimediales Arbeiten, selbstständiges Lernen etwa mit Hilfe von Erklärvideos, die man sich vor dem Unterricht anschaut und dann kollaborativ bespricht.

Nicht nur der Unterricht ist um Umbruch, auch die Rolle des Pädagogen. Aus Lehrern werden immer mehr Lerncoaches, die die Schüler anleiten und den Umgang mit digitalen Medien vermitteln. Wie diese nachhaltig um Unterricht eingesetzt werden können, schaut sich aktuell ein Forschungsverbund des Leibniz-Instituts für Wissensmedien und der Universität Tübingen an. Dafür begleiten die Forscher in Baden-Württemberg seit drei Jahren 64 Klassen aus 32 Schulen.

Die wichtigsten Erkenntnisse bis jetzt: „Schüler empfinden Tablets als Unterstützung im Unterricht“, sagt Professorin Katharina Scheiter, die an der Studie mitarbeitet. Etwa indem man Visualisierungs-Tools für Experimente im Chemieunterricht nutze, könne man den Schülern beim Erfassen von Unterrichtsstoff helfen. Gerade schwächere Schüler profitierten davon. Dafür müsse man aber sicherstellen, dass die Medien richtig genutzt werden. Wie Blume sagt auch die Expertin: Dies sei mindestens genauso wichtig wie die technische Ausrüstung der Schulen.

"Dass Digital Natives das aus dem Stand heraus können, ist Unsinn", so die Psychologin. Man müsse den Schülern zeigen, was verlässliche Informationen sind und wie sie ihre Lernziele erreichen können. "Der Lehrer als Coach zeigt, wie es geht und gibt Hilfestellungen." Die Rolle des Lehrers müsse sich ändern, weg vom Informations-Präsentator. "Dafür braucht es Fortbildungen und die Wahrnehmung dafür, dass es Zeit für eine Änderung ist."

Doch Zeit ist genau das, was fehlt, sagt Bob Blume. "Bisher haben vor allem ein paar nerdige Lehrer dafür gesorgt, dass ihre Schulen weiterkommen." Der Zufall entscheide also. Doch es brauche konkretere Rahmenbedingungen, Einzelkämpfertum müsse enden. Und man brauche mehr Freiräume für Fortbildungen.

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(sha)