Google gibt Virtual Reality auf und stoppt Cardboard-Verkauf

Virtual Reality hat bei Google keine Zukunft mehr. Nach dem Ende der Daydream-Brillen ist nun mit Cardboard das letzte VR-Produkt aus dem Sortiment geflogen.

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Google Cardboard

Gibt es nicht mehr zu kaufen: Handyhalter Google Cardboard für Virtual-Reality-Genuss (VR).

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Lesezeit: 3 Min.

"Google Cardboard wird nicht mehr über den Google Store angeboten." Mit diesem kurzen Hinweis schließt Google das Kapitel Virtual Reality. Cardboard war ein Handyhalter als Pappkarton: Karton aufreißen, zusammenstecken, App starten, Handy einlegen, und schon hatte man eine Virtual-Reality-Brille. Erstmals vorgestellt hatte Google das Handyzubehör auf der Google I/O 2014.

Das Prinzip von Google Cardboard ist simpel: Der Betrachter schaute durch zwei Kunststofflinsen auf das eingespannte Smartphone. Die eine Hälfte des Displays zeigte das Bild fürs linke Auge, die andere das fürs rechte. Die Kopfbewegungen wurden durch Gyroskop und Beschleunigungssensor ausgewertet und in Steuerbefehle für die virtuelle Welt übersetzt.

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Clever war die Bedienung gelöst: Weil man ja nicht mehr an den Touchscreen des eingespannten Handys kam, haben die Google-Tüftler eine von einem Magneten gehaltene Mutter an der Seite angebracht. Zog man diese herunter, registrierte das Smartphone eine Veränderung im Magnetfeld und löste eine Aktion aus.

Wer einen Scherzartikel vermutete, lag falsch. Noch im selben Jahr, 2014, machte Google ernst mit Virtual Reality per Pappbrille. Der Konzern veröffentlichte Software Development Kits (SDK) zur Entwicklung von VR-Anwendungen und richtete im App-Store Play einen eigenen Bereich für Cardboard-Anwendungen ein. Auch für iOS sind passende Apps verfügbar.

Zuletzt hatte ein Cardboard-Karton 20 Euro gekostet. Vorausgesetzt, der Anwender hatte bereits ein passendes Smartphone, war das ein sehr günstiger Einstieg in Virtual Reality. 2016 stellte Google die Virtual-Reality-Plattform Daydream samt angenehm zu tragendem Handyhalter Daydream View mit Tuch und Plüsch vor, ein Jahr später folgte Daydream 2.0: Googles virtuelle Realität sollte unabhängig von Handys werden.

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Doch Google hatte sich verschätzt: Smartphone-VR ist zwar kurzfristig unterhaltsam, ein dauerhafter Massenmarkt hat sich daraus aber nicht entwickelt. Also stellte Google das Daydream-Programm 2019 wieder ein – das hauseigene Smartphone Pixel 4 kam damals bereits ohne Daydream-Unterstützung auf den Markt. Die Brille Daydream View verschwand vom Markt.

Parallel veröffentlichte Google den Sourcecode der VR-Plattform Google Cardboard als Open Source – und stellte die Weiterentwicklung ein. Damit war auch das Ende der Handyhalterungen besiegelt. Seither konzentriert sich Google auf Augmented Reality, beispielsweise in Form der Google Lens und der AR-Integration bei Google Maps.

Stefan Welker demonstriert heise online eine Open Dive (2014)

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Die Anregung für Cardboard hatte sich Google wohl beim Bonner Informatiker Stefan Welker und der Münsteraner Firma Durovis geholt. Welker hatte zuvor die Open-Source-Brille Open Dive entwickelt, deren größtes Bauteil man sich selbst in einem 3D-Drucker fertigen kann. Der Name rührt von der optischen Ähnlichkeit zu einer Taucherbrille.

Während Welker seit 2016 direkt für Google in Mountain View arbeitet, verkauft Durovis auch heute noch Handyhalter für VR. Neben der Dive-Serie aus Nylon (ab etwa sechs Euro) gibt es dort auch eine Kartonvariante (ab etwa elf Euro) zu kaufen. Bastler können sich auch selbst einen Handyhalter aus Pappe bauen. Die Bauanleitung steht frei zum Download bereit.

(ds)