Das Adapter-Pattern in JavaScript

Zugegeben, die Relevanz einiger GoF-Entwurfsmuster für JavaScript hält sich in Grenzen, wurden diese Entwurfsmuster doch ursprünglich dafür konzipiert, Rezepte für objektorientierte Programmiersprachen beziehungsweise das objektorientierte Programmierparadigma zu definieren.

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Von
  • Philip Ackermann
Inhaltsverzeichnis

Zugegeben, die Relevanz einiger GoF-Entwurfsmuster für JavaScript hält sich in Grenzen, wurden diese Entwurfsmuster doch ursprünglich dafür konzipiert, Rezepte für objektorientierte Programmiersprachen beziehungsweise das objektorientierte Programmierparadigma zu definieren.

Das Command-Pattern beispielsweise dient in erster Linie dazu, in der Objektorientierung Funktionen als Objekte zu behandeln und sie beispielsweise als Parameter einer anderen Funktion (bzw. im Kontext von Objekten: Methode) übergeben zu können. Dieses "Feature" ist in funktionalen Programmiersprachen bereits Teil des Programmierparadigmas: Funktionen sind hier "First-Class Citizens" und können wie Objekte behandelt werden, lassen sich beispielsweise Variablen zuweisen, einer anderen Funktion als Parameter übergeben oder ihr als Rückgabewert dienen.

Andere Entwurfsmuster hingegen wie das im Folgenden vorgestellte Adapter-Pattern ergeben durchaus auch in JavaScript Sinn. Der Einsatz des Adapter-Patterns in JavaScript ist vor allem dann in Betracht zu ziehen, wenn man es mit externem Code, sprich mit Third-Party-Bibliotheken zu tun hat.

Dazu ein kurzes fiktives Beispiel: Angenommen, wir haben eine Applikation, in der an verschiedensten Stellen HTTP-Anfragen ausgeführt werden müssen. Statt selbst einen HTTP-Client zu implementieren, machen wir uns auf die Suche nach einer entsprechenden Bibliothek. Schließlich soll man das Rad nicht immer neu erfinden. Zum Glück gibt es im JavaScript-Universum recht viele Bibliotheken beziehungsweise Packages, und wir werden schnell fündig: Die Wahl fällt auf das Package request (Spoiler: Unser Beispiel beginnt 2018 und wir wissen noch nicht, dass diese Wahl eine weniger gute war).

Wann immer wir in unserer Applikation nun eine HTTP-Anfrage stellen möchten, binden wir request wie folgt ein:

request('https://www.heise.de', (error, response, body) => {
// usw.
});

Insgesamt machen wir das an 32 Stellen. Und weil wir so große Fans von HTTP-Anfragen sind, erhöht sich die Anzahl schon nach wenigen Wochen auf 128. Das geht einige Zeit gut, doch nach ein paar Monaten erhalten wir schlechte Nachrichten (es ist jetzt der 30. März 2019): Mikeal Rogers, der Hauptentwickler hinter request, markiert die Bibliothek als "deprecated" und verkündet, dass sie zukünftig nicht mehr aktiv weiterentwickelt werde. Nach einigem Hin und Her und mehrstündigen Diskussionen im Team entscheiden wir uns, unseren Code auf eine andere Bibliothek zu migrieren.

Schnell fällt die Wahl dabei auf axios. Über 82.000 Stargazer bei GitHub? Das ist schon mal ein gutes Zeichen. Dass wir jetzt 128 Stellen in der eigenen Applikation anpassen müssen, nehmen wir zähneknirschend in Kauf, sind dieses Mal aber schlauer. Einer im Team bringt kleinlaut hervor, dass wir vielleicht eines der GoF-Entwurfsmuster einsetzen könnten. Er habe da neulich was in einem Buch über JavaScript gelesen. Einige der Patterns seien wohl auch in JavaScript sinnvoll. Nach anfänglicher Skepsis hören wir uns den Vorschlag an.

Statt externe Bibliotheken wie request oder axios direkt zu verwenden, definieren wir uns einfach eine eigene API, gegen die wir innerhalb unserer Applikation entwickeln. Im Fall der HTTP-Client-Funktionalität könnte die API also beispielsweise wie folgt aussehen (ja, in Form einer Klasse!). Die API definiert die Methoden, die Parameter, die Rückgabewerte und in unserem Fall auch, dass es sich um eine asynchrone API auf Basis von Promises (und nicht etwa auf Basis von Callbacks) handelt. In Bezug auf das Adapter-Pattern ist diese API also die "Adapter"-Komponente, die wir innerhalb unserer Applikation (als "Client") verwenden.

class HTTPClient {

constructor() {
// ...
}

async request(url, method, headers, body, config) {
return Promise.reject('Please implement');
}

async get(url, headers, body, config) {
return this.request(url, 'GET', headers, body, config)
}

async post(url, headers, body, config) {
return this.request(url, 'POST', headers, body, config)
}

// ...
}

Neben dieser internen API kommt jetzt die zweite (externe) API ins Spiel, die durch die externe Bibliothek (jetzt: axios) vorgegeben wird. Im Kontext des Adapter-Patterns handelt es sich bei dieser API um die "Adaptee"-Komponente. Das Bindeglied zwischen den beiden APIs (also zwischen "Adapter" und "Adaptee") kommt nun in Form eines "ConcreteAdapters", also einer konkreten Implementierung von HTTPClient. Für axios als Adaptee sähe eine – wohlgemerkt nur skizzierte – Implementierung wie folgt aus:

import HTTPClient from './HTTPClient';

class AxiosAdapter extends HTTPClient {

constructor(axios) {
this._axios = axios;
}

async request(url, method, headers, body, config) {
// hier Aufruf der "axios"-Bibliothek
// Adaptation der Parameter plus
// Adaptation des Rückgabewertes
}

async get(url, headers, body, config) {
// ...
}

// ...

}

Die Erzeugung der Adapter-Klasse lagern wir dabei aus, beispielsweise mit Hilfe einer Factory-Klasse (hey, noch ein GoF-Pattern!):

import axios from 'axios';
import AxiosAdapter from './AxiosAdapter';

class HTTPClientFactory {

static createHTTPClient() {
return new AxiosAdapter(axios);
}

}

Auf diese Weise können wir HTTP-Client-Instanzen in unserer Applikation wie folgt erzeugen und haben nichts direkt mit der externen API von axios zu tun:

import HTTPClientFactory from 'my-http-client';

const client = HTTPClientFactory.createHTTPClient();

Knapp ein Jahr später – wir schreiben jetzt das Jahr 2020 – können wir uns glücklich schätzen, auf unseren Kollegen gehört zu haben. Mittlerweile wird unsere Klasse nicht mehr nur an 128 Stellen verwendet, sondern an 256! Diese würden wir nun wirklich nicht mehr alle ändern wollen.

Dass der Plan mit dem Adapter-Pattern aufgeht, merken wir auch, als es wieder soweit ist, die HTTP-Client-Bibliothek auszuwechseln: Nach einem Tweet von Matteo Collina werden wir auf die Bibliothek undici aufmerksam. Zweimal so schnell wie der native HTTP-Client von Node.js soll sie sein. Das klingt sehr gut (zumal axios intern ja genau den nativen HTTP-Client verwendet). Sollten wir vielleicht wechseln? Klar, warum nicht?

Ist ja nicht viel Aufwand. Einfach eine neue Adapter-Klasse implementieren (hier wieder nur skizziert) ...

import HTTPClient from './HTTPClient';

class UndiciAdapter extends HTTPClient {

constructor(undici) {
this._undici = undici;
}

async request(url, method, headers, body, config) {
// hier Aufruf der "undici"-Bibliothek
// Adaptation der Parameter plus
// Adaptation des Rückgabewertes
}

async get(url, headers, body, config) {
// ...
}

// ...

}

... die Factory-Klasse anpassen ...

import undici from 'undici';
import UndiciAdapter from './UndiciAdapter';

class HTTPClientFactory {

static createHTTPClient() {
return new UndiciAdapter(undici);
}

}

... fertig!

Und falls wir doch wieder zur axios-Bibliothek zurückwechseln wollen, brauchen wir nur wenige Zeilen in der Factory ändern.

"Hätten wir aber auch ohne Adapter-Pattern lösen können", meint einer im Team. Ja, hätten wir. Wir hätten auch alles nur mit Funktionen funktional lösen können. Das macht die Sprache JavaScript ja gerade so vielseitig. Und ja, hinter der Klassensyntax stecken keine echten Klassen, wie man sie aus Sprachen wie Java kennt. Und ja, wegen fehlender Interfaces in JavaScript sind viele GoF-Patterns umständlich zu realisieren. Dennoch kann man nicht abstreiten, dass das objektorientierte Programmierparadigma inklusive der objektorientierten Denkweise (auch der Denkweise in Patterns) unter Entwicklern sehr verbreitet ist und sich auf diese Weise schnell ein gemeinsames Verständnis vom Code schaffen lässt.

In diesem Sinne bleibt in Bezug auf die Integration externer APIs festzuhalten:

"Objektorientiert oder funktional,
Hauptsache es passt, der Rest ist egal."

(Unbekannter Entwickler im Team) ()