DNS-Root-System soll unter US-Aufsicht bleiben

Die USA wollen offensichtlich die Kontrolle über den zentralen A-Root-Server nicht aufgeben.

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Von
  • Monika Ermert

Die USA wollen die Kontrolle über den zentralen A-Root-Server nicht aufgeben. Das erklärte diese Woche eine Vertreterin der für die Aufsicht über den US-Telecommarkt zuständigen National Telecommunication and Information Administration (NTIA). "Wir haben keinerlei Pläne die politische Kontrolle über den A-Root-Server zu übertragen", so die Äußerung von Nancy Victory gegenüber dem National Journal's Technology Daily. Der A-Root-Server innerhalb des Systems der DNS-Root-Server ist die authoritative Quelle für die Adressabfragen im Netz.

Allgemein war davon ausgegangen worden, dass die Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) nach einer Übergangszeit die Aufsicht über das authoritative Zone-File und das System der 13 Root-Zone-Server übernehmen soll. Man sehe in den Äußerungen von Victory keinerlei Widerspruch zu bestehenden Abmachungen und Verträgen wie dem White Paper und dem Memorandum of Understanding (MoU) zwischen der ICANN und dem Department of Commerce (DoC), sagte Victorys Sprecher gegenüber heise online.

Tatsächlich aber ist im MoU die Absicht des DoC festgehalten, "eine Vereinbarung mit einer non-for-Profit-Organisation zu treffen, mit der ein Übergangsprozess von der aktuellen Administration des DNS durch die Regierung zu einer solchen Institution geregelt wird". Das White Paper, Ergebnis eines kontroversen Diskussionsprozesses zwischen der US- und anderen Regierungen und DNS-Experten spricht sogar noch deutlicher von einem Ende staatlicher Aufsicht. Hier spricht die US-Verwaltung sich dafür aus, dass "weder nationale Regierungen, noch supranationale Organisationen als Vertreter von Regierungen am Management der Internet Namen und Nummern beteiligt sein sollten."

Derzeit muss jede noch so kleine Änderung im DNS noch immer von der NTIA, die dem US-Department of Commerce unterstellt ist, genehmigt werden. Selbst die schlichte Änderung von Nameservern für Länder-Domains (ccTLDs) weltweit müssen daher nicht nur bei der ICANN, sondern auch bei der NTIA absegnet werden. Das führt nicht zuletzt zu einigen Zeitverzögerungen im Betrieb. Vor allem aber verbanden zahlreiche Regierungen mit der Gründung von ICANN die Erwartung einer Ablösung der DNS-Aufsicht von US-amerikanischen Behörden.

Der Vertreter des deutschen Wirtschaftsministeriums innerhalb des so genannten Regierungsbeirates (Governmental Advisory Committee), Michael Leibrandt, zeigte sich daher auch erstaunt über Victorys Äußerung. Mehrfach, so Leibrandt, hätten bei vergangenen ICANN-Treffen Regierungsvertreter den endgültigen Übergang auch der Autorität über die Root-Server angemahnt.

Auch die ICANN hält offiziell an der Beendigung der US-Sonderrolle fest. ICANN-Sprecherin Mary Hewitt teilte auf Anfrage mit: "Die ICANN geht davon aus, dass die US-Regierung ohne Einschränkung am Ziel der Privatisierung des DNS in einer verantwortlichen Weise festhält." Im Statusbericht der Organisation gegenüber der NTIA sei auch festgehalten, dass die Mehrzahl der Vorbedingungen für die vollständige Privatisierung erfüllt sei. Nachdem demnächst auch noch eine Studie zur Sicherheit des Root-Server-Systems abgeschlossen werde, könne die US-Regierung konkrete Pläne für die Übergabe der Verantwortung über das Root-Server-Sytem machen, erklärte Hewitt.

Angesichts soviel Kritik und der Vorstellung, die Einheit des Root-Server-Systems durch eine einseitige US-Position zu gefährden, ruderte Victory nun wieder etwas zurück. Ihr Sprecher teilte heise online mit, die Administration verfolge durchaus die Privatisierung und dazu gehöre auch die Privatisierung des A-Root-Server. Zudem stehe man ständig in Konsultationen mit internationalen Regierungen. Diese werden angesichts des Schlingerkurses die MoU, das White Paper und die ICANN im kommenden Jahr noch einmal neu bewerten. (Monika Ermert) / (jk)