Matrox lässt Parhelia erstrahlen

Der kanadische Chip- und Grafikkartenhersteller Matrox meldet sich mit seinem neuen 3D-Chip Parhelia vehement zurück.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 289 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Manfred Bertuch
  • Laurenz Weiner

Nach längerer Zurückhaltung eröffnet der kanadische Chip- und Grafikkartenhersteller Matrox überraschend die erste Runde im Wettlauf um den besten Grafikchip der kommenden DirectX-9-Generation. Der 3D-Chip Parhelia legt mit seinen 80 Millionen Transistoren gleich in mehrfacher Hinsicht neue Maßstäbe vor. Um die Leistung und die Darstellungsqualität von 3D-Szenerien weiter zu steigern, verdoppelt Matrox kurzerhand die Breite des Datenbusses zwischen Chip und karteninternem Speicher von 128 auf 256 Leitungen. Damit erreicht Parhelia eine Übertragungsgeschwindigkeit von 20 GByte/s und lässt die Konkurrenz weit hinter sich. Da Matrox sich bei seiner Preisgestaltung schon immer im oberen Bereich bewegte, scheut man offenbar die hohen Fertigungskosten eines 256-Bit-Chips nicht. Die Kanadier beschränken sich aber nicht auf rohe Leistung, sondern realisieren auch neue, intelligente Verfahren.

Die plastische Ausgestaltung von Oberflächen muss Parhelia nicht durch Texturen und Bump Mapping vortäuschen. Mittels Displacement Mapping ist der Matrox-Chip in der Lage, eine aus wenigen Polygonen bestehende Fläche in Zehntausende von Dreiecken zu unterteilen und in ein schroffes Gebirge zu verwandeln. Dazu benötigt er lediglich eine Textur, deren Grauwerte das Höhenprofil vorgeben. Weiträumige Landschaftsformationen beanspruchen so kaum noch wertvolle Rechenleistung oder den AGP, sondern entstehen weitgehend im Grafikchip. Displacement Mapping eignet sich auch, um einer grob umrissenen Gestalt durch Zuordnen von Oberflächenprofilen eine charakteristische Form zu verleihen. Der gleiche Grundkörper kann mittels verschiedener "Profil-Texturen" menschliche oder beliebig skurrile Proportionen annehmen.

Höchste Anforderungen an die Farbwiedergabe erfüllt der Matrox-Chip durch ein erweitertes Pixelformat mit 10 Bit pro RGB-Farbkanal. Damit sind insgesamt 64-mal so viele Farbabstufungen möglich wie bei anderen Grafikchips. Parhelia hält diese Präzision nicht nur intern ein, sondern auch bei der Speicherung im Framebuffer und in den Signalausgangsstufen (RAMDAC). Die höhere Farbgenauigkeit dürfte sich aber kaum bei Spielen, sondern eher bei professionellen 3D-Anwendungen und Bildbearbeitung in besserer Bildqualität niederschlagen.

Neue Wege beschreitet Matrox auch beim Antialiasing: Der Grafikchip beherrscht Edge-Antialiasing, löst also nur die Kanten höher auf und vermeidet eine große Menge unnötiger Berechnungen an Pixeln, die innerhalb von Flächen liegen. Dadurch soll hochwertiges 16-faches Antialiasing nur 20 bis 30 Prozent der Leistung kosten. Da der Chip dazu bestimmte Informationen der Applikation auswerten muss, funktioniert dieses Verfahren jedoch nur bei rund 80 Prozent der Spiele. Alternativ steht auch herkömmliches vierfaches Fullscene-Antialiasing zur Verfügung.

Parhelia arbeitet zudem mit einem vierfach ausgelegten Vertex Shader auf dem in DirectX 9 festgelegten Status 2.0. Dennoch ist er kein reinrassiger DirectX-9-Chip, da er dazu auch Pixel Shader der Version 2.0 enthalten müsste. Solche wären aber nicht abwärtskompatibel zur DirectX-8-Version 1.3 und solange nutzlos, bis die ersten DirectX-9-Spiele herauskommen. Und das wird voraussichtlich nicht vor Ende 2003 der Fall sein. Matrox setzt daher bei den Pixel Shadern auf die ältere Version 1.3 und darf hoffen, dass viele kommende Spiele die 1.3-Shader verwenden, da sich auch der Pixel Shader der X-Box auf dem Stand 1.3 befindet.

Allerdings sind die 1.3-Pixel-Shader recht unflexibel und gehen kaum über die Möglichkeiten von älteren DirectX-6 und DirectX-7-Chips hinaus. Auch das Displacement-Mapping ist zumindest bei der Erzeugung von Landschaften nicht unkritisch. Spieleprogrammierer sehen Probleme bei der Kollisionserkennung, sodass man Fahrzeuge nicht genau genug über die erzeugten Unebenheiten fahren lassen kann. Zudem wird man ebenfalls bis Ende 2003 warten müssen, bis erste Spiele dieses Verfahren nutzen werden.

Den 3D-Gamern bleibt vorerst nur der hohe Dreiecks- und Pixel-Durchsatz des Parhelia, zu dem Matrox aber noch keine Angaben machen will. Ein spezielles fünfstufiges Ausgangsfilter an den analogen Monitorausgängen verspricht zudem höhere Bildschärfe als man derzeit von aktuellen Grafikkarten geboten bekommt. Parhelia-Boards sollen bereits im August in den Handel kommen, wobei voll ausgestattete Modelle voraussichtlich mindestens 500 Euro kosten werden.

Näheres zum Matrox-Chip und zu weiteren Neuerscheinungen auf dem 3D-Markt findet sich in der kommenden c't-Ausgabe 11/02 ab Seite 18 (Erstverkauf am 21. Mai). (Manfred Bertuch) / (law)