Wettersattelit NOAA-17 im Orbit zerbrochen

Die Trümmer des polarumlaufenden Wettersatelliten, der vor fast acht Jahren außer Dienst gestellt wurde, gesellen sich zum Schrott im Weltall.

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Der Wettersatellit NOAA-17 im Orbit

Nach fast 11 Jahren im Orbit ist der Wettersatellit NOAA-17 auseinandergebrochen.

(Bild: NASA)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Torge Löding
Inhaltsverzeichnis

Der Polar-Wetter-Satellit NOAA-17 ist offenbar bereits am 10. März in seiner Umlaufbahn auseinandergebrochen. Das hat nun die Raumfahrtkontrolle der US-Space-Force mitgeteilt. Die Raumüberwachung habe 16 Trümmerteile gezählt, eine Kollision sei aber nicht die Ursache für das Auseinanderbrechen gewesen. "NOAA 17 (# 27453, 2002-06-24) wurde am 10. März 2021 um 0711 UTC bestätigt. NOAA 17 wurde 2013 außer Betrieb genommen. Verfolgung 16 zugehöriger Teilen: kein Hinweis auf Kollision", heisst es in einer Kurzmitteilung der die Überwachung von künstlichen Objekten in der Erdumlaufbahn zuständige Agentur SPCS.

Die NOAA-Wettersatelliten werden von der National Oceanic and Atmospheric Administration betrieben und diese bestätigte die Meldung auf Nachfrage des US-Magazins SpaceNews: "Zum jetzigen Zeitpunkt stellen die Trümmer keine Bedrohung für die Internationale Raumstation oder andere kritische Weltraumeinrichtungen dar", erklärte die NOAA.

Die ursprünglich als NOAA-M bezeichnete Raumsonde startete bereits im Juni 2002. Unklar ist die Ursache des Auseinanderbrechens. NOAA-17 ähnelt anderen polarumlaufenden Satelliten, die ebenfalls ausgefallen oder sogar auseinandergebrochen sind. Im November 2015 etwa brach der NOAA-15-Satellit auseinander, fast eineinhalb Jahre nachdem der Betrieb durch eine kritische Anomalie beendet wurde. Zwei Satelliten des Defense Meteorological Satellite Program der Air Force – DMSP F-13 und DMSP F-12 – fielen im Februar 2015 beziehungsweise Oktober 2016 aus. Diese Satelliten wurden, ebenso wie NOAA-Modell, von Lockheed Martin gebaut.

Als NOAA-17 vor acht Jahren außer Dienst gestellt wurde, sprach der Betreiber von einem "Deaktivierungsprozess". Dieser Prozess beinhalte das Abklemmen der Batterien des Raumfahrzeugs sowie das Öffnen der Schubventile und das Abschalten der Sender. Dadurch sollte das Risiko einer Funkstörung minimiert werden.

Diese Maßnahmen folgen den Empfehlungen der US-Regierung, Raumfahrzeuge am Ende ihrer Lebensdauer zu neutralisieren und Energiequellen zu entfernen, die Explosionen verursachen könnten. Alle an Bord befindlichen Quellen gespeicherter Energie eines Raumfahrzeugs oder einer Oberstufe sollten entleert oder gesichert werden, wenn sie für den Missionsbetrieb oder die Entsorgung nach der Mission nicht mehr benötigt werden", heißt es im Dokument Orbital Debris Mitigation Standard Practices.

Dass der Satellit jetzt trotzdem auseinandergebrochen ist, mag als Beleg dafür gesehen werden, dass diese Richtlinien nicht ausreichend sind. "Ich bezweifle nicht, dass die NOAA getan hat, was sie konnte, und denke, dass dies eher ein Fall eines alten Satelliten ist, der in einer Ära entwickelt wurde, bevor wir uns wirklich um die Minderung von Trümmerteilen kümmerten", sagte Brian Weeden, von der Secure World Foundation.

Bereits im Januar hatte Weeden NASA Inspector General Report gewarnt, dass die beiden NASA-Missionen in polaren Umlaufbahnen, QuikSCAT und Terra, nicht nur die 25-Jahres-Schwelle für Landungen von Raumfahrzeugen aus der Umlaufbahn nach Missionsende nicht erreicht haben, sondern auch ein Explosionsrisiko aufgrund unabtrennbarer Batterien oder Kraftstofftanks darstellen.

Wenigstens besteht offenbar keine Bedrohung für die ISS oder "andere kritische Weltraumgüter", denn der zerbrochene Satellit befinde sich in einer sonnensynchronen Umlaufbahn, die von anderen Wetter- und Erdbeobachtungssatelliten genutzt wird, heißt es seitens des Betreibers NOAA (National Oceanic and Atmospheric Administration). Die Überreste von NOAA 17 bewegen sich demnach aktuell auf einem Orbit mit einem der Erde nächstliegenden Bahnpunkt von rund 807 und einem von der Erde am weitesten entfernten Bahnpunkt von etwa 824 Kilometern.

NOAA 17 kreiste seit seinem Start von der Luftwaffenbasis Vandenberg (VAFB) in Kalifornien am 24. Juni 2002 in diesem Orbit. Seine Hauptmission beendete das von Lockheed Martin gebaute Raumfahrzeug bereits am Ende seiner geplanten dreijährigen Betriebsdauer im Jahr 2005. Bis zur Deaktivierung stand es als Beobachtungs-Backup zur Verfügung. Es basiert auf dem Satellitenbus Advanced TIROS-N.

Der Hauptkörper von NOAA 17 hatte eine Länge von rund 4,2 Metern und einen Durchmesser von etwa 188 Zentimetern. Der Solarzellenausleger des Satelliten hatte die Ausmaße 2,73 auf 6,14 Meter und eine Fläche von rund 16,76 m2. Die Startmasse des Raumfahrzeugs betrug 2231,7 Kilogramm, davon waren 756,7 Kilogramm Treibstoffe, NOAA 17 alias NOAA M ist katalogisiert mit der NORAD-Nr. 27.453 und als COSPAR-Objekt 2002-032A.

Bei so viel Schrott braucht es aber nicht nur Richtlinien, sondern auch ein Aufräumkommando. Im Dezember hat die Europäische Raumfahrtagentur ESA ihren ersten Auftrag zur Beseitigung von Weltraumschrott aus dem Orbit vergeben.

Das Schweizer Start-up ClearSpace bekommt 86 Millionen, um den oberen Teil einer 2013 gestarteten Vespa-Rakete einzusammeln und in der Atmosphäre verglühen zu lassen. Mit der Vergabe des Auftrags an ein privates Unternehmen will die Europäische Weltraumagentur ihren Angaben zufolge dazu beitragen, dass sich aus dieser Dienstleistung ein neuer kommerzieller Sektor der Raumfahrtindustrie entwickeln kann. Immerhin wird der Orbit immer voller.

(tol)