IT-Modernisierung der Bundesverwaltung zieht sich wohl bis 2032

Eine erneute Verzögerung der IT-Modernisierung des Bundes steht ins Haus: Der Bundesrechnungshof rügt Planung, Abstimmungsprobleme und mangelnde Kontrolle.

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(Bild: alphaspirit/Shutterstock.com)

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Die Modernisierung der IT der Bundesverwaltung wird sich wohl erneut um mehrere Jahre verzögern. Das geht aus einem neuen Zwischenbericht des Bundesrechnungshofes hervor, berichtet der Spiegel. Der Zwischenbericht, der nicht öffentlich vorliegt, soll demnach vorsehen, dass die "Jahrhundertreform" der Verwaltung durch Digitalisierung bis 2032 andauern könnte.

Ziel der Reform ist es, einen einheitlichen und sicheren IT-Arbeitsplatz für die etwa 300.000 Mitarbeitenden der Bundesverwaltung auf Basis von Windows 10 einzurichten. Der Bundesclient als behördenübergreifend einheitlich konfigurierte Variante soll dann die Arbeit am Behördenrechner und mobil über ein einheitliches Windows-10-Konto ermöglichen.

Doch das für die Entwicklung und den Support zuständige ITZBund kommt mit der Umsetzung nicht hinterher. Ursprünglich sollte der Bundesclient schon 2019 in ersten Behörden eingesetzt werden, angestoßen wurde das Projekt 2015. Bereits vor etwa zwei Jahren rügte der Bundesrechnungshof eine neue Organisation der Umsetzung an, nachdem er schon 2016 und 2017 auf die Konzeptlosigkeit bei den Bundesprojekten "Netze des Bundes" und "IT-Konsolidierung" hingewiesen hatte. Die chaotische Planung der Modernisierung der Bundes-IT sei von erheblichen Mängeln begleitet und auf zu viele Stellen verteilt gewesen, um eine zeitgerechte Umsetzung zu erreichen, hieß es in den Berichten des Bundesrechnungshofes. Hinzu kamen sicherheitstechnische Mängel, die beseitigt werden sollten. Der ITZBund beklagte, über nicht genügend Personal zu verfügen. Es hieß dann, der Zeitplan würde sich um weitere drei Jahre verzögern.

Aber auch dieser Zeitrahmen dürfte nun gesprengt sein. Wie der Spiegel aus dem Prüfbericht zitiert, hätten die Projektverantwortlichen "viel Zeit verloren". Es würde wohl etwa 11 Jahre dauern, bis alle Behördenmitarbeiter mit dem Bundesclienten ausgestattet sind. Bis dahin sei die Technik aber veraltet.

Nach Ansicht des Rechnungshofes sei es versäumt worden, nach der technischen Aufrüstung der Standard-Arbeitsplätze, dieses flächendeckend einzuführen. Dafür seien das von Horst Seehofer (CSU) geführte Bundesinnenministerium und das Bundesfinanzministerium unter Olaf Scholz (SPD) verantwortlich.

Als Gründe nenne der Rechnungshof ineffektive und ineffziente Strukturen bei den Aufgabenbereichen im Innenministerium sowie eine mangelnde Kommunikation unter den Beteiligten. Die Bundesregierung habe außerdem nicht ausreichend informiert. Dem Haushaltsausschuss des Bundestages hätten so die notwendigen Informationen gefehlt, etwa inwieweit Schäden durch die Verzögerung des Bundesclients auftreten.

Das Rollout des Bundesclients hätte unabhängig von der in vier zeitlichen Wellen geplanten Modernisierung erfolgen müssen, heißt es im Bericht weiter. Eine "Bundesclient-First-Strategie" habe gefehlt.

Das für die Kontrolle zuständige Bundeskanzleramt, dass nach der Neuplanung die Aufsicht über das Modernisierungsprojekt übernommen hatte, hätte weder einen Überblick noch die Kontrolle. Nach mehreren Jahren mit hohen Investitionen seien zentrale Bestandteile des Projektes noch immer nicht über eine grobe Planung hinausgekommen. Ein koordinierendes Gremium für die beteiligten Behörden fehle weiterhin.

Das Innenministerium soll dem Spiegel nach zwar daran gearbeitet haben, hätte jedoch die Bemühungen aus Personalmangel eingestellt. Ein schwerer Fehler für das Gesamtkonzept, rügt der Rechnungshof, denn das Bundeskanzleramt "hat die Bedeutung für den Erfolg des Vorhabens nicht erkannt". Das Bundeskanzleramt bestreitet diesen Vorwurf. Das Innenministerium sollte den Personalmangel beheben. Davon will das Innenministerium aber nichts wissen. Nach Angaben des Spiegel soll bis September die Neuorganisation mit den enthaltenen Aufgaben und Prozesse mit allen beteiligten Akteuren abgestimmt werden.

Die Bundestagsfraktion der Grünen bemängelt die Verzögerungen des Modernisierungsprojektes der Bundes-IT. "Inzwischen gewinnt man immer mehr den Eindruck, dass die Bundesregierung mit der Steuerung des Projekts komplett überfordert ist", heißt es in einer gemeinsamen Stellungnahme der Grünen-Abgeordneten Sven-Christian Kindler und Tobias Lindner. Mit der Digitalisierung der Verwaltung werde es bei dem Tempo nichts.

(olb)