Bewaffnete Drohnen: EU-Parlament billigt Milliarden für Verteidigungsfonds

Die EU-Kommission freut sich, dass nun 7,95 Milliarden Euro für die Verteidigungszusammenarbeit verfügbar sind. Kritiker fürchten KI-gestütztes Kriegsgerät.

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(Bild: sibsky2016 / Shutterstock.com)

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Das EU-Parlament hat nach einer abschließenden Aussprache am Donnerstag in 2. Lesung die Freigabe der Finanzmittel für den Europäischen Verteidigungsfonds (EVF) befürwortet. Der Fördertopf gilt damit als angenommen und wird mit einem Budget von 7,95 Milliarden Euro ausgestattet. 2,65 Milliarden davon sollen in die "kooperative Verteidigungsforschung zur Bewältigung neuer und künftiger Sicherheitsbedrohungen" fließen. 5,3 Milliarden sind Projekten "zur Entwicklung der Verteidigungsfähigkeit" gewidmet.

Die Abgeordneten wollten vor zwei Jahren in 1. Lesung zunächst sogar 13 Milliarden Euro für gemeinsame Rüstungsvorhaben der Mitgliedsstaaten freigeben. Der Ministerrat sah sich aber zum Kürzen gezwungen, sodass der erzielte Kompromiss der EU-Gremien bei rund 5 Milliarden weniger landete.

Mit den Mitteln soll die Gemeinschaft in die vereinte Entwicklung von Technologien und Ausrüstung mit strategischer Bedeutung in verschiedenen Forschungsfeldern wie etwa Elektronik, Metawerkstoffe, Verschlüsselung und Cybersicherheit oder Robotik investieren. Die besonders umstrittenen Killer-Roboter hatte das Parlament 2019 in letzter Minute weitgehend ausgenommen. Dem Beschluss zufolge sollen Maßnahmen zur Entwicklung tödlicher autonomer Waffen, "die keine wirksame menschliche Kontrolle über die Entscheidungen über die Auswahl und den Angriff" bei von Attacken auf Menschen ermöglichen, nicht finanziell unterstützt werden.

Geld für Frühwarnsysteme und Maßnahmen gegen autonome Kriegsmaschinen für Verteidigungszwecke stehen aber zur Verfügung. Dies gilt auch für bewaffnete Drohnen. Die EU-Kommission hatte 2019 bereits ein Arbeitsprogramm aufgestellt, wonach zunächst 100 Millionen Euro in den Bau der bewaffnungsfähigen Eurodrohne fließen können. Das unbemannte Flugobjekt MALE RPAS (Medium Altitude Long Endurance / Remotely Piloted Air System) soll so nach dem gescheiterten EuroHawk 2025 einsatzbereit sein.

Förderfähig sind nur Kooperationsprojekte, an denen sich zumindest drei Betriebe oder Forschungsstätten aus drei verschiedenen Mitgliedsstaaten oder angeschlossenen Ländern beteiligen. Unterstützt wird der gesamte industrielle Lebenszyklus von Rüstungsprodukten von der Forschung über die Prototyp-Entwicklung bis hin zur Zertifizierung. Investitionen in Start-ups, den Mittelstand und andere kleinere Zulieferer der Rüstungsindustrie sollen gestärkt werden. Zwischen 4 und 8 Prozent des Budgets sind für "disruptive Technologien" mit Potenzial für bahnbrechende Innovationen eingeplant.

Binnenmarktkommissar Thierry Breton sprach angesichts der Entscheidung des Parlaments von einem "historischen Tag für Europa". Der EVF sei "ein Meilenstein" im globalen Kontext, in dem Europa "in strategischen Bereichen stärker, widerstandsfähiger und autonomer sein muss". Die Initiative werde erheblich zur Sicherheit der EU-Bürger beitragen.

Die Rüstungsentwicklung müsse in Europa dringend koordiniert werden, hatte Jana Puglierin von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik vorab gefordert. Derzeit gebe es über 170 verschiedene Waffensysteme in den Mitgliedsstaaten. Solche nationalen Alleingänge seien teuer und brächten wenig.

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Der Rechtswissenschaftler Andreas Fischer-Lescano hatte in einem Gutachten für die Linksfraktion im EU-Parlament dagegen zu bedenken gegeben, dass der Fonds angesichts seiner Basis im Vertrag von Lissabon mit dem Haushaltsrecht der EU nicht vereinbar sei. Die Gelder sollen nun als Wettbewerbsförderung oder Industriepolitik ausgegeben werden.

Die linke EU-Abgeordnete Özlem Demirel sprach von einer Farce: Der EVF diene als "Anschubfinanzierung für gigantische und neuartige Rüstungsprojekte der EU". Es sei davon auszugehen, dass damit KI-gestütztes Kriegsgerät wie das umstrittene Future Combat Air System (FCAS) oder die Eurodrohne finanziert würden. Die Kommission trickse hier, dazu kämen "mangelnde Transparenz und fehlende Kontrolle". Zudem wanderten aus dem EU-Haushalt separat rund 15 Milliarden Euro für militärisch relevante Weltraumprogramme an die Rüstungsindustrie. Die Linksfraktion im Bundestag kündigte eine Klage gegen den EVF an.

Auch die Grünen lehnten das Vorhaben ab. Mehr Kooperation und Koordination im Militärbereich wären zwar gut, meinte das österreichische Fraktionsmitglied Monika Vana. Der EVF setze aber "ausschließlich auf das Aufdrehen des Geldhahns für Subventionen an die Rüstungsindustrie". Statt im weltweiten Rüstungswettlauf mitzulaufen, "sollte das gemeinsame Europa in den Kampf gegen das Sicherheitsrisiko Klimawandel, in den Ausbau des sozialen Europas, in Entwicklungszusammenarbeit und Fluchtursachenbekämpfung investieren".

(tiw)