Archäologie: KI klassifiziert Scherben besser und nachvollziehbarer als Menschen

Das Sortieren von verzierten Scherben gehört zur grundlegenden Arbeit in der Archäologie, gerne macht es aber wohl niemand. Algorithmen könnten es übernehmen.

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Mühsam zu sortieren

(Bild: Northern Arizona University)

Lesezeit: 3 Min.

Algorithmen könnten in der Archäologie künftig eine der mühseligsten und zeitaufwändigsten Arbeiten übernehmen: Forscher der Northern Arizona University haben eine KI darauf trainiert, verzierte Scherben nicht nur mindestens so genau zu sortieren wie erfahrene Archäolog:innen, sondern die Entscheidung auch noch konsistenter zu begründen. Auf Basis von Digitalfotografien könnten Computer damit eine "langweilige und mühevolle" Arbeit in einem Bruchteil der Zeit und gleichzeitig viel einheitlicher erledigen, als Menschen. Anders als so manch anderer dürften die sich in diesem Fall nicht über die neue Konkurrenz der Maschinen ärgern.

Wie die Forscher nun erläutern, ist die Analyse gefundener Töpferwaren bislang schwierig und sehr zeitaufwändig. Erst nach monate- oder sogar jahrelanger Ausbildung seien Archäologen und Archäologinnen in der Lage, bei Ausgrabungen gefundene verzierte Scherben korrekt einzuordnen. So werden unterschiedliche Stile verschiedenen Zeitepochen und Herstellungsorten zugeordnet. Aus der Einordnung lassen sich dann wichtige Erkenntnisse über die Ausgrabungsstelle ziehen. Gleichzeitig seien sich die Expert:innen aber nicht immer einig und könnten ihre Einordnung nur schwer begründen. Das sei das "schmutzige kleine Geheimnis der Archäologie".

Für ihre Arbeit haben Leszek Pawlowicz und Chris Downum nun Tausende Fotos von Scherben gesammelt und eingeordnet, die einer bestimmten Kultur von Pueblo-Indianern zugeordnet und in Arizona häufig gefunden werden. Vier Menschen mit großer Erfahrung bei der Einordnung hätten dann Trainingsmaterial erschaffen, mit dem ein Convolutional Neural Network (CNN) die Klassifizierung gelernt habe, schreiben sie im Fachmagazin Journal of Archaeological Science. In vergleichsweise kurzer Zeit habe die KI damit gelernt, genauso gut einzuordnen wie zwei der Experten und besser als die anderen beiden. Dabei erstelle die KI Heatmaps jener Elemente auf den Scherben, die am stärksten in die Entscheidung einfließen und kann diese so viel konsistenter begründen als ein Mensch.

Als spannenden Nebenaspekt bezeichnen die Forscher außerdem noch die Möglichkeit, dass die KI unter den Tausenden Fotos nach jenen mit der größten Ähnlichkeit suchen könne. So ließen sich Gegenstücke finden, die fast identisch seien. Künftig könnten die Algorithmen so eventuell sogar beim Zusammensetzen zerbrochener Töpferwaren helfen. Außerdem sei vorstellbar, dass mithilfe der Technik regionsübergreifende Analysen von Ähnlichkeiten und Unterschieden im Kunsthandwerk ermöglicht würden. Wie sehnsüchtig in der Archäologie auf diese Hilfe gewartet wurde, zeigt auch ein ähnliches Projekt aus Europa: Die von der EU geförderte Software ArchAIDE soll ebenfalls bei der mühseligen Klassifizierung von Keramikfragmenten helfen.

(mho)