Grenzenloses Wachstum im All: Obsessionen reicher Männer

Falls es irgendwo da draußen intelligentes Leben gibt, will es wohl nichts mit "uns" und dem Wirtschaftssystem, das wir bisher tolerieren, zu tun haben. Bild: Arek Socha auf Pixabay (Public Domain)

Bezos, Branson, Musk: Turbokapitalistischer Größenwahn und die journalistische Verehrung seiner Agenda am Beispiel eines öffentlich-rechtlichen Radiosenders. Ein Kommentar

Ein Beitrag mit dem Titel "Fabriken im Weltall - Raumfahrt wird zunehmend zum großen Geschäft" wurde kürzlich im Magazin Breitengrad auf Bayern 2 gesendet. Telepolis hat bereits regelmäßig über das Thema berichtet. Auch der elitäre und klimaschädliche Charakter des Weltraumtourismus wurde hier bereits thematisiert. Nun wurde der Themenkomplex anlässlich eines sich abzeichnenden Hypes im öffentlich-rechtlichen Radio wieder aufgegriffen, allerdings weitgehend unkritisch.

Gut 50 Jahre nach der Apollo-11-Mondlandung erleben wir einen neuen Weltraum-Enthusiasmus. Diesmal geht es nicht darum, unseren Wissensdurst zu stillen, zu forschen und zu neuen Abenteuern aufzubrechen. Jetzt geht es um viel Geld, neue Business-Modelle und die Zukunft unserer Wirtschaft.

(Bayern 2 / Breitengrad)

Dazu wird auch eine Forscherin der Harvard-Universität zitiert, die sagt, die Ökonomie der Zukunft werde eine Weltraum-Ökonomie sein. "Economics of Space" nennt sich ihr Fachbereich an der Harvard Busineess School hochtrabend.

Ökonomie im Weltall?

Die Behauptungen der "Weltraum Ökonomen" werden in diesem Beitrag als tatsächliche, alternativlose Perspektive für die Zukunft des Wirtschaftens der Menschheit insgesamt dargestellt. Dies wird mit der Bestimmtheit und vermeintlichen Sicherheit von Apologeten des Weltraum-Kommerzes untermauert, beziehungsweise mit Aussagen von Wirtschaftsakteuren, die offenbar von Profitinteressen geleitet werden.

Die Erde sei endlich, wenn also die Weltwirtschaft und die Bevölkerung wachse, sei das Weltall die einzige Möglichkeit, wo es hingehen könne, sagt in dem Beitrag Amazon-Gründer Jeff Bezos, dem das Weltraum-Unternehmen Blue Origin gehört. Dafür habe er bereits eine "radikale Idee", heißt es in dem Beitrag:

"Jegliche Schwerindustrie wird von der Erde ausgelagert. Die Erde selber wird als raumplanerisch als Wohngebiet und für leichte Industrie ausgewiesen werden."

Der Amazon-Gründer besitzt bereits ein obszönes Vermögen von rund 145 Milliarden Euro. Und er will mehr, wie er es hier offen ausspricht. Natürlich schiebt er andere Gründe vor. Vermutlich, weil es nicht gut ankäme, wenn er sagen würde, er wolle ins All expandieren, um persönlich noch reicher und mächtiger zu werden.

Die Idee, die Schwerindustrie in All zu verlagern wird von Bezos dargestellt, als wäre die Planung dafür lange bekannt, unumstritten und quasi schon unter Dach und Fach. Natürlich handelt es sich nach heutigem Stand hingegen um reine Science-Fiction. Ob das jemals klappen kann und ob das sinnvoll ist, sei mal dahin gestellt. Derzeit ist es weder möglich noch realistisch.

Es verwundert auch nicht, dass der Gründer des Unternehmens Amazon, in dem täglich tonnenweise fabrikneuer Artikel vernichtet werden, einen unbegrenzten Anspruch auf den Verbrauch von weiteren Ressourcen, nun auch extraterrestrischen, erhebt. Der Autor des Beitrags, Arthur Landwehr, nimmt das als gegeben hin.

Es ist keine Frage mehr. Wir erweitern gerade unseren Lebensraum - wenn auch nicht mit Kolonien, wie in Science-Fiction-Filmen, aber eben doch als Wirtschaftsraum. Wo stehen wir da - und was passiert schon jetzt? Wie weit entfernt sind wie von Fabriken im Weltraum? Wie wird schon heute, wie morgen Geld verdient?

(Bayern 2 / Breitengrad)

An dieser Stelle wird deutlich, dass sich der Journalist von den Marketing-Sprüchen anstecken lässt und weder neutral noch sachlich bleiben kann, denn natürlich ist nicht ausgemacht, ob wir, abgesehen von Satelliten im All und ein paar Forschungsprojekten, unseren Lebensraum in dieser Form erweitern können und wollen. Er lässt vollkommen außer Acht, dass die Menschheit vor massiven Herausforderungen auf der Erde selbst steht, wenn es darum geht, den menschengemachten Klimawandel in Schach zu halten, das gesamte Energiesystem auf erneuerbare Energien umzustellen und sich gegen die massiven Naturkatastrophen zu rüsten, die zweifelsohne auf uns zurollen.