Amazons Alexa: Eltern meiden "verdorbenen Vornamen", Kinder beklagen Mobbing

Seit Millionen Assistenten von Amazon vielerorts auf Kommandos warten, taufen Eltern ihre Babys nicht mehr "Alexa". Kinder leiden unter Mobbing.

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(Bild: Shutterstock.com/Yasin Hasan)

Lesezeit: 4 Min.

Amazons Entscheidung, dem hauseigenen Assistenten einen menschlichen Namen zu geben, hat nicht nur dazu geführt, dass dramatisch weniger Neugeborene Alexa genannt werden, sondern hat für Kinder mit diesem Namen teilweise schlimme Folgen. Dem Atlantic zufolge wurden in den USA im vergangenen Jahr nur weniger als 400 Kinder pro eine Million Geburten "Alexa" getauft, 2015 waren es dagegen noch mehr als 1500. Der Effekt ähnele dem von Naturkatastrophen, die mit einem Namen bezeichnet werden, der danach für Eltern nicht mehr infrage kommt, zitiert das US-Magazin die Einschätzung einer Expertin. Bei Konkurrenzsystemen ist der Effekt deutlich schwächer ausgeprägt, weil Cortana und Siri als Babynamen vorher viel weniger beliebt waren.

Alexa wurde im Jahr 2014 vorgestellt, damals integriert in den smarten Netzwerklautsprecher Amazon Echo. Verfügbar ist das Gerät in den USA seit 2015, nach Deutschland kam die Technik zwei Jahre später. Diese Einführung lässt sich an Zahlen der Social Security Administration in den USA nachvollziehen, zeigt der Atlantic. So war der Name "Alexa" zuvor an etwa 1000 bis 1200 Kinder pro einer Million Geburten vergeben worden, 2015 schnellte die Zahl auf die mehr als 1500 deutlich nach oben. Rasch folgte dann aber der Abfall, der sich bis 2020 fortsetzte. Als Interpretation bietet Laura Wattenberg von Namerology an, dass Eltern den Namen durch die Berichterstattung öfter hörten, wohl schön fanden und häufiger auswählten. Das sei dann aber rasch ins Gegenteil umgeschlagen.

Auch in anderen Staaten zeigen Statistiken ein ähnliches Bild oder lassen es zumindest erahnen. So hatte der Babyname Alexa in England und Wales seit 2005 deutlich an Beliebtheit gewonnen, bis er nach 2017 in den Ranglisten deutlich abstürzte. In Kanada ist dem Artikel zufolge ähnliches beobachtet worden. Für Deutschland hat der Namensexperte Knud Bielefeld Hinweise auf eine analoge Entwicklung ausgemacht. Gegenüber der Zeit hatte er "Alexa" im vergangenen Jahr als "verdorbenen Namen" bezeichnet. Statistiken der Gesellschaft für deutsche Sprache zufolge war der Name in der Rangliste von Platz 200 im Jahr 2010 auf Platz 1064 (2019) abgestürzt.

Während sich Eltern von Neugeborenen also vielerorts deutlich seltener dafür entscheiden, ihre Tochter "Alexa" zu nennen, berichten andere von den Problemen, die bereits ältere Mädchen mit dem Namen haben. Anfang Juli hatte die BBC berichtet, dass Eltern Amazon dazu auffordern, das Standard-Rufwort für den Assistenten zu ändern, weil er zum Mobbing ihrer Kinder führe. Viele würden es witzig finden, den Mädchen Befehle unaufgefordert zuzurufen – auch Erwachsene. Was nicht dramatisch klingt, kann für die Kinder schwerwiegende Folgen haben, berichten die Eltern. Einige hätten sich nicht anders zu helfen gewusst, als offiziell den Namen zu ändern und umzuziehen. Amazon selbst habe die Probleme zwar bedauert, aber darüber hinaus keine Hilfe angeboten.

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In den USA gibt es derweil bereits eine Interessenvertretung namens "Alexa is a human". Deren Gründerin Lauren Johnson hatte der BBC erklärt, dass der Umgang mit Menschen mit dem Namen "Alexa" über "normales Aufziehen" hinausginge: "Das ist ein Löschen der Identität. Das Wort 'Alexa' ist synonym zu Diener oder Sklave geworden. Es gibt Menschen eine Lizenz dazu, Menschen dieses Namens als untergeordnet zu behandeln." Vor allem für ältere Kinder seien viele der angeblichen Witze außerdem sexueller Natur. Eine weitere Namensträgerin fordert Leidensgenossinnen in dem Artikel aber noch auf, für ihren Namen zu kämpfen: "Ich denke, es ist ethisch unakzeptabel, dass eine Marke einen menschlichen Namen als Geisel nehmen und seine Bedeutung völlig ändern könne. Mein Name ist meine Identität."

(mho)