Analyse: Azure und 365 als einzige Microsoft-Zukunft?

Bei Microsoft läuft's wirtschaftlich hervorragend – vor allem dank Azure und 365. Aber der Kurs ist nicht für jeden Nutzer ein Segen.

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Microsoft

(Bild: dpa, Matthias Balk/dpa)

Lesezeit: 11 Min.
Von
  • Jörg Riether
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Sieben Jahre Tiefschlaf würden genügen und man würde das Microsoft von damals nie im heutigen Unternehmen wiedererkennen. Das ist kein Zufall, denn 2014 übernahm Satya Nadella nach 22 Jahren im Unternehmen den CEO-Posten. Er hat den gesamten Konzern in einer nahezu unglaublich anmutenden Geschwindigkeit nicht nur auf einen gänzlich neuen Kurs gebracht. Vor allem hat er diesen auch durchgezogen und erntet bereits seit Jahren die Früchte. Dies alles insbesondere zur Freude der Aktionäre – an der Börse kann Microsoft Höhenflüge feiern, die Beobachter bei dem vor dem Führungswechsel vor sich hin dümpelnden Papier als kaum vorstellbar erachtet hätten.

Unter Satya Nadella erlebt Microsoft neue Höhenflüge, vor allem aufgrund der Cloud- und 365-Dienste.

(Bild: Google Finance)

So etwas schafft niemand allein. Wenn man über wichtige Sparringspartner von Nadella sinniert, kommt es darauf an, wen man fragt. In Business-Kreisen ist zuweilen die Rede von Personen wie Judson Althoff – Chief Commercial Officer, kam 2013 von Oracle zu Microsoft – oder Scott Guthrie – ein Microsoft-Urgestein mit fast 25 Jahren im Unternehmen, Co-Architekt von ASP.NET und heute verantwortlich für den gesamten Cloud- und KI-Bereich.

Fragt man hingegen technisch interessierte Personen aus dem klassischen Admin-Umfeld, kommt sicherlich schnell der Name Mark Russinovich ins Spiel: Als Co-Gründer der Winternals erlangte er mit wichtigen Werkzeugen für tiefe technische Analyse unter Windows große Bekanntheit.

Die Popularität der Werkzeugkiste Sysinternals, zu der unter anderem Process Monitor und Process Explorer zählt, ist bis heute ungebrochen. Im Jahr 2006 kaufte Microsoft das Unternehmen und holte Russinovich gleich mit dazu, damals als sogenannten Technical Fellow. Im September 2014 machte man ihn zum technischen Leiter von Azure und diese Position hält er bis heute inne. Community-Stimmen halten Russinovich für einen wesentlichen operativen wie strategischen Eckpfeiler der gesamten technischen Azure-Architektur.

Der Verdienst um das enorme Wachstum von Azure und zahlreichen Techniken und Methoden, die alle 365 im Namen tragen, gebührt abertausenden weiteren Menschen im Microsoft-Umfeld. Aber es ist kein Geheimnis, dass Nadella mit scheinbar unbegrenzter Energie diesen großen Motor ohne Unterlass antreibt und die erwähnten Personen insbesondere im Cloud-Umfeld mit ähnlichem Ansporn agieren.

Aber ist diese schnelle Entwicklung und dieser große wirtschaftliche Erfolg am Ende des Tages wirklich gut – für Microsoft und für seine Kunden? Es kommt wohl erneut darauf an, wen man fragt. Die Mehrheit aus Microsoft-Personal, Analysten, Börsianern, Beratern und Systemhäusern wird die Frage vermutlich mit Ja beantworten.

Der Fokus soll an dieser Stelle aber einmal auf die zukünftige gefühlte Minderheit der kommenden Jahre gelenkt werden: Administratives Personal, das sich für Microsoft-Umgebungen verantwortlich zeigt, die nicht der Azure- und 365-Strategie folgen, folgen wollen oder folgen können – aber im Microsoft-Umfeld bleiben möchten, wofür es jeweils diverse Gründe geben kann.

Microsoft hat vor Jahren schon damit begonnen, wichtige Funktionen nur noch für das Cloud-Business zu entwickeln. Dies betrifft auch wichtige Sicherheitsfunktionen, etwa im Exchange-Bereich, wo man heutzutage wichtige Funktionen der Verteidigung – Linkumschreibung- und Analyse in Mails, Sandboxing von Anhängen und moderne Authentifizierungstechniken – ohne Azure oder 365-Produkte schlicht nicht von Microsoft bekommen kann.

Parallel laufen Projekte mit 365-Zusammenhang einfach schneller als andere. Ein gutes Beispiel dafür ist die aktuelle Outlook-Vorschau für den Mac im neuen Gewand (Microsoft nennt es „neues Outlook“), welches man nach fast einem Jahr immer noch nicht direkt mit einem lokalen Exchange-Server verbinden kann. Und wir reden hier nicht von Uralt-Versionen – selbst neueste, aber lokale Exchange-Versionen, können nicht angebunden werden. Exchange Online hingegen unterstützt man von Anfang an.

Das wirft Fragen auf, insbesondere, weil es diese Einschränkung bei der initialen Version schon gab, man sie aber austricksen konnte, indem man einfach ein weiteres Outlook-Online-Konto zum primären Konto machte. Und siehe da, Outlook für Mac hat auch im „neuen Outlook-Gewand“ mit dem lokalen Exchange Server zusammengearbeitet. Microsoft hat daraufhin diese Option wieder unterbunden. Jetzt heißt es also weiter warten.