Wie Japan die Ära der Quantencomputer mitbestimmen will

Deutschland hat im Wettrennen um Anwendungen von Quantenrechnern neben China und den USA einen starken Rivalen: Japan.

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IBM-Quantencomputer

Ein IBM-Quantencomputer der Serie "Q System One".

(Bild: dpa, IBM/dpa)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Martin Kölling
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Bei Quantencomputern sieht Japan in Deutschland einen Rivalen, gegen den sich zu wehren lohnt. Etwas zerknirscht nahmen die Japaner zur Kenntnis, dass der US-amerikanische Pionier IBM seinen Quantencomputer im Juni zuerst nach Deutschland exportierte. Immerhin nahm IBMs zweiter Export im Juli in Japan den Dienst auf.

Im Business Incubation Center der Stadt Kawasaki steht er nun, der IBM Quantum System One. Er ist ein wichtiger Schritt in die neue Rechnertechnik, die bestimmte komplexe Rechenoperationen in einem Bruchteil der Zeit bewältigen können, die herkömmliche Hochleistungscomputer benötigen. Und damit soll er zum Katalysator der neuen Computertechnik für die gesamte Japan AG werden, um im Wettrennen um die Entwicklung und Anwendung der neuen Computing-Hoffnung mit China, den USA und Deutschland mithalten zu können.

Japan baut dabei auf eine starke Allianz mit den USA. Bei dem Besuch des japanischen Regierungschefs Yoshihide Suga beim US-Präsidenten Joe Biden sprachen die beiden Mit-70er über die neue Technik. Japans Technologieminister Hagiuda ordnete dies später wie folgt ein: "Es ist wichtig, dass wir die internationale Zusammenarbeit mit den USA als Dreh- und Angelpunkt ausbauen."

Wie ehrgeizig Japans Pläne sind, zeigt dabei die Zusammensetzung des Konsortiums, das sich um IBMs Erstling kümmert. In Deutschland schlossen sich im Juni zehn Konzerne zum Quantum Technology and Application Consortium, kurz QUTAC, zusammen. Das japanische Äquivalent QII (Quantum Innovation Initiative) umfasst nicht nur Industriekonzerne wie Toyota, sondern auch die globalen Großbanken MUFG und Mizuho – und als Führer natürlich die Tokio Universität, die in dem Feld seit Jahren eng mit IBM kooperiert.

Im Juni öffneten die Amerikaner mit der japanischen Eliteuniversität das erste Testzentrum für Hardwarekomponenten außerhalb der USA. Es gibt ein drittes Projekt an der Universität: Die Partner kooperieren mit den QII-Mitgliedern, um Software, Algorithmen und Anwendungen zu entwickeln, die zur Beschleunigung der Leistung von System One erforderlich sind. QII erwarten mehr als 50 neue Mitglieder.

Doch besonders Japans industriegeschichtliches Erbe stärkt Japans Wettbewerbsvorteil gegenüber Deutschland: Es gibt nicht nur interessierte Industrieunternehmen und eine generöse Regierung, die Anwendungen der Quantentechnik fördern, sondern auch Japans traditionelle Computingkonzerne, die selbst in der Technik aktiv sind.

Post aus Japan

Japan probiert mit Elektronik seit jeher alles Mögliche aus - und oft auch das Unmögliche. Jeden Donnerstag berichtet unser Autor Martin Kölling an dieser Stelle über die neuesten Trends aus Japan und den Nachbarstaaten.

Hitachi, NEC, Fujitsu und Toshiba dominierten einst das Geschäft mit Zentralrechnern und sind noch immer in der Weltspitze unterwegs. Der jüngste Beleg ist Fugaku, der derzeit schnellste Supercomputer der Welt. Doch die Unternehmen spielen auch im Quantenfeld mit.

Fujitsu beispielsweise hat schon vor Jahren seinen "digitalen Annealer" vorgestellt, der inspiriert von der Quantentechnik bestimmte Operationen so schnell ausführen kann, wie ein Quantenrechner, ohne einer zu sein.

Eine jüngere Anwendung führte Fujitsu ins All, quasi als Müllentsorger. In einem Projekt mit der britischen Weltraumbehörde berechnete der Dienst der Japaner die optimale Flugbahn eines Raumschiffs für das Einsammeln von Weltraumschrott. Andere japanische Konzerne haben ähnliche Produkte.

Darüber hinaus gehören die japanischen Konzerne gemessen in Patenten zu den Technologieführern in Anwendungen wie Quantenkommunikation und -verschlüsselung. Laut dem Datenanalytiker Valuenex Japan führt Toshiba die Rangliste knapp vor Huawei an. Auf Platz 3 folgt dann NEC, auf Platz 5 der Telekommunikations- und Datenkonzern NTT.

Die Regierung hilft auf ihre Weise mit ihrer Nationalen Innovationsstrategie für Quantentechnik mit. Sie finanziert in diesem Zusammenhang eine Reihe an Projekten für die Entwicklung von Quantentechnik, Systemarchitektur, Schaltkreisen und der Materialwissenschaft.

Dabei wird offensichtlich, dass Japan weiterhin von einer führenden Rolle als Hersteller von Quantencomputern träumt. Mit dabei ist ein amtliches "Moonshot-Programm", dessen ambitioniertes Ziel bescheiden lautet: "Realisierung eines fehlertoleranten universellen Quantencomputers, der bis 2050 die Wirtschaft, Industrie und Sicherheit revolutionieren wird."

(bsc)