Netzausbau: Zwei Drittel aller Haushalte können Gigabit buchen

31,4 Millionen Gigabit-Anschlüsse sind bis Ende 2021 verfügbar, schätzt die Branchenallianz VATM. Erst 2 Millionen Kunden nutzen aber solche Bandbreiten.

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(Bild: SHARKstock/Shutterstock.com)

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Ende des Jahres sollen rund 66 Prozent der deutschen Haushalte gigabitfähige Netze zur Verfügung stehen. Die Zahl der Gigabit-Anschlüsse steigt damit hierzulande von 28,8 auf 31,4 Millionen, prognostiziert der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) in seiner am Donnerstag veröffentlichten Marktstudie 2021. Unter gigabitfähigen Verbindungen fasst er dabei den Bereich TV-Kabel (Docsis 3.1) und Glasfaser bis zum Haus oder zur Wohnung (FTTB/H).

Den Löwenanteil machen mit fast 24 Millionen die verfügbaren Breitbandkabelanschlüsse aus. Das Plus liegt hier bei 1,2 Millionen. Höher ist das Wachstum bei "echten" Glasfaseranschlüssen ohne VDSL, die bei einer Steigerung um fast 40 Prozent bei 7,5 Millionen landen sollen. Den Neubau von 2,1 Millionen Verbindungen zumindest bis ins Haus innerhalb eines Jahres bezeichnet der VATM als Rekord. Mehr als ein Drittel der FTTB/H-Anschlüsse werde von den Kunden zudem auch genutzt. Neun von zehn davon stammen von den Wettbewerbern der Deutschen Telekom. Diese vertritt der Verband.

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Von den 31,4 Millionen verfügbaren Gigabit-Festnetzleitungen in die Heime bezeichnet der Verband 11,4 Millionen beziehungsweise 36,3 Prozent als "aktiv". 20 Millionen seien noch nicht scharf gestellt. Der Anteil der Kunden, die tatsächlich einen Festnetzanschluss mit maximalen Empfangsdatenraten von mindestens 1 GBit/s nutzen, verdoppelt sich laut der zusammen mit dem Beratungshaus Dialog Consult erstellten Studie 2021 zugleich fast auf 5,3 Prozent und erreicht 2 Millionen. Es dauere einfach, erläuterte Gerpott, bis sich die Nachfrage auf volle Glasfaser verschiebe.

Die Telekom kommt laut der Analyse auf 3,2 Millionen Glasfaseranschlüsse, für die sie 0,8 Millionen Buchungen hat. Auf die Konkurrenten entfallen 4,3 Millionen, von denen 1,7 Millionen aktiv sind. Die sogenannte Take-up-Rate liegt damit bei der Telekom bei 25, bei den Herausforderern bei 39,5 Prozent. Studienleiter Torsten Gerpott bezeichnete beide Quoten als "ausbaufähig". Die Telekom hole bei Glasfaser zwar auf, vermarkte diese aber noch nicht so erfolgreich wie die Wettbewerber, da sie etwa auch in Neubaugebieten mit viel Konkurrenz aktiv sei.

Insgesamt ist hierzulande bei in summa 37,4 Millionen Breitbandanschlüssen mehr Internetgeschwindigkeit gefragt. Dazu habe auch die Corona-Pandemie etwa mit Homeoffice beigetragen, weiß Gerpott. Über die Hälfte der Kunden nutzt Bandbreiten von 50 MBit/s oder mehr. 5,4 Millionen davon haben schnelle Anschlüsse mit mehr als 250 MBit/s auf Basis von Kabel- oder Glasfasernetzen.

Parallel nimmt der Datenhunger weiter zu. Im Festnetz wird beim Verbrauch in diesem Jahr laut der Prognose erstmals knapp die 100-Milliarden-Gigabyte-Grenze um 2 Milliarden übersprungen. Das sind 34 Prozent mehr als 2020. Das durchschnittliche Datenvolumen pro Anschluss und Monat beträgt knapp 231 Gigabyte (GB) – ein Plus von 30 Prozent. Gerpott führte aus, dass 49 Prozent des Verkehrs weltweit auf Videostreaming, 19 auf soziale Netzwerke entfalle. Vor allem Google und Facebook fräsen also die Bandbreite.

Im Mobilfunk übertragen die Nutzer 2021 insgesamt rund 6 Milliarden GB und damit 33 Prozent mehr als im Vorjahr. Pro Monat verbraucht ein User durchschnittlich 3,3 GB, während es 2020 noch glatt 3 waren. Die Zahl der 5G-fähigen SIM-Karten hat sich innerhalb eines Jahres auf 10,8 Millionen mehr als verdreifacht.

Die Telefonie erfreute sich – vor allem in Lockdown-Zeiten – erneut wachsender Beliebtheit: Rund 963 Millionen Minuten wird im Durchschnitt hierzulande täglich drahtlos oder an der Strippe gesprochen. Der Anstieg um 4 Prozent fällt damit aber geringer aus als im ersten Pandemiejahr mit 16 Prozent. Auch übers Festnetz wird weiter mehr geplaudert: durchschnittlich 296 Millionen Minuten täglich (plus 4 Prozent). Insgesamt am längsten greifen die Bürger zum Smartphone: Sie telefonieren 433 Millionen Minuten täglich mobil, davon 234 Millionen Minuten via Over-the-Top-Anbieter wie WhatsApp, Skype, Google Duo und Apple Facetime.

Der Gesamtumsatz der Branche soll – wie im Vorjahr – leicht um 1 Prozent auf 59,1 Milliarden Euro nach oben gehen. Die Erlöse im Mobilfunkmarkt wachsen um 0,2 auf 26,1 Milliarden Euro. 17,9 Milliarden entfallen auf die Wettbewerber, 8,2 auf die Telekom.

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Im Festnetzmarkt werden die Unternehmen stabil 33 Milliarden Euro umsetzen. 15,5 Milliarden davon gehen an den Bonner Platzhirsch. Die Wettbewerber sollen in diesem Sektor ohne Kabelnetze dieses Jahr 11,4 Milliarden Euro verbuchen. Der Kabelmarkt bleibt in etwa gleich bei 6,1 Milliarden Euro. Im hart umkämpften Geschäftskundenmarkt erwarten die Konkurrenten etwas über 9, die Telekom knapp 12 Milliarden Euro. Insgesamt konnten die Herausforderer Gerpott zufolge dem Ex-Monopolisten wieder ein wenig Marktanteil abnehmen.

"Wir bauen schneller, als wir vermarkten können", freut sich der neue VATM-Präsident David Zimmer über das vorgelegte Tempo. Trotzdem bleibe der Breitbandausbau gerade im ländlichen Raum eine zentrale infrastrukturpolitische Herausforderung. Über 30 Milliarden Euro private Investitionsmittel allein der Wettbewerber stünden dafür bereit. Die staatliche Förderung müsse die neue Bundesregierung entsprechen anpassen, da diese Projekte um zwei bis drei Jahre gegenüber eigenwirtschaftlichen Initiativen verzögere.

Es gebe definitiv keinen Investitionsnotstand in Deutschland, ergänzte Gerpott und verwies auf insgesamt fast 50 Milliarden Euro im Markt. Vom verfügbaren Geld her könne man die Republik voll mit Glas ausrüsten, was aber wohl nicht kurzfristig erreichbar sei.

Bis flächendeckend Glasfaser nutzbar sei, bildeten Funk und Satellit die beste Übergangslösung, betonte Zimmer. Das von Schwarz-Rot noch beschlossene Recht auf schnelles Internet und weitergehende Versorgungspflichten könnten die Leistungsfähigkeit der alten Kupferdoppeladernetze oder die Bau- und Fachkräftekapazitäten dagegen nicht verbessern. Der Staat müsse zum Anbieter und Nachfrager breitbandiger digitaler Dienste etwa in der Verwaltung und im Gesundheitswesen werden, um die Nachfrage nach Gigabit zu stimulieren. Gerpott monierte, dass die Bundesregierung hier jahrelang "geschlunzt" habe.

(mho)