Sourcecode-Editor Fleet: JetBrains Angriff auf Visual Studio Code

Der schlanke Sourcecode-Editor ist weitgehend in Kotlin geschrieben und bietet Funktionen für die verteilte Entwicklung.

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Von
  • Rainald Menge-Sonnentag
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Im Zuge der turnusmäßigen Aktualisierung der Entwicklungsumgebungen von Webstorm bis IntelliJ IDEA schickt JetBrains ein neues Pferd ins Rennen: Fleet ist ein schlanker Sourcecode-Editor, der neben Syntaxhervorhebung und Autovervollständigung typische IDE-Funktionen unter anderem für das Debugging mitbringt.

Der Editor dürfte grundsätzlich auf eine ähnliche Zielgruppe ausgerichtet sein wie Visual Studio Code. Wie Microsofts Open-Source-Editor setzt Fleet auf einen schlanken Aufbau, aber einen ausreichend großen Funktionsumfang. Darüber hinaus bietet es von Haus aus erweiterte Funktionen für die verteilte Arbeit an Programmierprojekten. Derzeit befindet sich Fleet in einer geschlossenen Testphase.

JetBrains hat Fleet wohl von Grund auf neu entwickelt. Sowohl die Architektur als auch das User Interface sind unabhängig von den sonstigen Entwicklungsumgebungen des tschechischen Toolherstellers.

Dabei setzt der Editor auf eine verteilte Architektur und zielt damit auf Projekte, die nicht unbedingt lokal vorliegen, sondern auf entfernten Servern oder in Containern abgelegt sind. Außerdem können mehrere Entwicklerinnen und Entwickler gemeinsam an einem Workspace arbeiten.

Fleet besteht aus vier unterschiedlichen Komponenten: dem Frontend, dem Workspace, dem Backend und einem Fleet System Daemon (FSD). Das Frontend bietet das User Interface und Basisfunktionen wie einfache Syntaxhervorhebung. Das Backend kümmert sich um das Indexing, die statische Analyse sowie erweiterte Such- und Navigationsfunktionen. Es kann als Language Server oder als Headless IntelliJ IDEA umgesetzt sein.

Der Workspace kann mehrere Frontend-, Backend- und FSD-Komponenten verwalten.

(Bild: JetBrains)

Der Workspace ist die zentrale Anlaufstelle, die mehrere Front- und Backends sowie weitere Komponenten verbinden kann. Schließlich bietet der FSD die Anbindung an den eigentlichen Sourcecode und die SDKs. Er ist dafür verantwortlich, Projekte zu erstellen und den kompilierten Code auszuführen. Daneben lassen sich mit dem Daemon andere Aktionen in der Zielumgebung unter anderem über Befehle auf dem Terminal vornehmen.

Der Sourcecode-Editor ist auf zahlreiche Programmiersprachen und Formate ausgerichtet. Zum Zeitpunkt der Ankündigung verarbeitet er Java, Python, Go, JavaScript, Rust, TypeScript, JSON und JetBrains hauseigene Sprache Kotlin. In Kürze sollen PHP, C++, C# und HTML folgen. Laut dem Tweet zur Veröffentlichung setzt Fleet auf die Code-Processing-Engine von IntelliJ IDEA.

Neben der Syntaxhervorhebung und Autovervollständigung bringt Fleet eine erweiterte Navigation und Funktionen für das Refactoring mit. Außerdem steuert das Werkzeug das Debugging von Anwendungen.

Im Vergleich zu den Entwicklungsumgebungen von JetBrains bietet Fleet einen schlanken Aufbau.

(Bild: JetBrains)

Fleet bietet einige Funktionen für das gemeinsame Entwickeln an Projekten. Neben der verteilten Architektur, die mehrere Frontends verbinden kann, bietet es eine direkte Anbindung an das Werkzeug für die Zusammenarbeit Space, das JetBrains Ende 2019 erstmals vorgestellt hatte.

Laut einem Tweet des Fleet-Teams ist das Tool selbst weitgehend in Kotlin geschrieben, ergänzt durch Rust-Code für die native Umsetzung. Das UI-Framework soll ähnliche Konzepte wie Jetpack Compose mitbringen, aber eine vollständig eigenständige Entwicklung sein, die vor Compose begonnen hat. Der Unterbau dürfte deutlich schlanker ausfallen als bei Visual Studio Code oder Atom, die beide auf das Electron-Framework aufbauen.

Laut dem Blogbeitrag zur Veröffentlichung zielt Fleet auf diejenigen, die "manchmal nur einen Editor benötigen, aber auch eine vollwertige IDE möchten, die ein einzelnes Werkzeug statt vielen spezialisierten suchen und die Funktionen für spezielle Szenarien benötigen, die die vorhandenen JetBrains-IDEs nicht mitbringen, wenn es um verteilte Entwicklung geht." Dabei stellt der Beitrag allerdings ebenfalls klar, dass Fleet nicht die anderen JetBrains-IDEs ersetzen soll, sondern als zusätzliche Option gedacht ist.

Über das Lizenzmodell schweigt sich der Blogbeitrag ebenso aus wie über ein Plug-in-Konzept. Letzteres ist zumindest aufgrund der Architektur und der Plug-ins für die anderen JetBrains-IDEs zu erwarten. Wer das Tool ausprobieren möchte, kann sich auf der Preview-Seite für die geschlossene Testphase bewerben.

(rme)