Nur mit Abstrichen gamingtauglich: AMD-Grafikkarte Radeon RX 6500 XT im Test

AMDs Radeon RX 6500 XT geht heute für offiziell 209 Euro in den Verkauf, dürfte aber nur Käufer glücklich machen, die besonders geringe Ansprüche haben.

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(Bild: AMD)

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Inhaltsverzeichnis

Gleich drei Karten mit dem neuen Navi24-Chip wirft AMD auf den Markt: Die Radeon RX 6500 XT und die Radeon Pro W6400 kommen auch einzeln in den Handel, die Radeon RX 6400 wird es nur für Komplettrechner geben.

Die Radeon RX 6500 XT ist für Spieler mit Full-HD-Bildschirmen gedacht, die sich auch mit mittleren bis hohen Details zufriedengeben und nicht alle Regler zum Maximum ziehen wollen. Doch darüber hinaus müssen sie noch weitere Kröten schlucken, sodass die 4-GByte-Grafikkarte in der Summe nicht empfehlenswert ist.

AMD hat den Navi24-Grafikchip, der auf den drei neuen Karten zum Einsatz kommt, trotz Herstellung in moderner 6-Nanometer-Technik konsequent zerspart. Eine geringe Anzahl an Shader-Rechenwerken oder eine schmale Speicheranbindung – geschenkt. Das war bei einem Einsteiger-Chip noch nie anders. Immerhin, das muss man AMD zugutehalten, versuchen sie, diese Einschränkungen durch den sehr hohen Chiptakt von über 2,6 GHz und den Infinity Cache (Marketingname für einen Level-3-Zwischenspeicher) auszugleichen.

Sapphires RX 6500 XT Pulse ist im Leerlauf mit 4 Watt besonders sparsam.

(Bild: AMD)

Doch an anderer Stelle können die Einsparungen des 107 mm² kleinen Chips schmerzen. Maximal steuert der Navi24 – auch im 2D-Betrieb – nur zwei Bildschirme an, schon integrierte Grafikeinheiten schaffen mehr. Auch an der Einheit für die Video-De- und Enkodierung hat AMD gespart. Ist der hardwareseitige Verzicht auf GPU-Encoder für eine Karte dieser Leistungsklasse nachvollziehbar, sind auch bei den Decodern, die den Prozessor bei der Wiedergabe von Videos entlasten, die Striche des Rotstifts dick. Ausgerechnet den lizenzfreien, aber rechenintensiven AV1-Codec, der zum Beispiel von Netflix eingesetzt wird, muss der Prozessor im PC mit RX 6500 XT allein stemmen.

Auch der Infinity Cache ist sehr klein und konterkariert damit seinen Namen geradezu. Zwar müssen sich im Navi24 maximal 16 Shader-Gruppen die 16 MByte teilen, das Verhältnis ist also identisch zur Radeon RX 6600 (Navi23, 32 MByte Infinity Cache und 32 Rechengruppen). Doch der Cache muss die Zugriffe auf die Bilddaten abfangen, die auch in niedrigen Auflösungen wie 1080p (1920 × 1080 Pixel) eine bestimmte Größe haben, unabhängig davon, wie viele Rechengruppen darauf zugreifen.

Eine Tabelle mit technischen Daten finden Sie am Ende des Artikels auf Seite 2.

Für Aufrüster ärgerlich: Die Navi24-GPU kommuniziert mit dem System über nur 4 PCIe-4.0-Lanes. Bilddaten, die nicht in den nur 4 GByte großen Grafikspeicher passen, müssen über den PCI-Express-Anschluss nachgeladen werden. Schon in Systemen mit PCIe 4.0 x16 kann das bei schnellen Grafikkarten zum Flaschenhals werden, sind doch in der Praxis rund 28 der theoretisch möglichen 32 GByte/s wesentlich weniger als die Hunderten von GByte, die der lokale Speicher überträgt.

Wer bereits einen PC mit PCI-Express 4.0 hat, für den ist der Flaschenhals schon auf theoretische 8 GByte/s eingeengt. Stärker kommt der Nachteil der langsameren Datenübertragung zum Tragen, wenn man einen älteren Rechner aufrüstet. Mit PCIe 3.0 (x4) sind nur noch knapp 4 GByte/s möglich, was die ehemals kleinen Nachladehakler in vielen modernen Spielen auf nervige Halb-Sekunden-Intervalle ausdehnt. Auch das gar nicht mal so neue "Shadow of the Tomb Raider" hakte bei uns an einigen Stellen mit der Radeon RX 6500 XT merklich.

Durch die genannten Sparmaßnahmen sind die RX-6500-XT-Karten keine Performancewunder. Zwar erreichten sie ihren maximalen Boost-Takt von rund 2,8 GHz auch in Spielen erstaunlich oft und takteten auch in grafisch anspruchsvolleren Titeln meist oberhalb von 2,6 GHz. Die durchschnittlichen Bildraten in Spielen kommen jedoch kaum nennenswert über das Niveau der Radeon RX 570 von 2017 oder die Radeon RX 5500 XT von 2020 hinaus – beide mit 8 GByte Grafikspeicher. Die RX 570 empfahlen wir auch in unserem Budget-Gaming-Bauvorschlag in c't 22/2019, die RX 5500 XT in der Entsprechnung von 2020.

Im 3D-Benchmark 3DMark Firestrike liegen die RX-6500-XT-Karten mit rund 13600 Punkten vor RX 570 (11700) und RX 5500 XT (12400), ähnliches gilt im DirectX12-Test 3DMark Time Spy (5500 zu 4300 respektive 5200 Punkten). Doch schon im Raytracing-Test 3DMark Port Royal zeigt der Benchmark eine Warnung wegen zu wenig Videospeichers an.

Auch im Mystery-Shooter "Control", der optional ebenfalls Raytracing-Effekte zeigt, guckt man mit der RX 6500 XT in die Raytracing-Röhre – ohne die Zusatzeffekte schafft die Karte in Full HD knapp 28 Bilder pro Sekunde, ist mit Raytracing also zu langsam für ruckelfreies Gaming, wie auch "Metro Exodus" beweist, welches in höchster Detailstufe mit Raytracing in 1920 × 1080 Pixeln gerade einmal 15 fps schafft.

Im schon etwas älteren "Shadow of the Tomb Raider" sind es in Full HD 24 Bilder pro Sekunde mit Raytracing-Effekten, ohne Raytracing flüssige 65 fps. Eine RX 570 8G schafft hier zwar durchschnittlich nur 55 fps, ist bei den Minimum-Werten (P1-Perzentil) aber mit 44 zu 36 Bilder pro Sekunde vorn, die RX 5500 XT mit 8 GByte schafft 62 fps mit einem Minimum von 39 fps.

"Assassin's Creed: Valhalla" läuft mit 40 fps in Full HD und höchster Detailstufe zwar gerade noch annehmbar (die P1-Werte fallen bereits unter 30 fps), aber auch hier sind RX 570 und 5500 XT mit ihren 8 GByte auf Augenhöhe. Drastisch wirds, wenn die Karte in einem PCIe-3.0-System eingebaut ist – hier durch ihre 4 Lanes auf 4 GByte/s Systemtransfers beschränkt: Die Bildrate in "AC: Valhalla" sinkt von 40 auf 29 fps, das P1-Perzentil auf unspielbare 12 fps.

Auch mit niedrigeren Einstellungen wie Hoch oder Mittel blieb dieser Einbruch spürbar. In der Voreinstellung hoch ging die fps-Rate von 50 auf 40 zurück (P1: von 38 auf 26) und sogar im "Mittel"-Preset, welches mit 3,2 GByte eigentlich in den lokalen Speicher hätte passen sollen, waren es 67 zu 61 Bilder pro Sekunde (P1: 51 zu 44).