Nach LiMux-Aus: IT-Referat bremst neuen Open-Source-Kurs Münchens

Fünf Projekte sollte das Münchner IT-Referat vorschlagen, die kurzfristig als Open Source realisiert werden könnten. Getan hat sich nach vielen Monaten nichts.

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(Bild: Imilian/Shutterstock.com)

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Die Münchner Stadträtin Judith Greif beklagt, dass das IT-Referat der bayerischen Landeshauptstadt den neuen, nach einem Regierungswechsel beschlossenen Kurs in Richtung freie Software nicht engagiert mitträgt. Die IT-Koordinatorin der Grünen verweist etwa auf eine Forderung des Stadtrats, wonach das Referat fünf Projekte vorschlagen soll, die kurzfristig als Open Source realisiert werden könnten. Diese seien auch bereits benannt worden: "Nur geschehen ist seither – nichts."

Die Pilotprojekte sollten dem Willen des grün-roten Stadtrats zufolge zeitnah auf dem offenen Portal GitHub frei zugänglich gemacht werden. "Das einzige, was das IT-Referat gemacht hat, ist, Eigenentwicklungen zaghaft auf einer von uns gern als “Rumpelplattform” bezeichneten geschlossenen Codeplattform zu veröffentlichen, die irgendwie mit GAIA-X in Zusammenhang steht und nach eigener Aussage auf GitHub aktive öffentliche Stellen 'zum Umzug bewegen' will", monierte Greif gegenüber dem Portal LinuxNews. "Wir fassen uns an den Kopf, denn das wollten wir mit dem Antrag ja gerade nicht."

Sie habe daher "in der letzten Vollversammlung des Stadtrats am 19.01.2022 noch einmal in aller Deutlichkeit klargemacht, dass das so nicht geht und dass sie endlich anfangen müssen, ihre Eigenentwicklungen gemäß dem Beschluss zu veröffentlichen". Angeblich tue sich jetzt langsam etwas, zeigte sich Greif vorsichtig optimistisch. "Wir behalten das aber auf dem Schirm." Auf Twitter erklärte die Abgeordnete auf eine Frage, ob der Stadtrat den Rechtsweg einschreiten wolle: "Wir versuchen es erst mal konstruktiv."

Das seit Frühjahr 2020 in München regierende grün-rote Bündnis hatte im Herbst des gleichen Jahres ein Antragspaket vorgelegt, um ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag zu erfüllen und trotz des Aus für das Linux-basierte Desktop-Projekt LiMux wieder stärker auf freie Software zu setzen. Der Stadtrat beschloss die Initiative Anfang Mai 2021. Dabei soll es auch darum gehen, das vereinbarte Prinzip "Public Money, Public Code" mit Leben zu füllen. Die entsprechende Kampagne besagt, dass mit Steuergeld finanzierte Programme für die Verwaltung frei und wiederverwendbar sein sollen.

Laut dem Paket soll das IT-Referat ferner etwa einen "Open-Source-Hub" einrichten. An dem Zentrum sollen Beschäftigte "mit fest zugeordneten personellen und finanziellen Ressourcen" sowie "engagierte Externe miteinander an Open-Source-IT-Lösungen für die Landeshauptstadt arbeiten können". Damit will Grün-Rot freier Software "die jetzt im Koalitionsvertrag geforderte Priorität" verschaffen.

Auch hier hat sich bislang aber offenbar wenig bewegt. Immerhin erwähnt Michael Bungert, Leiter Digitalisierung und IT-Strategie beim IT-Referat, den Hub in einem Blogeintrag zur "Umsetzung der strategischen Prinzipien der Digitalisierung" bereits. Damit solle "die Zusammenarbeit der Stadt München mit Wirtschaft und Zivilgesellschaft zur Entwicklung offener digitaler Lösungen" koordiniert werden. Hier agiere ein städtisches Team, das Open-Source-Projekte anbahne, durchführe und den Überblick über die Menge der aktuellen und künftigen Themen rund um freie Software behalte. Auch ein "digitaler Zwilling" werde schon auf Open-Source-Basis entwickelt und trage so "zur Wahrung der digitalen Souveränität der Stadt" bei.

Ein LiMux-Revival soll es in München nicht geben, nachdem SPD und CSU 2017 die Rückkehr zu Microsoft beschlossen hatten. Erst jüngst stellten Linux-Unterstützer das im April 2019 veröffentlichte, um proprietäre Anteile bereinigte LiMux 6.0 noch einmal online bereit. Dabei handelt es sich um eine Virtual Appliance (VA) für Rechner mit Hypervisor wie etwa VirtualBox mit einer Größe von rund 25 Gigabyte.

Ob Teile des damaligen Projekts wiederverwendet werden sollen, kann Greif aktuell wenig sagen. Sie wisse nur, dass das ehemalige LiMux-Team aufgelöst worden sei, berichtete die Stadträtin. Ihres Wissens arbeiteten die verbliebenden Mitarbeiter jetzt "an dem von uns ebenfalls beantragten Open-Source-Videokonferenzsystem". Dieses solle "das bei Nacht und Nebel" beziehungsweise während der Corona-Pandemie eingeführte Cisco Webex ablösen, da dieses "mit großen Datenschutzproblemen behaftet ist". Die erste Beschlussvorlage dazu erwarte der Stadtrat noch im Februar.

(olb)