Auskunftei Schufa: Kartellamt hat keine Bedenken gegen potenzielle Übernahme

Der Finanzinvestor EQT darf die Wirtschaftsauskunftei Schufa übernehmen, wenn es nach den Kartellwächtern geht. Auch eine Alternative geben sie frei.

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(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)

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Das Bundeskartellamt hat den Weg freigemacht für einen Verkauf der Schufa. Die Bonner Behörde gab am Montag grünes Licht für zwei Zusammenschlussvorhaben, die zwei Interessenten im Zusammenhang mit dem aktuellen Bieterwettbewerb um Anteile an der Wirtschaftsauskunftei angemeldet hatten. Der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt, erklärte dazu: "Wir prüfen in der Fusionskontrolle nur die wettbewerblichen Auswirkungen angemeldeter Zusammenschlüsse. Aus dieser Sicht waren beide Vorhaben freizugeben."

Die eine der Initiativen hatte der schwedische Finanzinvestor EQT voriges Jahr gestartet. Er will bis zu 100 Prozent der Anteile und damit die alleinige Kontrolle über die Schufa erwerben. Im ersten Schritt wollen die Schweden die Anteile der französischen Société Générale für 200 Millionen Euro erwerben und anschließend die weitere Übernahme vollziehen.

Um dies zu verhindern, hat die TeamBank angekündigt, ihre bestehende Minderheitsbeteiligung in Höhe von rund 18 Prozent an der Schufa aufzustocken. Sie gehört zur DZ Bank-Gruppe. Bei ihr sind die Anteile der genossenschaftlichen Volks- und Raiffeisenbanken an der Auskunftei gebündelt. Laut der TeamBank fungiert die Schufa als Datenlieferant für die gesamte genossenschaftliche Finanzgruppe sei und daher von hoher strategischer Bedeutung. Es liege im Interesse der etablierten Anteilseigner, stabile Mehrheitsverhältnisse zu erlangen, um die Neutralität der Auskunftei langfristig zu wahren.

Auch wenn beide Zusammenschlüsse und ihre Vorhaben in Konkurrenz zueinander stehen, ist es laut den Kartellwächtern unter bestimmten Umständen möglich, solche Pläne parallel zur Fusionskontrolle anzumelden. Sie müssten dazu unter anderem hinreichend definiert sein. Durch die jetzigen Freigaben hätten beide Bieter die Möglichkeit, die Übernahmen fusionskontrollrechtlich zu vollziehen. Dem Fortgang des Bieterwettbewerbs lägen so "allein unternehmerische Entscheidungen zugrunde".

Die Plattform Campact startete vor Kurzem eine Kampagne, um den Verkauf der Schufa an EQT zu verhindern. Binnen weniger Tage unterzeichneten 219.781 Bürger den Appell an die Eigentümer der Auskunftei. Diese sollen demnach ihr Vorverkaufsrecht nutzen und dafür sorgen, dass keine Schufa-Anteile an undurchsichtige Investorengruppen gehen. EQT dürfe nicht Zugriff auf Profile von fast 70 Millionen Menschen in Deutschland bekommen. Der Konzern habe zwar erklärt, Datenschutzinteressen konsequent zu verfolgen. Berichten zufolge gehe es ihm aber vor allem um Rendite.

"Schufa-Daten sind hochsensibel", erklärte Antonia Becher von Campact. "Sie wirken sich auf unser Leben aus, entscheiden, ob jemand eine Wohnung bekommt, ein Haus bauen oder ein Unternehmen starten kann." Solche wichtigen Informationen dürften nicht zum Spielball von Finanzinvestoren werden. Zudem müsse die Schufa endlich transparent machen, "wie sie die Bonität von Menschen berechnet. Auch das ist bislang eine einzige Blackbox."

Der hessische Datenschutzbeauftragte Alexander Roßnagel, der für die Schufa zuständig ist, brachte vorige Woche wenige Bedenken gegen einen Verkauf vor: "Datenschutzrecht gilt für die Schufa Holding AG unabhängig davon, wie die Aktionäre zusammengesetzt sind", betonte er gegenüber den Zeitungen der Funke-Mediengruppe. Es könnte für den Datenschutz sogar von Vorteil, dass EQT die Transparenz der Datenverarbeitung für die betroffenen Personen etwa über ein "Datencockpit" erhöhen, eine stärkere Orientierung am Verbraucherschutz in Aussicht stelle und verspreche, dass Datensätze nicht außerhalb Europas gespeichert würden.

"Hinweise, wie die Bonität verbessert werden kann, oder ein elektronisch gestütztes Beschwerdemanagement, in dem jede betroffene Person Fehler in den Daten einfach melden und korrigieren lassen kann, sind zukunftsweisend", unterstrich Roßnagel. Wer solche Pläne umsetze, "ist für den Datenschutz letztlich weniger entscheidend".

Roßnagels Vorgänger Michael Ronellenfitsch hatte 2018 Pannen bei der Schufa aufgedeckt. Bei einigen wenigen Beschwerden ging es demnach um die brisante Tatsache, dass "negative Bonitätsinformationen falschen Personen zugeordnet worden" seien. Der Europäische Gerichtshof prüft momentan, ob das Erstellen von Score-Werte der Schufa über Individuen und deren unkommentierter Transfer an Dritte wie Banken unter Artikel 22 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) fällt. Dieser besagt, dass Personen prinzipiell "nicht einer ausschließlich auf einer automatisierten Verarbeitung – einschließlich Profiling – beruhenden Entscheidung unterworfen" werden dürfen".

(tiw)