Fujitsu kündigt das Mainframe-Aus an – und schmiedet neue Mainframe-Pläne

Das Aus für den Mainframe, Fujitsu beendet sein Engagement – mit einer wichtigen Einschränkung: Für BS2000 steht viel Neues an.

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(Bild: Fujitsu)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Berthold Wesseler
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Der japanische Konzern Fujitsu hat angekündigt, im Jahr 2030 den Verkauf seiner Global-Server-Mainframes und deren Support im Jahr 2035 zu beenden. Außerdem wird der Verkauf der SPARC-Server mit dem Unix-Betriebssystem Solaris im Jahr 2029 eingestellt, der Support dieser Systeme im Jahr 2034. Nicht direkt betroffen von dieser Entscheidung ist das von Siemens übernommene Mainframe-Betriebssystem BS2000; es soll noch solange weiter entwickelt werden, wie es einen Bedarf auf dem Markt gibt – und der geht nach firmeneigener Einschätzung „weit über das Jahr 2030“ hinaus. Heute liegt die Kundenzahl im dreistelligen Bereich; Schätzungen gehen von rund 300 Kunden aus.

„Die Ankündigung betrifft einzig und allein die Global-Server-Systeme von Fujitsu und nicht das Betriebssystem BS2000“, stellt Fujitsu-Manager Florian Holl im Gespräch mit iX klar. BS2000 funktioniere zwar auf Mainframes mit ESA/390-Architektur von IBM, sei schon seit Anfang der 1990er Jahre in Richtung Offenheit für Anwendungssoftware neu ausgerichtet, in BS2000/OSD (Open Server Dimension) umgetauft und zunächst 1996 auf die RISC-Architektur der Firma MIPS, 2002 auf SPARC und 2009 auch auf Intel-Server portiert worden. Das aktuelle BS2000 Betriebssystempaket wurde – umbenannt in BS2000 OS DX V1.0 – im letzten Jahr freigegeben.

Obwohl das Betriebssystem auf unterschiedlichen Hardware-Architekturen läuft, wird auch für die Anwendungen darauf der objektkompatible Ablauf garantiert. Das heißt: S/390-Anwendungen können ohne Neuübersetzung auf Intel-Rechnern eingesetzt werden. Durch die notwendige Emulation des S/390-Befehlssatzes ist die Performance von nicht neu übersetzen Programmen nicht immer optimal.

Anfangs reichte die Performance auf MIPS-Plattformen nur für den Entry- und Midrange-Bereich „Inzwischen sind wir ein gutes Stück weiter“, zeigt sich Holl sehr zuversichtlich, „dass wir bis 2030 auf Intel bei der Performance in einem sehr ähnlichen Bereich sind wie heute bei den /390-Maschinen. Wir sind also so aufgestellt, dass wir dann BS2000 OS DX unabhängig von /390-Hardware weiter betreiben können. Schon heute sind einige unserer großen BS2000-Kunden vollständig auf der x86-Plattform“.

Mainframes bei IBM einzukaufen und unter Fujitsu-Label zu vermarkten, sei in keiner Form geplant. „Wir sind dann vollkommen unabhängig von IBM und brauchen auch keine Lizenzverträge“, fügt Holl an. „Wir können heute BS2000-Workloads auf Intel betreiben, die vor fünf Jahren noch Highend waren.“ Es sei auf jeden Fall noch eine Hardware-Ankündigung für BS2000 geplant – und auch die On-Premises-Schiene werde weiterhin voll und ganz unterstützt.

„Fujitsu hat eine neue Roadmap erstellt, die einen Zeitplan für die Verlagerung seiner Mainframes und Unix-Server in die Cloud enthält, wobei die bestehenden Geschäftssysteme schrittweise verbessert werden, um die Erfahrung für die Endbenutzer zu optimieren“, heißt es in der Presseinformation. Der Schritt würde die Modernisierung der Kunden-Systeme fördern – und der Zeitrahmen bis 2030 würde „ausreichend Zeit und Berücksichtigung für den Übergang gewährleisten“.

Fujitsus neue Roadmap für seine Mainframes und Unix-Server bis 2035

(Bild: Fujitsu)

Gemäß dieser Roadmap soll im Jahr 2024 ein neues GS21-Mainframe-Modell auf den Markt kommen, für das es bis 2035 Support geben soll. Bereits Ende 2022 ist mit einer Erweiterung der SPARC-Server um neue Komponenten zu rechnen – und möglicherweise erneut im Jahr 2026. Für 2034 hat Oracle den erweiterten Support für das Solaris-Betriebssystem abgekündigt, das auf den SPARC-Prozessoren von Fujitsu läuft. Oracle hatte das Aus für die SPARC-Architektur, die mit dem Kauf von Sun Microsystems erworben worden war, bereits im Jahr 2017 angekündigt.

Die GS21-Mainframes wurden zuletzt im Jahr 2018 aktualisiert. Das System hat seine Wurzeln in der Amdahl Corporation, die seit ihrer Gründung in den 1970er Jahren mit dem japanischen Unternehmen zusammengearbeitet hat, bevor sie 1997 eine hundertprozentige Tochtergesellschaft wurde. In dem Jahr hatte Fujitsu auch einen lange schwelenden Patentstreit mit IBM gegen die Zahlung von 1 Milliarde US-Dollar beigelegt – und seither die IBM-Technik genutzt.

Beim Refresh 2018 hatte sich das Unternehmen zum Ziel gesetzt, in den drei Jahren von 2018 bis 2020 weltweit 800 Einheiten aller Mainframes zu verkaufen; es ist unklar, ob dieses Ziel erreicht wurde. IBM hält ebenfalls am Mainframe fest: Letzten Monat bestätigte Big Blue noch einmal, dass die neueste Version der z-Mainframes mit dem Telum-Prozessor „irgendwann Ende des zweiten Quartals 2022“ auf den Markt kommen sollen. Die Zahl der Mainframe-Kunden von IBM wird auf 5.000 bis 6.000 geschätzt.

(fo)