Leistungsschutzrecht: Facebook ignoriert Millionenforderungen deutscher Verleger

Die Facebook-Mutter Meta wolle das hiesige Leistungsschutzrecht für Presseverleger nicht anerkennen, beklagt eine Verwertungsgesellschaft.

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(Bild: Derick Hudson/Shutterstock.com)

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Der Streit zwischen der Facebook-Mutter Meta und Corint Media über die Nutzung von Presseinhalten verschärft sich. Die Verwertungsgesellschaft hatte Anfang Dezember gegenüber Meta für die Lizenzierung von derzeit etwa 260 Presse-Domains im Internet eine Forderung über 190 Millionen Euro für 2022 erhoben und den US-Konzern zu Gesprächen aufgefordert. Die sind nun offenbar gescheitert: Meta erklärt laut Corint Media das deutsche Leistungsschutzrecht für Presseverleger im Internet für nicht auf Facebook anwendbar.

Von den Nutzern auf dem sozialen Netzwerk eingestellte Inhalte seien "entweder vom Schutz ausgenommen" oder bereits "durch die von den jeweiligen Rechteinhabern erteilten Genehmigungen abgedeckt", zitiert die Verwertungsgesellschaft aus einer Stellungnahme von Meta. Der Betreiber habe sich "nicht in der Lage befunden, die Grundlage für die von Ihnen aufgestellten Behauptungen zu überprüfen".

Corint Media hatte Meta nach eigenen Angaben schon seit September wiederholt Verhandlungen über einen Lizenzvertrag beziehungsweise eine Interimsvereinbarung angeboten. Damit sollte zumindest "die rechtswidrige Nutzung der seit Juni 2021 geltenden Presseleistungsschutzrechte durch Facebook" und andere Meta-Dienste wie Instagram beendet werden. Schon im Verlauf dieser Gespräche bestritt der Konzern, eine einschlägige Lizenz erwerben zu müssen.

Es gebe ein "fundamentales Missverständnis" darüber, wie Facebook arbeite, schrieb Jesper Doub, Leiter für Partnerschaften mit Medienorganisationen bei Meta, an die Verwertungsgesellschaft. Presseveröffentlichungen erschienen bei Facebook nur, wenn sie dort von Verlagen selbst hochgeladen oder von Privatpersonen verlinkt würden, um sie "mit Freunden und der Familie" zu teilen. Im ersten Fall sei die Anzeige auf Grundlage der von Facebook verwendeten Allgemeinen Geschäftsbedingungen erlaubt. Bei privaten Links sei das Presseleistungsschutzrecht gar nicht einschlägig.

Den noch einmal untermauerten Standpunkt des Betreibers hält Corint Media für "überraschend". Die vorgebrachten Gegenargumente seien im hiesigen Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Reform der EU-Urheberrechtsrichtlinie bereits angesprochen und vorweggenommen worden. Zudem messe Meta offenbar mit zweierlei Maß, da das Unternehmen "nach langwierigen Auseinandersetzungen und hohem öffentlichen Druck in Frankreich bereits Zahlungen für die Nutzung von Presseinhalten" leiste. Es habe sich im Oktober mit der Verlegerorganisation Alliance de la Presse auf Zahlungen an Presseverleger ausdrücklich für die Rechtenutzungen in Facebook geeinigt.

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Jean-Marie Cavada, Vorsitzender der französischen Verwertungsgesellschaft Société des Droits Voisins de la Presse (DVP) und einstiger Vizevorsitzender des Rechtsausschusses im EU-Parlament, freute sich, dass Facebook in Frankreich damit begonnen habe, "die Presse zu vergüten und zwar unabhängig davon, ob die Inhalte von den Rechteinhabern, den Presseverlegern selbst oder von Dritten hochgeladen werden". Metas Verteidigungslinie in Deutschland sei daher "völlig widersprüchlich" und unvereinbar mit der Bedeutung und dem Geist der Artikel 15 und 17 der Urheberrechtsrichtlinie. Diese seien in Deutschland "unter denselben Bedingungen wie in Frankreich umgesetzt worden".

Meta falle auch hierzulande unter die Definition eines Diensteanbieters nach dem neuen Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz, heißt es bei Corint Media. Darin werde klargestellt, dass der Betreiber selbst geschützte Inhalte nutze, auch wenn diese von Mitgliedern auf Facebook hochgeladen würden.

Markus Runde und Christoph Schwennicke, Geschäftsführer der Verwertungsgesellschaft, sehen nun das Bundeskartellamt gefordert, um das geltende Recht durchzusetzen. Sie unterstellen Meta die Absicht, "überfällige Zahlungen an die Presseverleger zu vermeiden". Es sei aber "weder für die Verleger als Rechteinhaber noch für den gewaltenteiligen Staat hinnehmbar, dass sich Facebook seit fast einem Jahr der geltenden Rechtsordnung entzieht". Es gelte, die freie Presse finanzierbar zu halten und einen Ausgleich herzustellen für die Nutzungen aufwendig und kostspielig erstellter journalistischer Inhalte.

Corint Media legte im Oktober auch Google einen Lizenzvertrag vor und verlangte für 2022 hier 420 Millionen Euro. Der Suchmaschinenriese wies die Forderung als haltlos zurück. Er bot stattdessen im März eine Zahlung von 3,2 Millionen an. Die Verwertungsgesellschaft geht seit Kurzem zudem gerichtlich gegen Microsoft vor, nachdem fast zweijährige Gespräche über die Lizenzierung von Presseinhalten durch die Suchmaschine Bing nicht den erwünschten Erfolg gebracht hätten. Corint Media vertritt Verleger wie Axel Springer, Madsack und die Rheinische Post.

(tiw)