Lügendetektor-Programm TrusterPro dient nicht der Wahrheitsfindung

Eine zuverlässige Entdeckung von Lügen oder Lügnern ist mit der Software TrusterPro nach Untersuchungen Mainzer Wissenschaftler nicht möglich.

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Von
  • Peter-Michael Ziegler

Eine zuverlässige Entdeckung von Lügen oder Lügnern ist mit der Software TrusterPro nicht möglich. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftler der Abteilung Allgemeine Experimentelle Psychologie an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Bei TrusterPro handelt es sich um ein Computerprogramm, das eine so genannte Stimmstressanalyse durchführt und weltweit zum Preis von rund 5.000 US-Dollar vertrieben wird. Eingesetzt wird es bei Banken und Versicherungen, die so die Glaubwürdigkeit ihrer Kunden testen wollen. Wie die Mainzer Forscher jetzt nachgewiesen haben, ist die Trefferquote des Programms jedoch kaum besser als das Ergebnis beim Wurf einer Münze.

"Wir sind zumindest äußerst skeptisch", kommentiert Dr. Hans-Georg Rill die jüngsten Untersuchungsergebnisse. "Im Vergleich zu den klassischen Variablen wie Hautleitfähigkeit, Atmung und Herzschlag ist der Beitrag des TrusterPro zur Wahrheitsfindung nicht der Rede wert", so Rill. Die Untersuchungen der Mainzer Forscher erfolgten mit Hilfe des so genannten Tatwissentests, der in der forensischen Psychophysiologie zum Aufdecken einer etwaigen Täterschaft eingesetzt wird: Verdächtige Personen müssen dabei Fragen zum Tatwissen beantworten und werden je nach Körperreaktion als schuldig oder unschuldig eingestuft.

Die Mainzer Psychologen hatten zu diesem Zweck 60 männliche Probanden im Alter zwischen 19 und 56 Jahren untersucht. Die Hälfte sollte zum Schein in einem öffentlich zugänglichen Gebäude Geld und Kreditkarten stehlen. Die andere Hälfte der Teilnehmer hatte ebenfalls bestimmten Aufforderungen nachzukommen, besaß aber kein Detailwissen über den Diebstahl. Bei dem anschließenden Test ergaben Messungen der Hautleitfähigkeit, Atmung und Herzfrequenz eine Gesamttrefferquote von 95 Prozent. Bei den unschuldigen Personen wurden 97 Prozent korrekt identifiziert, was bedeutet, dass nur eine Person von 30 fälschlicherweise als schuldig eingestuft wurde. Die Täter konnten zu 93 Prozent entlarvt werden.

Völlig anders fiel dagegen das Ergebnis bei der Stimmstressanalyse mit TrusterPro aus: Die Gesamttrefferquote von 57 Prozent lag nur marginal über dem Ergebnis, das durch rein zufällige Zuordnung der Probanden zur Gruppe der Täter beziehungsweise zur Gruppe der Unschuldigen zu erwarten wäre. Um einen Täter zu entlarven oder Unschuldige freizusprechen, hätten die Tester fast genauso gut eine Münze werfen können. Der Unterschied zwischen den Ergebnissen bei den physiologischen Reaktionen, also Hautleitfähigkeit, Atmung und Herzfrequenz einerseits und der Stimmstressanalyse durch TrusterPro andererseits sei "eklatant", befanden die Psychologen.

Die Ergebnisse der Mainzer Forschungsgruppe decken sich mit zwei Studien aus den USA, die nach Darstellung von Rill ebenfalls "recht desillusionierende Befunde" erbracht hätten. Dennoch, so der Psychologe, werde das Gerät etwa bei Sicherheitschecks auf Flughäfen angewandt und möglicherweise auch von der Polizei eingesetzt. "Der Glaube, dass TrusterPro vom israelischen Geheimdienst entwickelt wurde, gibt ihm das entscheidende Flair und wiegt die Kunden in Sicherheit." (pmz)