Breitband-Ausbau: "Das Geld ist da – wir müssen es nur noch verbauen"

Der Ausbau der Gigabit-Netze kommt nicht schnell genug voran. Auf der Fachmesse Anga Com fordern Netzbetreiber schnellere Genehmigungsverfahren.

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Digital-Gipfel auf der Anga Com 2022.

(Bild: heise online/Kleinz)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Die deutschen Netzbetreiber sind optimistisch, dass sie den Glasfaser-Ausbau beschleunigen können – sofern die Bundesregierung ihre Zusagen aus dem Koalitionsvertrag erfüllt. Auf der Fachmesse Anga Com in Köln zeigte sich aber: Die Branche legt sich auch gegenseitig Steine in den Weg.

Auf dem "Digital-Gipfel" zur Eröffnung der Messe am Dienstagvormittag standen Forderungen an die Politik an erster Stelle. Die Vertreter der Netzbetreiber zeigen sich zwar mit der Gigabit-Strategie des für das Digitale zuständigen Ministers Volker Wissing (FDP) im Prinzip einverstanden. Von der bisherigen Arbeit des Digitalministeriums sei er aber enttäuscht, sagte Thorsten Dirks, CEO der Deutschen Glasfaser.

Trotz jahrelanger Klagen der Branche habe sich bei dem Thema Genehmigungen bisher in der Praxis nichts verbessert, klagte Dirks. Von Kommune zu Kommune gebe es immer noch unterschiedliche Prozesse. Kostensparende Verlegemethoden würden ohne Begründung untersagt. "Wir machen im Trenching vier Mal mehr Meter als im klassischen Tiefbau", erläuterte Dirks. Obwohl das Verfahren, bei dem die Leitungen nur Knapp unter der Asphaltdecke verlegt werden, inzwischen gesetzlich abgesichert sei, würde es von den lokalen Behörden oft verweigert.

Die Betreiber erwarten nun vom Bund, dass er Druck auf die Länder ausübt, damit sie die Genehmigungsverfahren beschleunigen und vereinfachen. Da die Fördergelder ohnehin mehrheitlich vom Bund kämen, müsse er hier auch eine klarere Rolle einnehmen. Allerdings sollen die Bundeskassen nicht zu weit geöffnet werden: Mittlerweile stünden 50 Milliarden Euro für den privatwirtschaftlichen Ausbau bereit. Die Betreiber befürchten, dass die Fördergelder lediglich die Preise nach oben treiben. "Das Geld steht zur Verfügung - wir müssen es nur noch verbauen", sagte Dirks.

Doch selbst wenn die Bundesregierung die Wünsche der Netzbetreiber vollumfänglich erfüllt, gibt es Probleme. Zwar bekundeten alle Branchenvertreter auf der Anga Com, den Ausbau so effizient wie möglich gestalten und Parallelstrukturen vermeiden zu wollen. Doch jeder sieht in seiner eigenen Infrastruktur den Schlüssel zum schnellen Erfolg. Andreas Laukenmann, der das Privatkundengeschäft bei Vodafone Deutschland verantwortet, lobte das eigene Gigabit-Angebot über Koaxial-Leitungen, das mittlerweile von 1,3 Millionen Kunden genutzt werde.

Netcologne-Geschäftsführer Timo von Lepel betonte jedoch, dass die Technik, bei der die Glasfaser-Leitungen allenfalls hausnah verbaut werden (FTTC), der direkten Glasfaser-Versorgung (FTTH) haushoch unterlegen sei. Selbst wenn damit teilweise Gigabit-Anschlüsse prinzipiell möglich seien, sei die Technik weitaus störanfälliger als die Alternativen. Daher sei es notwendig, dass sich die Betreiber darauf einigten, auch Glasfasernetze der Konkurrenten zu nutzen, wenn diese einmal verlegt werden. Zwar sinke dann die Gewinnspanne im Einzelfall, aber insgesamt sei der Ausbau effizienter. Netcologne selbst sei jedenfalls bereit, seine FTTC-Kunden in das FTTH-Netz eines Konkurrenten zu migrieren.

Bei den Branchenriesen Telekom und Vodafone stieß das nur auf lauwarme Zustimmung. Zwar verwies der Telekom-Deutschlandchef Srini Gopalan auf mehrere Partnerschaften, die der Konzern inzwischen eingegangen sei. Doch von seiner Kupfertechnik will der Konzern so spät wie möglich Abstand nehmen. Telekom und Vodafone schoben ihre Kunden vor: Diese müssten die Wahl haben, auf die Übergangstechnologien wie Vectoring und Docsis zuzugreifen. Ein neuer Branchen-Kompromiss, wie man den Parallel-Ausbau konkurrierender Anbieter vermeiden will, steht nach diesem Digital-Gipfel nicht in Aussicht.

(vbr)