Erfolg für "Polizeistreife im Web"

Ermittler der Polizei fahnden in Chat-Räumen und Newsgroups nach Straftatbeständen -- in einem aktuellen Fall nach Angaben des Bundeskriminalamts mit Erfolg.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 279 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • dpa

Die Aufdeckung des mutmaßlichen Täters im so genannten Kannibalismus-Fall von Rotenburg wertet Bundeskriminalamts-Sprecher Christian Brockert als Beleg für den Erfolg der "Streife im Internet". "Jeden Tag surfen rund 20 Beamte durchs Internet und suchen unabhängig vom Anlass nach möglichen Straftatbeständen", sagte Brockert am Wochenende. Bund und Länder haben die Zentralstelle für anlassunabhängige Recherche in Datennetzen (ZaRD) vor vier Jahren nach dem zunehmenden Onlineverkehr gegründet.

"Die meisten versuchen sich in der Anonymität des Internets zu verstecken. Im Internet hinterlässt aber jeder Spuren, die wir dann verfolgen", sagte Brockert. Die Online-Streife überprüfe Internetseiten und suche Chat-Räume ab. Auch Newsgroups seien im Visier der Fahnder. Über die weitere Vorgehensweise wollte Brockert keine Angaben machen, um die polizeilichen Ermittlungen nicht zu gefährden.

Im Fall des 41-jährigen Computerexperten aus Rotenburg, der sein Opfer über eine Kontaktanzeige im Internet kennen gelernt hatte, brachte allerdings erst der Hinweis eines Bürgers die polizeilichen Computerexperten auf die Spur. Der Medienrechtler Wolfgang Schulz vom Hamburger Hans-Bredow-Institut ermahnte gestern die Betreiber von Websites zu mehr Aufmerksamkeit. "Wer eine solche Anzeige annimmt und einem Täter sein Opfer zuführt, der macht sich der Beihilfe zur Tötung auf Verlangen strafbar". Eine Tötungsaufforderung im Internet verstößt nach Ansicht von Schulz auch gegen den Jugendschutz im Medienrecht. "Darstellungen, die die Menschenwürde verletzen, sind verboten." Wenn eine solche Anzeige in einem Online-Chatforum aufgegeben werde, sei der Fall jedoch anders zu beurteilen. "Solche Foren sind vom Chat-Betreiber nur schwer zu kontrollieren."

Schulz rief die Medien zugleich dazu auf, mit Rücksicht auf Kinder und Jugendliche auf eine reißerische Berichterstattung über den Rotenburger Fall zu verzichten. "Untersuchungen zeigen, dass Kinder gerade mit der realistischen Darstellung von Gewalt besondere Probleme haben. Dagegen können sie fiktionale Gewalt wie in Filmen besser verarbeiten." ((dpa)/ ()