Greenpeace: TÜV hat Atomkraftwerke unseriös begutachtet

Das AKW Isar 2 könne weiterlaufen, das AKW Gundremmigen C wieder angeschaltet werden, meint der TÜV Süd. Das sei ein Gefälligkeitsgutachten, sagen nun Juristen.

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AKW Isar

(Bild: Preussenelektra)

Lesezeit: 3 Min.

Befürworter längerer Laufzeiten für Atomkraftwerke in Deutschland verweisen häufig auf ein Gutachten des TÜV Süd, laut dem das Atomkraftwerk Isar 2 weiterbetrieben und der Betrieb des AKW Gundremmingen C wieder aufgenommen werden kann. Dieses Gutachten sei eine "schlampig argumentierende Auftragsarbeit", meint nun eine Hamburger Rechtsanwaltskanzlei im Auftrag der Umweltorganisation Greenpeace. Auch ergebe sich der Eindruck, der TÜV lasse geltendes Atomrecht außer Acht. Das Gutachten könne nicht als seriöse Bewertung anerkannt werden.

Das Gutachten des TÜV Süd " Bewertung der konkreten erforderlichen technischen Maßnahmen für einen Weiterbe trieb des KKI 2 bzw. eine Wiederinbetriebnahme des Blocks C des KRB II " (PDF) im Auftrag des bayerischen Umweltministeriums war Mitte Juni bekanntgeworden. Es diente beispielsweise der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag als Argument in einem Entschließungsantrag für die Verlängerung der Laufzeiten der deutschen Atomkraftwerke. Die Oppositionsparteien hatten der Bundesregierung vorgeworfen, die Möglichkeit bis dahin nicht ergebnisoffen geprüft zu haben.

Die Bewertung sei "offenbar für den Einsatz als Waffe in der aktuellen Diskussion über eine Laufzeitverlängerung in der politischen Arena bestimmt" gewesen, heißt es in dem Hamburger Rechtsgutachten (PDF) im Auftrag von Greenpeace. Der TÜV Süd bescheinige, was der Auftraggeber wünsche. "Unabhängig vom Zustand und ohne Überprüfung der AKW steht für den TÜV das Ergebnis bereits fest", sagte Heinz Smital, Atomphysiker und Greenpeace-Atomexperte. Auch die offenkundig kurze Bearbeitungsdauer des TÜVs nähre den Verdacht, "dass hier ein Gefälligkeitsgutachten erstellt worden ist", schrieben die Anwälte.

Konkret schreiben die Hamburger Juristen, damit der Betrieb eines AKW neu genehmigt werden könne, müsste das Atomgesetz geändert werden. Das sei verfassungskonform nicht ohne Regelungen möglich, durch die die Anlagen nach dem Stand der Wissenschaft und Technik nachgerüstet würden. Auch AKW weiterzubetreiben sei rechtlich nicht möglich, da die Genehmigung der drei noch laufenden deutschen AKW Ende 2022 erlischt. Hier müsste ebenfalls gesetzlich dafür gesorgt werden, dass die Anlagen auf den neuesten Stand gebracht werden.

Zu dem Ende 2021 abgeschalteten AKW Gundremmingen hatte der TÜV Süd befunden, alle seitdem unternommenen Schritte zur Stilllegung könnten zurückgenommen werden. Die dafür nötigen betrieblichen Regelungen seien vorhanden, das atomrechtliche Aufsichtsverfahren würde etwa sechs Monate dauern. Zum AKW Isar 2 meinte der TÜV Süd, es erfülle die Anforderungen des sicherheitstechnischen und sicherungstechnischen Regelwerks. Aus dieser Sicht habe der TÜV keine Bedenken, das AKW nach dem 31. Dezember 2022 weiterzubetreiben.

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Auch das Bundesamt für die Sicherheit der nuklearen Entsorgung (BASE) geht aktuell auf die Expertise des TÜV Süd ein. Das Gutachten enthalte keine Aussage darüber, ob das AKW Isar 2 auch das für einen Weiterbetrieb notwendige höhere Sicherheitsniveau erfüllen würde. Die letzte regelmäßig Sicherheitsüberprüfung, die dieses gewährleisten soll, habe es im Jahr 2019 gegeben, weitere Überprüfungen seien angesichts der Ende dieses Jahres anstehenden Abschaltung des AKW ausgesetzt worden.

(anw)