Leistungsschutzrecht: Netzsperre legt Teile des Internets in Österreich lahm

Eine Sperrung von IP-Adressen des Internetdienstleisters Cloudflare zog diverse Unbeteiligte in Mitleidenschaft. Ziel war eigentlich ein Musikportal.

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(Bild: Pixelvario/Shutterstock.com)

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Die zeitweilige Sperrung von IP-Adressen des Internetdienstleisters Cloudflare hat in Österreich eine neue Debatte über Netzsperren entfacht. Die von der Urheberrechtsorganisation LSG (Wahrnehmung von Leistungsschutzrechten GmbH) erwirkte Sperre bei den Providern galt eigentlich dem Musikportal CannaPower. Da jedoch nicht die Domains, sondern die IP-Adressen gesperrt wurden, zog die Sperraktion auch Unbeteiligte in Mitleidenschaft. Die Provider sind gesetzlich dazu verpflichtet, die Sperren umzusetzen. Inzwischen wurden die Sperren wieder zurückgenommen.

Die Probleme wurden am Sonntagabend bekannt, als plötzlich Webseiten wie die eines Onlineshops ohne ersichtlichen Grund nicht mehr abrufbar waren. Anhand einer öffentlich gemachten Liste von Netzsperren des österreichischen Providers Liwest wurde rasch klar, dass sich die betroffenen Seiten beim Cloud-Internetdienstleister Cloudflare die IP-Adresse mit CannaPower teilen. Darüber hinaus besteht jedoch keine Verbindung zwischen den Seiten.

Die Bürgerrechtsorganisation Epicenter.works spricht von einem "Overblocking". Es sei das erste Mal gewesen, dass IP-Adressen und nicht nur Domainnamen gesperrt wurden. "Was da gestern im Internet in Österreich los war, ist so, als würde man ein ganzes Hochhaus oder Einkaufszentrum sperren, weil in einem Geschäft etwas geklaut wurde", sagt Sprecher Dominik Polakovics. Cloudflare hoste als Content Delivery Network (CDN) knapp jede fünfte der 10 Millionen am meisten besuchten Websites. Entsprechend massiv seien die Auswirkungen, wenn IP-Adressen des Unternehmens auf Sperrlisten geraten.

Die nationalen Netzsperren sind für Internetnutzer unter Zuhilfenahme von VPN-Dienstleistern zu umgehen. Auch in Deutschland wird Canna.to blockiert, teilt das Musikportal auf seiner Seite mit. Hier stimmte der Prüfungsausschuss der Clearingstelle Urheberrecht im Internet (CUII) bereits Anfang März 2021 für eine DNS-Sperre. Auch in Deutschland werden die DNS-Sperren von Bürgerrechtlern als Bedrohung der Grundrechte angesehen.

Epicenter.works wirft der Politik in Österreich massive Versäumnisse vor und vermisst einen klaren rechtlichen Rahmen für Netzsperren. Auch der Provider Magenta erklärte gegenüber "Der Standard", dass es seit einem höchstgerichtlichen Urteil nicht mehr das Feststellungsverfahren gebe, mit dem vorab rechtssicher die Zulässigkeit einer Sperre überprüft werden kann. Die Interessenvertretung der österreichischen Internetwirtschaft (ISPA) fordert eine unabhängige Behörde.

(mki)