Gnome 43: Feinschliff für Anwendungen und Oberfläche

Modellpflege: Der Linux-Desktop Gnome 43 überarbeitet den Dateimanager, portiert das neue Terminal auf GTK4 und verabreicht Schnelleinstellungen in Pillenform.

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Von
  • David Wolski
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Sechs Monate nach dem letzten Release hat das Gnome Projekt eine überarbeitete Version des Linux-Desktops veröffentlicht, der Linux-Distributionen wie Ubuntu, Debian und Fedora als Standardoberfläche dient. Die Veröffentlichung von Gnome 43 ist deshalb auch eine Vorschau darauf, was Fedora Linux 37 und Ubuntu 22.10 im Oktober 2022 an Neuigkeiten auf dem Desktop präsentieren.

Gnome 43 liefert ein neu gestaltetes Systemmenü mit Schnelleinstellungen in der oberen rechten Ecke. Neben elliptischen Schaltflächen hat es eine neue Aufteilung mit nützlichen Abkürzungen bekommen: Wifi-Netzwerke, Audio-Ausgänge sowie Energieprofile sind in den pillenförmigen Buttons in aufklappende Untermenüs gewandert. Bluetooth, Flugmodus und ein dunkler Farbmodus, mit einem Klick aktiviert oder deaktiviert.

Unter den Gnome-Programmen hat der noch junge, vereinfachte Terminal-Ersatz "Console" und der Gnome-Dateimanager eine Aktualisierung auf das Toolkit GTK4 bekommen, wobei der Dateimanager jetzt als Aushängeschild für das neue Toolkit und die Bibliothek libadwaita gelten kann. Die Aufteilung des Fensters passt sich dessen Größe an, die Seitenleiste blendet automatisch aus, wenn das Fenster zu klein wird und der überarbeitete Listenmodus erlaubt eine bequeme Auswahl von Objekten per Maus.

In den Gnome-Einstellungen zeigt ein neuer Punkt "Device Security" Informationen zur Firmware des PCs und erkannter interner Geräte an. Auch Firmware-Updates, die Hersteller über den Linux Vendor Firmware Service (LVFS) bereitstellen, sollen Nutzer hier über das etablierte Tool "fwudp" aktualisieren können.

Ungewöhnlich für Gnome: Funktionalität und Menüpunkte sind im Dateimanager keiner Aufräumaktionen zum Opfer gefallen und es gibt sogar Ergänzungen. Über die Adressleiste lässt sich der aktuelle Ordner im Terminal öffnen und die Kontextmenüs von externen Datenträgern bieten an, das Laufwerk zu formatieren. Die Gnome-Kalenderanwendung wurde bereits auf GTK4 portiert und hat ebenfalls neue Funktionen im Gepäck. Im Stil des Dateimanagers gibt es eine Seitenleiste zur Datumsauswahl und eine Anzeige der tagesaktuellen Termine. Die Gnome-Zeichentabelle gibt Emojis nicht mehr als Unicode-Zeichen weiter, sondern als Ligatur, um die Kompatibilität mit anderen Anwendungen und webbasierten Diensten zu verbessern.

Gnome 43 (5 Bilder)

Schalter in Pillenform:

Im neu gestalteten Statusmenü legt Gnome 43 einige Schaltflächen ab, die nur als Abkürzungen für häufiger benötigte Einstellungen dienen, welche zuvor tiefer in Menüs verborgen waren.

Der eigene Webbrowser in Gnome, früher als "Epiphany" bekannt, kann nun mit Firefox Sync zum Abgleich von Lesezeichen und Chronik sowie mit einigen Browser-Extensions umgehen. Es funktionieren noch nicht alle der Cross-Browser-Extensions, wie sie auch Firefox und Google Chrome oder Chromium unterstützen. Von Haus aus ist die Installation von Add-Ons im Dateiformat XPI deshalb vorerst noch abgeschaltet. Abhilfe schafft eine Dconf-Änderung für Gnome Web über den Befehl gsettings set org.gnome.Epiphany.web:/org/gnome/epiphany/web/ enable-webextensions true.

Dann erscheint der Punkt "Erweiterungen" im Browsermenü. Dort kann ein Klick auf "Hinzufügen" eine heruntergeladene XPI-Datei als Add-On testweise einbinden. Erst wenn die API für Web-Extensions eine Parität mit Firefox erreicht hat, wollen die Gnome-Entwickler den Menüpunkt standardmäßig einblenden. Aktuell ist der Gnome-Webbrowser aber bereits nützlich, um webbasierte Apps im Stil nativer Programme als Starter anzulegen. Solche Web-Anwendungen stellt Gnome Web dann ohne separate Adressleiste dar.

Wer jetzt schon einen Blick auf Gnome 43 werfen mag, bekommt vom Gnome Projekt ein minimales, installierbares System als ISO-Datei, das sich für virtuelle Maschinen eignet. Von diesem System stammen auch die hier eingestellten Bildschirmfotos. Im Test mittels KVM-Virtualisierung verlangte das offizielle Gnome-System dabei einen VGA- oder Virtio-Grafiktreiber, denn es fehlt eine ausgewachsene Hardwareunterstützung.

Alternativ lässt sich Gnome 43 mit Fedora Workstation 37 in der Beta-Version ausprobieren, das als Live-System vorliegt und nur sehr wenige Modifikationen an am Desktop vornimmt. Auch Ubuntu 22.10, das am 20. Oktober 2022 erscheinen soll, liegt schon in einer Vorschauversion vor und wird Teile von Gnome 43 enthalten. Ubuntu setzt dabei wieder auf einen Mix an Komponenten sowie auf eigene Gnome-Erweiterungen, die den Desktop mit dem Ubuntu-typischen Dock ergänzen. Es ist jetzt schon absehbar, dass Ubuntu die neue Übersicht "Device Security" nicht übernehmen wird.

(ndi)