IT-Mittelstand warnt vor digitaler Abhängigkeit von China und USA

82 Prozent des Bedarfs an digitalen Technologien würden in Deutschland aus dem Ausland gedeckt, warnt der BITMi-Verband. Die Politik müsse rasch gegensteuern.​

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(Bild: Weitwinkel/Shutterstock.com)

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"Wachsende Abhängigkeiten von digitalen Technologien insbesondere aus China und den USA" haben hierzulande "ein besorgniserregendes Ausmaß" angenommen. Darauf weist der Bundesverband IT-Mittelstand (BITMi) in einem am Donnerstag veröffentlichten Brief an die Bundesregierung hin. Der Verband warnt vor einer "alarmierenden" Entwicklung, denn die Wertschöpfung der Zukunft werde "zu einem überwältigenden Teil im digitalen Raum stattfinden".

Bei der Einschätzung handle es sich nicht um eine "diffuse Wahrnehmung, sondern um eine messbare Entwicklung", betont der BITMi in dem Schreiben. So bescheinige der Digitale-Dependenz-Index (DDI), der den Grad der Abhängigkeit bei Software, Hardware und Immaterialgüterrechten wie Patentansprüchen erfasst, Deutschland "eine hohe Verwundbarkeit". Über 80 Prozent der Unternehmen fühlten sich bereits abhängig von nicht-europäischen Technologien.

Den DDI hat Maximilian Mayer von der Universität Bonn am Mittwoch in einem Diskussionsbeitrag für den BITMi vorgestellt. Demnach werden in Deutschland 82 Prozent des Bedarfs an digitalen Technologien von ausländischen Firmen beziehungsweise importierten Gütern und Dienstleistungen gedeckt. In den USA liegt der Wert nur bei 47 Prozent, in China bei 58 und in Südkorea bei 66 Prozent. Nur diese beiden asiatischen Staaten konnten demnach den Abstand zu den USA verkürzen.

Eine "sehr hohe Autonomie" ist laut dem DDI allein bei den Vereinigten Staaten zu finden. Inländische digitale Technologien befinden sich demnach dort "in einer dominanten Position". Auch in China sei die Vulnerabilität durch digitale Abhängigkeiten zumindest noch niedrig, auch wenn dort globale Märkte den Großteil der einschlägigen Programme und Services lieferten. In Deutschland liege der Anteil der Güter im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologien, die aus China importiert würden, bei 38 Prozent. Im EU-Durchschnitt beträgt er 34 Prozent.

"Von solch hohen Dependenzen gehen, wie wir bereits im Fall der Energieversorgung lernen mussten, konkrete Gefahren für unsere politische Selbstbestimmung aus", schreibt der BITMi. "Sie dürfen deshalb nicht den Punkt erreichen, an dem sie unumkehrbar werden." Gelinge es Deutschland und Europa nicht, im Bereich der zunehmend digitalen Geschäftsmodelle global wettbewerbsfähig zu bleiben, "werden wir unser Wohlstandsniveau zwangsläufig und absehbar verlieren".

Bei digitalen und datenbasierten Diensten und Innovationen müssten daher "made in Germany" beziehungsweise "made in Europe" vorrangig berücksichtigt werden, fordert der Branchenverband. 2021 wollte er bereits mit der Kampagne "Deutschland kann digital" zusammen mit anderen Verbänden die Leistungsfähigkeit der heimischen IT-Wirtschaft vorführen.

Die Wahrung der auch von der Ampel-Regierung vielbeschworenen digitalen Souveränität sollte künftig "ein notwendiges Kriterium für die Beschaffung digitaler Produkte und Dienstleitungen durch den Staat werden", macht sich die Vereinigung auch für Änderungen im Vergaberecht stark. Staatliche Aufträge im Bereich Software, Hardware oder Services müssten bei vergleichbarem Leistungsportfolio an denjenigen Anbieter erfolgen, der darüber hinaus auch die Einhaltung europäischer Standards etwa beim Datenschutz gewährleiste. Nur so würden "Vertrauen, Sicherheit und Handlungsfreiheit" gestärkt.

(vbr)