Lotusphere: IBM stellt Produkt-Roadmap für 2003 vor

IBM fährt langfristig eine zweigleisige Strategie: Als "Now Generation" werden die aktuellen Produkte wie Notes/Domino, weiterentwickelt, während "Next Generation" auf offene Standards setzt.

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Jeannette Horan, bei IBM für die gesamte Lotus-Produktentwicklung verantwortlich, stellte während der Eröffnungsveranstaltung der Entwickler- und Anwender-Konferenz Lotusphere die Product Roadmap für 2003 vor. IBM fährt demnach langfristig eine zweigleisige Strategie: Als Now Generation werden die aktuellen Produkte Notes/Domino, Quickplace, Sametime weiterentwickelt, während Next Generation auf "offene Standards" setzt. Das heißt in der IBM-Terminologie WebSphere (J2EE), DB2 (SQL), Tivoli (LDAP). Derzeit ist nicht erkennbar, dass Lotus in eigene, neue Technologien investiert. Vielmehr geht es darum, auf Basis der anderen Technologien der Softwaregroup Collaborative Components zu bauen, die sich in beliebige Anwendungen einbauen lassen.

Das erste Produkt der Next Generation ist das IBM Learning Management System (LMS) auf der Basis von WebSphere und DB2. Die Offline-Fähigkeiten, mit denen ein Schüler seinen Kurs auch ohne Verbindung zum Netz bearbeiten kann, beruhen hier erstmals nicht mehr auf der Replikationstechnologie von Notes. IBM kündigt LMS als sofort verfügbar an; es soll in ungefähr 2 Wochen ausgeliefert werden.

Das zweite Produkt trägt noch keinen Namen und wird derzeit als Next Generation E-Mail bezeichnet. Mit der Lotusphere beginnt die Betaphase; das fertige Produkt soll noch im zweiten Quartal geliefert werden. E-Mails werden zentral in DB2 gespeichert, die Anwendung hostet der Application-Server WebSphere, der Anwender nutzt einen Browser für den Zugang. IBM versteht dieses Produkt als Angebot für Unternehmen, denen iNotes zu aufwendig und zu teuer ist. Es soll auch Anwendern ohne eigenen Schreibtisch oder gar PC innerhalb von Unternehmen E-Mail erschließen.

Ebenfalls im zweiten Quartal 2003 soll das lang erwartete Lotus Domino Toolkit für WebSpere Studio erscheinen, dass die Nutzung bestehender Domino-Anwendungen in WebSphere erleichtert. In der Studio Workbench hat der Anwendungentwickler direkten Zugriff auf die Design-Elemente der Domino-Anwendung und kann diese unmittelbar in den Code der J2EE-Anwendung einbauen, ohne dafür eigenen Code schreiben zu müssen.

Etwas unspezfischer sind die Erscheinungsdaten einer Reihe anderer Produkte der Now Generation. Horan spricht hier vom zweiten Halbjahr 2003. Dazu gehören neue Versionen von Quickplace 3.x und Sametime 3.x, die dann auf Domino 6 aufbauen, sowie eine Version 6.5 genannte Nachfolgeversion der aktuellen Notes/Domino Produkte. Über Features und Funktionen von Notes/Domino 6.5 ist bisher noch nichts bekannt. Es wird erwartet, dass IBM dann auch Domino-Server in logischen Linux-Partitionen (LPAR) auf den zSeries-Mainframes unterstützen wird.

Als Element von Next Generation soll das zweite Halbjahr dann noch ein Tool zum Rapid Application Development (RAD) für WebSphere Studio bringen, mit dem Lotus die schnelle Anwendungsentwicklung von Domino-Designer in die J2EE-Architektur bringen will.

Zwischen den beiden Schienen sieht Horan die verschiedenen Versionen von WebSphere Portal Extend. Hier wird im ersten Quartal die Version 4.2 erscheinen, in zweiten Quartal folgt dann für dieses Produkt das so genannte Collaboration Center, mit dem IBM einige wichtige Funktionen des eigenen Intranet-Portals als kaufbares Produkt liefern will. In der zweiten Jahres-Hälfte steht dann WebSphere Portal 5.0 ins Haus.

Auch wenn sich die meisten Ankündigungen derzeit auf die Next Generation beziehen, wird IBM nicht müde zu betonen, dass der Notes/Domino-Architektur noch ein langes Leben beschieden sein wird. Das ist angesichts der bestehenden Infrastrukturen und Anwendungen durchaus glaubhaft: IBM hat schon viel weniger erfolgreiche Architekturen, denen man ein baldiges Ende prophezeit hat, über viele Jahre weiterentwickelt. Dazu muss man nicht einmal OS/2 bemühen; vielmehr sind auch Dinosaurier wie IMS oder CICS noch weit verbreitet. Ein kleiner Gradmesser ist wohl, wo IBM seine Produkte weiterpflegen lässt. So ist etwa die SmartSuite mittlerweile seit zwei Jahren in der Hand von IBM India. Auch Lotus Workflow hat es bereits dorthin verschlagen. (Volker Weber) / (jk)