RoboCup-WM: Ab Mittwoch wird es ernst

Am Vorabend der Roboter-Olympiade im österreichischen Graz waren die teilnehmenden Teams noch mit Vorbereitungen beschäftigt, doch gab es auch schon einen ersten Wettbewerb.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

In der Stadthalle Graz waren die Teilnehmer der 13. RoboCup-Weltmeisterschaft am heutigen Dienstag weiter damit beschäftigt, ihre Roboter zusammenzubauen, zu kalibrieren und für das morgen offiziell beginnende Turnier fit zu machen. Vereinzelt waren dabei immer wieder Roboter in Bewegung zu sehen. Auf den Feldern der Standard Platform League zeigten manche Nao-Roboter erstaunlich sicheres Laufverhalten, unternahmen erste Kickversuche und steigerten die Erwartungen an die ersten Spiele, die morgen um 10:30 Uhr angepfiffen werden. Gerade in dieser Liga, in der es ausschließlich um die Programmierung der für alle Teams gleichen Hardware geht, herrscht große Neugier, was für Programme die verschiedenen Teams wohl entwickelt haben.

Beim vierbeinigen Vorgänger des Nao, dem Roboter Aibo, hatte es äußerst individuelle Ansätze gegeben. Unvergessen ist zum Beispiel die unorthodoxe Gangart, die das Team rUNSWift von der australischen University of New South Wales für die Weltmeisterschaft 2000 entwickelt hatte: Die Roboter liefen nicht, wie ursprünglich vorgesehen, auf den Pfoten, sondern knickten die Vorderbeine ab und robbten sich gewissermaßen auf den Unterschenkeln vorwärts. Neben der höheren Geschwindigkeit ermöglichte das eine bessere Ballkontrolle und katapultierte die Australier auf den ersten Platz. Da der Nao heute in einem vergleichbaren Entwicklungsstadium ist wie der Aibo damals, gibt es eine gute Chance für erneute Überraschungen.

RoboCup-WM: Ab morgen wird es ernst (4 Bilder)

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Hoffen auf die geniale Idee: Das australische Team NUManoids von der University of Newcastle programmiert. (Bild: Hans-Arthur Marsiske)

Der Charme des RoboCup besteht unter anderem darin, dass er sich mit dem Gewinn der Fußballweltmeisterschaft bis zum Jahr 2050 ein wirklich nutzloses Ziel gesetzt hat. Doch die Technologien, die auf dem Weg zur echten Weltmeisterschaft noch entwickelt werden, kommen vielfältigen anderen Anwendungen zu Gute. Um diese Entwicklungen nicht vollkommen dem Zufall zu überlassen, gibt es neben dem Fußballspiel noch andere, stärker anwendungsorientierte Wettbewerbe. Ein besonderes Augenmerk legen die Organisatoren der diesjährigen RoboCup-WM auf die Rescue League, den Wettbewerb für Rettungsroboter.

In dieser Liga werden die Roboter durch eine Arena geschickt, die die Anforderungen simuliert, die sich etwa nach einem Erdbeben in einem Gebäude ergeben können. Es ist der einzige Wettbewerb, bei dem Fernsteuerung zugelassen ist, allerdings nur für bestimmte Bereiche der Arena. Es geht darum, menschliche Opfer zu finden, die durch Puppen dargestellt werden, und Warnschilder zu erkennen. Mit autonomen Fähigkeiten lässt sich in jedem Fall punkten, etwa bei der Erstellung von Umgebungskarten.

Bei einer Besprechung mit den teilnehmenden Teams erläuterte Wettbewerbsleiter Adam Jacoff vom US-amerikanischen National Institute of Standards and Technology (NIST), wie Rettungskräfte solche Informationen dafür nutzen können, um sich gezielt durch Wände zu brechen und so auf kürzestem Weg zu den Opfern zu gelangen. Jacoff erläuterte auch die neuen Aufgaben beim diesjährigen Wettbewerb. Dazu zählt eine "Radio Drop Out Zone", in der der Verlust der Funkverbindung simuliert wird. Der Roboter muss autonom durch die Zone navigieren, die versteckten Opfer lokalisieren und die Informationen an den Operator übermitteln, sobald die Funkverbindung wieder besteht.

Bei der "Manipulation Challenge" geht es darum, blaue Würfel verschiedener Größe zu greifen und durch Löcher in der Wand zu den dort befindlichen Opfern zu reichen. "Diese Würfel symbolisieren Getränke, Nahrung oder auch ein Funkgerät", so Jacoff. Die Frage eines Teilnehmers, ob man stattdessen auch eine Flasche reichen könnte, bejahte Jacoff. "Sie muss aber gefüllt sein", fügte er hinzu. Eine besondere Schwierigkeit stellt der unebene Untergrund dar, der für unvorhersehbare Ausrichtungen des Roboters und damit auch des Manipulators sorgt

Neben dem Wettbewerb für Rettungsroboter soll es am Donnerstagnachmittag auch eine öffentliche Demonstration geben, bei der professionelle Rettungskräfte auf dem Platz hinter der Stadthalle einen Probeeinsatz mit Robotern durchführen. Am Freitag und Samstag haben Rettungsprofis von 8 bis 10 Uhr zudem die Möglichkeit, selbst einmal Roboter durch die Rescue Arena zu steuern. Sowohl bei der Rettungsdemo als auch in der Arena sollen außerdem fliegende Roboter zum Einsatz kommen. "Flugroboter sind bei Rettungskräften sehr begehrt", sagte Jacoff. "Sie müssen aber leicht steuerbar sein und über unterstützende Funktionen verfügen, also zum Beispiel automatisch ihre Position über einem bestimmten Punkt halten können."

Bei der Demo am Donnerstag soll ein Quadrokopter der Firma Microdrones nach einem simulierten Feuer die Lage auf dem Dach der Stadthalle erkunden. Voraussetzung ist allerdings, dass der Wind nicht zu stark ist und es nicht regnet. In der Halle ist es einfacher. Da wird das Team der Jacobs University Bremen einen Airrobot über die Rescue Arena steuern.

Am Regen könnte auch ein anderer Höhepunkt des Turniers scheitern: die Spiele der "Human League". Eine E-Mail auf der RoboCup-Mailingliste vor ein paar Wochen hatte angeregt, die Tradition des menschlichen Kickens im Rahmen des RoboCup fortzusetzen – und fand enorme Resonanz. Zuletzt waren es zwölf Teams mit jeweils zehn Spielern, die ab Mittwochaabend auf einem nahe gelegenen Rasenplatz den Robotern zeigen wollen, was Doppelpässe und Hackentricks sind. Allerdings hat es auch heute zwischendurch wieder wie aus Kübeln geschüttet. Ob der Platz bespielbar ist, ist derzeit noch ungewiss.

In der Middle Size League hat es am Dienstag bereits den ersten Wettbewerb gegeben. In der Technical Challenge ging es darum, einen beliebig gemusterten Ball zu finden, mit ihm zu dribbeln und möglichst ins Tor zu befördern. Üblicherweise wird beim RoboCup mit orangefarbenen Bällen gespielt. Die Erkennung anderer Bälle ist noch zu unsicher, um sie in regulären Spielen einzusetzen. Bei der Challenge kam der amtierende Weltmeister Cambada von der portugiesischen Universität Aveiro am besten mit der Aufgabe zurecht, gefolgt vom 1. RFC Stuttgart und dem Grazer Team Mostly Harmless.

Die Technical Challenges haben für die Teams große Bedeutung, da hierbei oft wissenschaftlich interessante Verfahren erprobt werden. Für die Zuschauer wird es aber spannender, wenn die orangenen Bälle wieder auf dem Platz liegen. Das wird in der Middle Size League Mittwoch ab 9 Uhr der Fall sein, in der Humanoid League sogar schon ab 8 Uhr.

Siehe dazu auch:

(Hans-Arthur Marsiske) / (vbr)