Gelöschte E-Mails: Bundesregierung verweigert Transparenz

Berichte übers regelmäßige Löschen von E-Mails und anderer Nachrichten von Ex-Amtsträgern will das Innenministerium nicht aufklären. Der Aufwand wäre zu groß.

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(Bild: Michael Traitov/Shutterstock.com)

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Die Bundesregierung bringt kein Licht in Vorwürfe, wonach die Verwaltung regelmäßig E-Mails, ganze E-Postfächer und sonstige Nachrichten wie SMS ehemaliger Amtsinhaber wie Bundesminister löscht. "Die angefragten Daten liegen in statistischer Form nicht vor", schreibt das Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion zu entsprechenden Vorgängen seit 2015. Um die begehrten Informationen "in ihrer Detailtiefe" aktuell zusammenzustellen, "wäre eine Ressortabfrage aller Ministerien nebst detaillierter Recherche durch die jeweiligen Fachreferate erforderlich". Sofern auf die entsprechenden Datenträger technisch überhaupt noch zugegriffen werden könne, wäre ein solcher Aufwand unzumutbar und daher "nicht möglich".

Die "Welt am Sonntag" hatte im Dezember berichtet, das Innen-, das Verkehrs- und das Gesundheitsministerium hätten im Bereich E-Mail vor einer Amtsübergabe Tabula rasa gemacht. Gelöscht worden sei zuletzt auch das Mailfach von Ex-Kanzlerin Angela Merkel (CDU). Das Bundesfinanzministerium habe zudem möglicherweise E-Mails des damaligen Ressortchefs und heutigen Kanzlers Olaf Scholz (SPD) und seiner Büroleiterin getilgt. Die entsprechende Kommunikation hätte auch für Ermittlungen im Cum-Ex-Skandal relevant sein können, in den Scholz vor allem noch aus seiner Hamburger Zeit involviert ist. Damals bestätigte ein Regierungssprecher zumindest noch, dass zumindest im Kanzleramt beim Ausscheiden von Entscheidern "die E-Mail-Accounts deaktiviert und die E-Mail-Postfächer nach sechs Monaten gelöscht" würden.

Das Innenressort hält sich hier bedeckt und erklärt nun, dass auch die Löschung von Nachrichten, aufgeschlüsselt etwa nach Amtsinhabern, Behörde, Veranlassung und Datum, "nicht dokumentiert" werde. Allgemein legt es dar: "In der Bundesregierung werden Informationen, sofern sie für die inhaltliche Bearbeitung eines Verwaltungsvorgangs relevant sind, in geeigneter Form entsprechend der Registraturrichtlinie für das Bearbeiten und Verwalten von Schriftgut in den Bundesministerien veraktet." Dieser Prozess erfolge unabhängig davon, ob per Telefon, E-Mail, SMS oder persönlichem Gespräch kommuniziert worden sei. Aufzeichnungen über den Verbleib nicht verakteter Informationen führe die Verwaltung nicht. Die Herausgabe aufbewahrter Online-Kommunikation im Rahmen der Informationsfreiheit führt immer wieder zu Streit.

Eigentlich ist die Bundesregierung gesetzlich verpflichtet, Kommunikation inklusive E-Mails früherer Amtsträger dem Bundesarchiv zur Aufbewahrung zumindest anzubieten. Dies geschah bei E-Postfächern bisher gar nicht, auch vor einer geplanten Löschung wurden die Archivare noch nicht einbezogen. Bundesarchiv-Präsident Michael Hollmann warnte gegenüber der "Welt" von einer wachsenden Gefahr, "dass wichtige Informationen verloren gehen". Es wäre im Sinne der Transparenz, den Umgang mit digitalen Arbeitsmitteln wie E-Mails oder SMS konkreter und strikter zu regeln. Dazu erklärt die Exekutive vage: "Alle aktenrelevanten Unterlagen werden zu gegebener Zeit" dem Bundesarchiv angeboten.

(mack)