Lunar Robotic Challenge: Letzte Tests bei Dunkelheit

Acht Teams sollen bei dem Wettbewerb der europäischen Weltraumorganisation ESA zeigen, wie gut sich ihre Roboter in einer mondähnlichen Umgebung bewähren. Nun ist letzte Gelegenheit, die Roboter unter erschwerten Lichtverhältnissen zu erproben.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Wenn Astronomen von "Bergen des ewigen Lichts" oder "Tälern des ewigen Schattens" sprechen, dann ist das nicht unbedingt ein Zeichen, dass sie angesichts des unermesslichen Universums auf einmal von poetischen Anwandlungen heimgesucht werden. Die lyrisch klingenden Formulierungen haben vielmehr eine ganz nüchterne Bedeutung: Es geht um Plätze auf Himmelskörpern des Sonnensystems, die entweder permanent von der Sonne beschienen sind oder die nie ein Sonnenstrahl trifft. Auf dem Mond konnten mehrere solcher Stellen an den Polen identifiziert werden.

Die Gipfel des ewigen Lichts sind interessant, weil hier Solargeneratoren installiert werden können, um nahe gelegene Mondstationen mit Energie zu versorgen. In den Schattentälern hingegen hoffen die Astronomen, Wassereis zu finden, das sich aufgrund der permanent niedrigen Temperaturen dort erhalten hat. Aber die gleiche Finsternis, die das Eis konserviert haben mag, erschwert auch seinen Nachweis. Aus dem Orbit ist in dunklen Regionen wie dem Shackleton-Krater am Südpol praktisch nichts zu erkennen. Letzte Gewissheit können nur Roboter bringen, die das Gelände vor Ort untersuchen. Um diesen Einsatzbedingungen möglichst nahe zu kommen, findet der Wettbewerb "Lunar Robotics Challenge" am Freitag und Samstag bei Nacht statt.

Die Lunar Robotic Challenge (5 Bilder)

pESApod von der Sant'Anna School of Advanced Studies

Erste Schritte im Sand: pESApod von der Sant'Anna School of Advanced Studies. Die Spirale am Heck dient dazu, Relaisstationen zur Aufrechterhaltung der Funkverbindung auszuwerfen.

Am heutigen Donnerstag haben die acht teilnehmenden Teams Gelegenheit, ihre Roboter unter diesen erschwerten Lichtverhältnissen zu erproben. Vom frühen Nachmittag bis ungefähr Mitternacht steht ihnen das Gelände für Tests zur Verfügung. Ab morgen wird es dann ernst: Jedes Team hat zwei Stunden Zeit, um von der Landeeinheit in den Krater zu gelangen, dort eine bestimmte Bodenprobe zu entnehmen und zur Landestation zurück zu bringen. Der Wiederaufstieg, bei dem bis zu 40 Grad Steigung auf losem Sand und Geröll zu bewältigen sind, dürfte die heikelste Phase der Mission werden. Von 140 insgesamt möglichen Punkten können allein 50 hierbei erzielt werden.

Die Teams haben daher besonderes Augenmerk auf die Mobilität ihrer Roboter gelegt und sind zu sehr unterschiedlichen Lösungen gekommen. Die rad- oder kettengetriebenen Roboter sind alle mit mehr oder weniger langen Schaufeln, Blöcken oder Ausbuchtungen versehen, die dem rutschigen Sand mehr Widerstand entgegensetzen sollen. Das Team der University of Oulu etwa hat über die Räder ihres Rovers Hartgummibänder mit starkem Profil gespannt und konnte damit bei den gestrigen Tests beachtliche Geschwindigkeiten erzielen.

Das Radprofil des "Moon Hound" von der Universidad Politecnica de Madrid soll trotz starr montierter Räder Seitwärtsbewegungen ermöglichen. Die großen Räder beherbergen zugleich auch die Batterien und die Steuerungselektronik. Tests im Gelände konnten gestern jedoch noch nicht durchgeführt werden.

Dafür durfte pESApod von der Sant'Anna School of Advanced Studies in Pisa gestern seine ersten Schritte im Sand machen. Der Sechsbeiner ist asymmetrisch aufgebaut: Das mittlere Beinpaar ist weiter gespreizt als die übrigen Beine und ist nicht in der Mitte der Längsachse montiert, sondern etwas nach hinten versetzt. Die Gewichtsverteilung sei dadurch günstiger für den Ab- und Aufstieg an der steilen Kraterwand, erklärte ein Teammitglied. Angesichts des extrem langsamen Lauftempos sind die Chancen, das pESApod die Mission innerhalb der vorgesehenen zwei Stunden komplettiert, sehr gering. Gleichwohl sind die Studenten überzeugt, mit den Erfahrungen des Wettbewerbs einen erheblich besseren Roboter der zweiten Generation bauen zu können.

Neben der Mobilität dürfte die Navigation bei Dunkelheit die andere große Herausforderung werden. Die Finnen verlassen sich auf eine Infrarotkamera. Ein am Tag aufgenommenes Bild zeigte tatsächlich einen großen Detailreichtum. Ob das bei Nacht auch so gut funktioniert, wird sich zeigen. Es hätte den Vorteil einer gleichmäßigen "Ausleuchtung" des Geländes, während beim Einsatz einer gewöhnlichen Kamera mit Scheinwerfern immer nur ein Ausschnitt zu sehen ist. In einer Sandkuhle ohne auffallende Markierungen kann die Orientierung da schon ziemlich schwierig werden.

Wer den Teams bei ihren Tests zusehen möchte: Seit gestern haben die Veranstalter einen Live-Stream unter rtsp://195.169.140.121:80/live1.sdp eingerichtet. Manchmal kann es allerdings dauern, bis die Kamera in eine Richtung gedreht wird, wo gerade etwas interessantes passiert.

Zur Lunar Robotics Challenge siehe auch:

(Hans-Arthur Marsiske) / (jk)