Statt Röntgen: Bionischer Finger visualisiert durch Ertasten das Körperinnere

Anstatt Strahlen durch den Körper zu jagen, wie beim Röntgen, kann das Innere mit einem künstlichen Finger ertastet und in einer 3D-Ansicht visualisiert werden.

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(Bild: Wuyi University)

Lesezeit: 3 Min.

Ärzte ertasten bei Untersuchungen das Körperinnere mit ihren Händen, bevor sie zu bildgebenden Verfahren wie Röntgenstrahlung, Ultraschall und Computertomografie greifen, um dann weitere und genauere Informationen zu erhalten. Ein bionischer Finger eines chinesischen Forschungsteams der Wuyi University kann 3D-Ansichten aus ertasteten Objekten unter weichen Materialien erstellen und darüber hinaus Oberflächentexturen komplexer Objekte abbilden. Damit könnte der bionische Finger in bestimmten Fällen herkömmliche bildgebende Verfahren ersetzen.

In ihrem in Cell Reports Physical Science veröffentlichten Paper "A smart bionic finger for subsurface tactile-tomography" beschreiben die Forscher das Prinzip des künstlichen Fingers und seiner Funktion. "Unser bionischer Finger geht über bisherige künstliche Sensoren hinaus, die nur in der Lage waren, äußere Formen, Oberflächenstrukturen und Härte zu erkennen und zu unterscheiden", sagt Zhiming Chen, einer der Autoren der Studie und Dozent an der Wuyi University.

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Möglich sei dies dadurch, dass der Finger sich über ein Objekt bewegt und dabei in einem anhalten Strom aus Stupsern Druck ausübt. Bei jedem dieser Stöße werden Kohlenstofffasern komprimiert. Über den Kompressionsgrad kann die relative Steifheit oder Weichheit des Objekts ermittelt werden. Weiche Oberflächen, unter denen sich starre Objekte befinden, werden zunächst zusammengedrückt, bis sie auf das harte Objekt stoßen. Die daraus gewonnenen Daten werden zusammen mit Informationen zur Position ausgewertet und in einer 3D-Ansicht visualisiert.

Die Forschenden probierten den künstlichen Finger zunächst an einem mit weichem Silikon umhüllten festen Buchstaben A und weiterer Objekte unterschiedlicher Form aus. Dabei untersuchten sie auch Objekte, die aus Materialien mit unterschiedlichem Weichheitsgrad bestanden. Beim Scan konnte der bionische Finger die verschiedenen Materialien selbst in kleineren Rillen erfassen und unterscheiden.

An simuliertem menschlichem Gewebe ermittelte das Wissenschaftsteam die Tauglichkeit des Fingers für eine mögliche medizinische Anwendung. Dazu erstellten sie mit dem 3D-Drucker ein Gewebe, das aus einem Skelettanteil mit drei verschiedenen Härtegraden besteht sowie einer Muskel-artigen weicheren Schicht. Der Scan lieferte ein 3D-Profil der Gewebestruktur. Ein simuliertes Blutgefäß konnte der Finger unter der künstlichen Muskelschicht lokalisieren.

Die Forschungsarbeit sei aber noch nicht abgeschlossen, sagen die Forscher und planen, die Fähigkeiten des bionischen Fingers zu erweitern. Zunächst soll der Finger so ausgebaut werden, dass eine omnidirektionale Abtastung erfolgt. Das Wissenschaftsteam ist aber schon mit dem jetzigen Ergebnis zufrieden, zeigt es doch, dass es möglich ist, ohne optische Verfahren und ohne einen menschlichen Körper zu öffnen, dessen Inneres abzubilden.

(olb)