Didacta-Verband zum Digital-Index: Digitale Kompetenz muss in die Bildungspläne

Anlässlich des Digital-Index fordert der Didacta-Verband, dass digitale Kompetenzen in alle Bildungspläne gehört. Offliner könnten laut Index bald aussterben.

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(Bild: peampath2812/Shutterstock.com)

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Der Didacta-Verband fordert, digitale Kompetenzen fest in die Bildungspläne von Schulen und Kindergärten zu übernehmen. Das erklärte der Verband anlässlich der diesjährigen Ergebnisse des D21-Digital-Index, welcher zu eruieren versucht, wie es um die Digitalisierung und den Digitalisierungswillen in der Bevölkerung bestellt ist.

Im D21-Digital-Index für das Jahr 2022/2023 zeigt sich, dass die deutsche Bevölkerung ab 14 Jahren in Sachen Digitalisierung weiterhin als gespalten gelten kann. Während es mit 29 Prozent der Bevölkerung eine der Digitalisierung gegenüber "aufgeschlossene Mitte" geben würde, 11 Prozent "ambivalente Profis" und 18 Prozent "zuversichtliche Profis" sind, gibt es auch eine größere Gruppe der ablehnenden oder auch aussitzenden Bevölkerungsteile. So konnten 26 Prozent als "ablehnende Mitte" betitelt werden, 7 Prozent der Bevölkerung sollen "zufriedene Aussitzer:innen" und weitere 7 Prozent "genügsame Verdränger:innen" sein. Der Bericht nennt die Letzteren auch einfach "Offliner:innen".

Auffällig ist, dass in den ablehnenden Teilen prozentual mehr Frauen vertreten sind. Bei den Offliner:innen sind 71 Prozent weiblich, bei den zufriedenen Aussitzer:innen ist das Geschlechterverhältnis wieder nahezu ausgeglichen (52 Prozent weiblich), die ablehnende Mitte sei wieder zu 57 Prozent weiblich, die aufgeschlossene Mitte zu 54 Prozent männlich, die ambivalenten Profis sind genau ausgeglichen zwischen den Geschlechtern, die zuversichtlichen Profis sollen zu 59 Prozent männlich sein. Werde die Entwicklung wie in den vergangenen Jahren weitergehen, könnte es laut Bericht im Jahr 2026 vermutlich keine Offliner:innen mehr geben.

Insgesamt läge der Digitalisierungsgrad der deutschen Gesellschaft bei 57 von möglichen 100 Punkten und befinde sich damit im Mittelfeld. Den höchsten Wert erreicht die Indexsäule Zugang, vor den Digitalkompetenzen. Der Digitalisierungsgrad wird aus den vier Dimensionen "Zugang", "Kompetenz", "Grundeinstellung" und "Nutzung" ermittelt. Die Säule Zugang erfasst unter anderem, wie viele Menschen in Deutschland online sind. Unter "Kompetenz" wird ermittelt, wie souverän und kompetent sich die deutsche Bevölkerung im Netz bewegt. Die Dimension "Grundeinstellung" (ehemals "Offenheit") bündelt individuelle und gesellschaftliche Ansichten in Bezug auf die Digitalisierung – etwa auch, ob die Digitalisierung eher als Chance oder Gefahr eingeschätzt wird. Der Bereich "Nutzung" umfasst die Intensität, Häufigkeit und Vielfalt der Nutzung digitaler Dienste.

Der Digitalisierungsgrad der deutschen Gesellschaft liegt bei 57 von möglichen 100 Punkten und befindet sich damit im Mittelfeld.

(Bild: Initiative D21)

Gezeigt habe sich, dass die Einstellung der Bürgerinnen und Bürger zur Digitalisierung sich in den vergangenen Jahren nicht merklich verbessert habe. Von der Digitalisierung zu profitieren, glauben sogar weniger Menschen als im Vorjahr (55 Prozent, - 4 Prozentpunkte). Die Werte für Zugang, Kompetenz und Nutzung sei in den vergangenen 10 Jahren aber gestiegen. Berufstätige unterschätzen laut Index zudem die Auswirkungen des Arbeitsweltwandels auf ihr Berufsleben. Während 80 Prozent von ihnen glauben, dass bis 2035 durch die Digitalisierung ganze Berufe verschwinden könnten, denken nur 19 Prozent, dies könne sie selbst betreffen.

Der Digital-Index für Deutschland im Vergleich zwischen 2013 und 2022.

(Bild: Initiative D21)

Desinformationen sind aus Sicht von 64 Prozent eines der größten Risiken der Digitalisierung für die Demokratie, 61 Prozent sind Desinformationen auch bereits im Netz begegnet. Zugleich glauben aber 56 Prozent der Bevölkerung, dass sich die Digitalisierung eher positiv auf die Demokratie auswirkt. Ein Viertel glaubt hingegen eher an einen negativen Einfluss. Allerdings geht nur ein Drittel (31 Prozent) der Bevölkerung davon aus, dass deutsche Schulen die nötigen Fähigkeiten zum Umgang mit der Digitalisierung vermitteln, damit Kinder und Jugendliche im internationalen Vergleich gut mithalten können.

Hier sieht der Didacta-Verband Schulen und Kindergärten in der Pflicht. Die Mehrheit der Deutschen glaubten zwar an den positiven Einfluss der Digitalisierung auf Teilhabe, Zusammenhalt und die Meinungsbildung, allerdings sei eine digitale Kompetenz unerlässlich, um demokratische Prozesse zu stärken. Dementsprechend erklärt Jürgen Böhm, Vorstandsmitglied des Didacta Verbandes: "In der Kultur der Digitalität kommt es mehr denn je darauf an, ein Leben lang Schritt zu halten. Sich den Zugang zur digitalen Welt zu erschließen, reicht dabei längst nicht aus. Der D21-Digital-Index bestätigt: Wir müssen uns auf Kompetenzen verlassen können, die es uns ermöglichen, digitale Zusammenhänge zu erkennen und neue, immer schneller aufeinanderfolgende Entwicklungen anzunehmen, bevor der Veränderungsdruck uns dazu zwingt. Schulen und Kitas haben den gesellschaftlichen Auftrag, Kinder und Jugendliche auf eine Welt vorzubereiten, die sich immer schneller wandelt. Digitale Aufklärung legt dabei einen Grundstein für lebenslanges Lernen und Teilhabe. Dafür braucht es die richtigen Rahmenbedingungen und dazu zählt, digitale Kompetenz in den Bildungsplänen aller Schulformen und der Kitas zu verankern."

Demzufolge sollten Lehrkräfte und Angestellte in Kindergärten, Kindern und Jugendlichen "den Weg zu mündigen, kompetenten und reflektierten Nutzerinnen und Nutzern digitaler Medien ebnen". Dazu müssten die Lehrenden schon in der Ausbildung, und später durch geeignete Fortbildungsmaßnahmen, befähigt werden. Kinder und Jugendlichen sollte zum einen beigebracht werden, Informationen zu finden sind, zum anderen aber auch, die Richtigkeit von Informationen zu erkennen. KI-Anwendungen wie ChatGPT gehörten ebenso zum Lehrgegenstand. Auch hier sollten Kinder und Jugendliche angeleitet werden, die Anwendung zu nutzen, zugleich aber auch deren Funktionsweise zu verstehen, um sich vor möglichen Desinformationen oder auch Informationsmüll schützen zu können.

Aus Sicht des Didacta-Verbands zeige der D21-Digital-Index, dass sich nicht einmal die Hälfte der Schülerinnen und Schüler zutraut, die Richtigkeit von Informationen und ihren Quellen zu überprüfen. Ihr Nutzungsverhalten sei vor allem durch bildbetonte Medien wie YouTube, Instagram und TikTok geprägt. Gleichzeitig zeigten Schülerinnen und Schüler auch eine hohe Bereitschaft, visuell aufbereiteten Informationen eher zu vertrauen. Medien- und Informationskompetenz und der Umgang mit Desinformationen gehörten deshalb in den Lehrplan der Schulen. Desinformation als gesellschaftliches Phänomen brauche aber eine gesamtgesellschaftliche Resilienz im Umgang mit dieser.

Der Bildungsstandard macht den Unterschied: Desinformation kann mit einer höheren Bildung schneller erkannt werden.

(Bild: Initiative D21)

Schülerinnen und Schüler sind mehr in sozialen Medien unterwegs als andere Teile der Bevölkerung. Sie vertrauen Informationen auch eher, wenn sie dazu ein ein Video oder Bild sehen.

(Bild: Initiative D21)

Der D21-Digital-Index ist eine Studie der Initiative D21, wird durchgeführt vom Marktforschungsunternehmen Kantar und gefördert vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz.

(kbe)