Dichtes Lobbygedränge um künftige TK-Regulierung

Die Telekom vermisst politische Visionen, und die Regulierungsbehörde warnt vor Brüssel. Das Wirtschaftsministerium hat es derweil satt, als Buhmann für die Lauscher am Netz herhalten zu müssen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 15 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.

Der Entwurf der Bundesregierung zur Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) stößt bei der Industrie auf wenig Begeisterung. Auf einer Veranstaltung der Friedrich-Ebert-Stiftung sagte Telekom-Veterane Gerd Tenzer, der nach seinem Ausscheiden aus dem Konzern jetzt wieder als Chef-Lobbyist an Bord ist: "Da haben wir eine Zweckbestimmung, die Regulierung heißt". Das sei "so nicht nachzuvollziehen", denn der Markt sei liberalisiert. Es müsse einen Abbau von Regulierung geben. Insgesamt vermisst Tenzer eine langfristige Vision und einen "Paradigmenwechsel" im Entwurf. "Es hat keine politische Diskussion stattgefunden, wo der Bereich überhaupt hin soll in fünf bis zehn Jahren", kritisierte er. Wo Wettbewerb herrsche, müsse Regulierung ganz aufgegeben werden, um Innovation und Wachstum zu sichern.

Eine "Gefahr" für den gesamten Regulierungsraum erwachse aus Brüssel, warnte Matthias Kurth, Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP). So werde von der EU-Kommission pauschal für alle Mitgliedsstaaten vordefiniert, dass etwa der Markt für die Handykommunikation zu regulieren sei. Die "entscheidende Schlacht" würde daher "im Konsultationsverfahren mit der Kommission" geschlagen, nicht auf nationaler Ebene. Da sei allein "Nachsteuern" angesagt, ein "Paradigmenwechsel" nicht gefragt.

Ähnlich sieht die Lage Horst Ehrnsperger, Leiter der in Expertenkreisen legendären "Abteilung 7" des Wirtschaftsministeriums, aus der auch der Entwurf für die TKG-Novelle stammt. "Wir werden Ärger mit der Kommission bekommen", prognostizierte der Ministerialdirektor. Trotzdem lehne sein Haus Verschärfungen im Mobilfunkbereich "ausdrücklich" ab. "Da akzeptiere ich auch Vertragsverletzungsverfahren in zwei, drei Jahren", positionierte sich der Beamte schon einmal gegen Brüssel.

Kritik fanden auch die Überwachungsauflagen des Entwurfs. Jörg Maas, Geschäftsführer der Gesellschaft für Informatik gab zu bedenken, "dass Private gezwungen werden, ihre Daten freizügig abzugeben". Auch Firmen würden gedrängt, "ihre Kunden für die Geheimdienste auszuschnüffeln"; und somit auch Einfallstore für Hacker zu schaffen. Bevor derartige Bestimmungen gleich wieder im Gesetz festgeschrieben würden, solle der Staat zunächst ihren Nutzen beweisen. Zudem forderte Maas unisono mit Wirtschaftsverbänden, "die Anfragen der Sicherheitsbehörden unter eine Nutzungsentgeltpflicht zu stellen". Das wäre ein Anreiz, sparsamer damit umzugehen, und würde dem Datenschutz gut tun.

Im Wirtschaftsministerium scheinen die Beamten mittlerweile von den Überwachungsforderungen ihrer Kollegen aus dem Innenministerium genervt zu sein. "Die TKÜV war das leidigste Thema meiner vergangenen fünf Jahre", stöhnte Ehrnsperger. Ihn störe selbst, dass die Lauschparagraphen rund um die "Öffentliche Sicherheit" wieder den meisten Raum im Gesetzesentwurf einnehmen würden. Als Ausweg sieht der Ministerialdirektor bislang nur, die entsprechenden Auflagen "zu vereinfachen". Die Verbände dringen dagegen auf eine grundlegende Entschärfung. (Stefan Krempl)/ (tol)