Verwaltungsdigitalisierung: Bundesländer fordern einheitliche "Bürger-ID"

Für Datenschützer tabu, von den deutschen Ländern erträumt: eine nationale Personenkennziffer.​

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Künstlerische Darstellung des Scans eines Gesichts

(Bild: Neosiam32896395/Shutterstock.com)

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Die "Einführung einer einheitlichen, nutzerfreundlichen, deutschlandweit gültigen Bürger-ID" wünschen sich die 16 Länder der Bundesrepublik. Die Initiative dazu kommt aus Bayern und Rheinland-Pfalz. In einem gemeinsamen Schreiben an den IT-Beauftragten der Bundesregierung, Markus Richter, versprechen sich die Länder "praktikable Authentifizierung der Menschen gegenüber dem Staat". Bayerns Digitalministerin Judith Gerlach (CSU) betont: Eine Personenziffer "könnte den gordischen Knoten der digitalen Verwaltung lösen".

CDU und CSU versprachen bereits in ihrem Programm für die Bundestagswahl 2021, "Rechtsanspruch auf eine digitale Bürgeridentität" zu schaffen. Diese soll andere Nummer wie die Steuer-ID und die Sozialversicherungsnummer zusammenführen sowie "auf allen Ebenen staatlicher Verwaltung genutzt werden können". Datenschützer liefen schon gegen den Schritt von Schwarz-Rot Sturm, die Steuer-ID als übergreifendes Personenkennzeichen im Rahmen der Registermodernisierung zu verwenden. Für sie ist eine allgemeine Personenkennziffer im Lichte des Volkszählungsurteils des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1983 ein rotes Tuch.

Jüngst kritisierte der Bundesdatenschutzbeauftragte Ulrich Kelber den Ansatz der Ampel-Koalition scharf, dass das Bundeszentralamt für Steuern die Steuer-ID bis 2024 mit der IBAN sowie gegebenenfalls dem BIC verknüpfen soll. Solche Schritte erleichtern ihm zufolge das Bilden von Profilen "übermäßig" und gefährdeten so "den besonders geschützten geistigen Innenraum" der Bürger. Nun werde die "Hemmschwelle zur Weiternutzung" der Kennung noch stark herabgesetzt. Gerlach verweist dagegen darauf, dass Bayern bereits ein einheitliches digitales Nutzerkonto auf der Basis der elektronischen Einkommenssteuerlösung Elster für Unternehmen in ganz Deutschland entwickelt habe. Diese Erfahrungen könne man beim Bund einbringen.

Die Länder drängen zudem auf die "Volldigitalisierung aller Verwaltungsprozesse", ohne analoge Zwischenschritte. "Schluss mit Zettelwirtschaft und vergilbter Karteikartenmentalität in deutschen Behörden", gab Gerlach als Parole aus. Es gelte, "mit Hochdruck an der weiteren Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes" (OZG) zu arbeiten. Dem 8-Punkte-Plan zufolge soll das "Einer-für-Alle"-Prinzip weiterentwickelt werden, demzufolge digitalisierte Leistungen einzelner Länder von anderen übernommen werden können.

Offene Standards und der Ausbau von Schnittstellen sollen ferner Medienbrüche verhindern, die die Datenverarbeitung in Behörden bislang erschweren und oft den Gang der Bürger zum Amt nötig machen. Beim Entwickeln solcher Schnittstellen wollen die Länder, dass alle relevanten Interessenvertreter und Beteiligten wie die Föderale IT-Kooperation (FITKO), Fachverfahrenshersteller, IT-Dienstleister und gesetzgebende sowie vollziehende Behörden besser eingebunden werden. Die Bundesregierung arbeitet bereits an einer OZG-Novelle, plant damit aber keine "Ende-zu-Ende-Digitalisierung der Fachverfahren".

Allgemein beklagen die Länder derzeit "überbordenden Formalismus". Bei der Verwaltungsdigitalisierung stünden der betriebene Aufwand und die Ergebnisse in keinem ausgeglichenen Verhältnis zueinander. Länder und Kommunen bräuchten für erfolgreiche Behördenmodernisierung größtmögliche Planungssicherheit, was den Fortgang einzelner Projekte angehe. Der Bund sollte die Länder künftig früher in die planerischen und strategischen Digitalprozesse einbinden. Nötig sei auch ein einschlägiges, föderal getragenes Bund-Länder-Budget.

(ds)