Chatkontrolle: Jugendliche lehnen Überwachung ihrer Online-Kommunikation ab

66 Prozent der 13- bis 17-Jährigen in 13 EU-Staaten sind dagegen, dass Diensteanbieter ihre digitale Kommunikation auf verdächtige Inhalte hin durchsuchen.

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(Bild: Antonio Guillem/Shutterstock.com)

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Die EU-Kommission will die Online-Kommunikation aller Nutzer etwa auch über verschlüsselte Messenger-Dienste wie WhatsApp oder Signal überwachen lassen, um Kinder und Jugendliche besser vor sexuellem Missbrauch zu schützen. Die potenziell stärker Behüteten wollen zu einem Großteil aber gar nicht, dass dabei auch ihre Nachrichten durchleuchtet werden: 66 Prozent der 13- bis 17-Jährigen in 13 EU-Mitgliedsstaaten sind nicht damit einverstanden, dass Diensteanbieter ihre digitale Kommunikation auf verdächtige Inhalte hin scannen. In Deutschland lehnen sogar 80 Prozent der Minderjährigen eine solche Chatkontrolle ab.

Das geht aus den jetzt veröffentlichten Ergebnissen einer repräsentativen Umfrage hervor, die das Meinungsforschungsunternehmen Episto unter mehr als 8000 Teenagern in Frankreich, Deutschland, den Niederlanden, Belgien, Tschechien, Spanien, Österreich, Schweden, Italien, Polen, Ungarn, der Slowakei und Griechenland durchführte. In Auftrag gaben die Sondierung die Bürgerrechtsorganisation European Digital Rights (EDRi) und Mitglieder der Piratenpartei im EU-Parlament. Nur 20 Prozent befürworten eine Chatkontrolle demnach mehr oder weniger. Der Ansicht, dass das Durchsuchen der gesamten privaten Kommunikation nach schädlichem Material das wirksamste und geeignetste Mittel ist, um sie vor Schaden im Internet zu bewahren, sind nur 2 Prozent.

80 Prozent der Teilnehmer würden sich unwohl dabei fühlen, politisch aktiv zu sein oder ihre Sexualität zu erkunden, wenn die Behörden mitlesen könnten. 67 Prozent nutzen selbst verschlüsselte Dienste wie WhatsApp oder Signal. In Deutschland ist der Anteil mit 97 Prozent noch deutlich höher. 56 Prozent halten ihre Anonymität für entscheidend für ihren Aktivismus und für die politische Organisation unter Gleichaltrigen. Einer von drei Befragten nutzt Apps, um selbst intime Fotos zu versenden. 43 Prozent forderten alternative Maßnahmen gegen die Gefahren des Internets wie eine verbesserte Medienkompetenz und Aufklärung über die Risiken und angemessene Reaktionen.

"Junge Menschen profitieren in hohem Maße von Privatsphäre und Sicherheit im Internet", unterstrich EDRi-Politikberaterin Ella Jakubowska, die sich vorige Woche gemeinsam mit allen anderen Experten bei einer Bundestagsanhörung gegen das EU-Vorhaben ausgesprochen hatte. Sie zählten auf den Widerstand der EU-Abgeordneten gegen einen Vorschlag, "der ihr digitales Leben in Frage stellen würde". Die Botschaft der Jugend an Befürworter der Chatkontrolle sei klar, hob der EU-Parlamentarier Patrick Breyer (Piratenpartei) hervor: "Nicht in unserem Namen!" Die Ampel-Koalition müsse der drohenden Zerstörung des Briefgeheimnisses endlich geschlossen eine verbindliche Absage erteilen. Das Bündnis "Stop Scanning Me" sammelt mit einer Petition Unterschriften gegen die Überwachungsinitiative.

(olb)