USA bleiben in der Flugdatenaffäre hart

Seit Anfang März müssen fünf große europäische Luftlinien dem US-Zoll Online-Zugriff auf ihre Passagierdaten gewähren. Verweigern sie den Datenzugriff, drohen die US-Behörden mit dem Entzug der Landegenehmigungen.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die USA wollen in der Flugdatenaffäre nicht mehr nachverhandeln. Diesen Eindruck erhielten die Mitglieder des Innenausschusses des Europäischen Parlaments, die mit US-Beamten eine Anhörung am 5. und 6. Mai in Brüssel veranstalteten. Dabei wiederholten und präzisierten die Amerikaner ihren Standpunkt, während wichtige Fragen der Europäer unbeantwortet blieben. Seit Anfang März müssen fünf große europäische Luftlinien (Deutsche Lufthansa, British Airways, Air France, Iberia und die niederländische KLM) dem US-Zoll Online-Zugriff auf ihre Passagierdaten gewähren. Verweigern sie den Datenzugriff, drohen die US-Behörden mit dem Entzug der Landegenehmigungen.

Vertreter des Department of Homeland Security informierten die Abgeordneten über die neuen gesetzlichen Grundlagen sowie über das Datenermittlungs- und speicherungssystem CAPPS II. Douglas M. Browning, Deputy Commissioner der US-Zollbehörde, stellte fest, dass die Luftfahrtgesellschaften auch bereits seit einigen Jahren Flugpassagierdaten an die US-Behörden im Voraus übermittelt hätten. Nun sei diese Praxis nicht mehr freiwillig, sondern gesetzlich vorgeschrieben. Es gehe nicht darum, eine Datenbank aufzubauen, versuchte er die Europäer zu beruhigen, sondern "Daten auf dem Hintergrund bestimmter Regeln zur Risikovermeidung zu analysieren".

Steve McHale, Deputy Administrator der Transportsicherheitsbehörde des Department of Homeland Security, erläuterte das geplante computergestützte Passagierüberprüfungssystem CAPPS II: Das System werde "innerhalb von fünf Sekunden eine Analyse und Risikoabschätzung erstellen und Terroristen identifizieren", sagte McHale. Dafür werde man Passagierdaten mit dem "besten geheimdienstlichen US-Aufklärungsmaterial über Terroristen" abgleichen. CAPPS II werde außerdem, betonte McHale, kommerziell verfügbare Daten zur Authentifizierung verwenden. Erst kürzlich geriet der US-Konzern ChoicePoint in Kritik, da er über Mittelsmänner das komplette mexikanische Wählerregister für 250.000 US-Dollar erworben hatte, um sie US-Behörden gegen Entgelt zur Verfügung zu stellen. Inzwischen hat Choicepoint nach eigenen Angaben auf insgesamt 17 Milliarden amtliche Datensätze Zugriff.

Kommerzielle Datenfirmen, so versicherte McHale, würden allerdings keinen Zugriff auf die personenbezogenen Passagierdaten erhalten. Umgekehrt würde auch die Behörde keinen direkten Zugriff auf die kommerziellen Daten erhalten. CAPPS II werde weder ethnische, religiöse noch Rasse-bezogene Daten verwenden. Auch werde es weder Profile erstellen, Überwachungsmaßnahmen vornehmen oder Data-Mining betreiben.

Unbeantwortet blieben jedoch alle kritischen Fragen der Abgeordneten, so etwa, ob die USA garantieren könne, dass die Daten nicht gegen den Willen der europäischen Bürger erhoben werden, wie das Filtersystem für die Flugpassagierdaten aussehen werde und ob Bürger sich beschweren können. Auch mussten die EU-Parlamentarier auf Antworten darauf verzichten, an welche "anderen Strafverfolgungsbehörden" die Daten weitergegeben werden sollen und wie lange diese Daten dann gespeichert werden. Nuala O'Connor Kelley, die frisch gekürte Datenschutzbeauftragte des Department of Homeland Security, versicherte den Abgeordnete, dass sie die geäußerten Bedenken in Washington vortragen werde. Der Abgeordnete Ozan Ceyhun, innenpolitischer Koordinator der SPD-Gruppe, empörte sich: "Die US-Regierung hat uns weisungsgebundene Beamte geschickt, die uns informieren sollen. Für echte Verhandlungsbereitschaft sehe ich keinen Hinweis." Andere Abgeordnete bezeichneten die Sitzung als "unglaublich".

Der Chaos Computer Club stellt mittlerweile auf seiner Website ein Formular zur Verfügung, mit dem sich Flugpassagiere bei ihrem Landesdatenschutzbeauftragten beschweren können, falls die Fluggesellschaften sie nicht rechtzeitig über die Übermittlung der Passagierdaten an den US-Zoll informieren. Näheres zur Entwicklung der Flugdatenaffäre zwischen der EU und den USA bringt der Artikel Luftiger Datenschutz in Ausgabe 10/2003 der c't, S. 52. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (jk)