Sinn und Zweck von Entwickler-Konferenzen

Was dafür spricht, dass Entwickler in Zeiten der Krise trotzdem Konferenzen besuchen sollten.

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Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Kai König

Vor kurzem war ich Teil einer Diskussion über Entwickler-Konferenzen in einer unserer "lokalen" Mailinglisten. Es ging um die in zwei Wochen in Melbourne in Australien tagende Konferenz cf.Objective(ANZ). Ich habe auf unserer neuseeländischen CFML-Liste kritisch hinterfragt, woran es denn wohl liegen könne, dass gerade mal zwei Teilnehmer aus unserem schönen Land den Weg nach Melbourne gefunden zu haben scheinen.

Dazu muss man wissen: Australien ist der wichtigste Handelspartner von Neuseeland, und wenn man hier in der IT-Branche arbeitet, ist es nicht gerade unüblich, zumindest gelegentlich auf beiden Seiten der Tasman Sea beschäftigt zu sein. Der Flug nach Melbourne dauert auch gerade mal 3 bis 3,5 Stunden (für Europäer mag das wie eine halbe Weltreise klingen, für uns ist Australien nun einmal das nächstgelegene Stück Land – außer dem australischen Außenposten Norfolk Island, aber da will man nicht unbedingt hin :-).

Bereits 5 Minuten nach meinem Post habe ich bereut, die Mail überhaupt abgeschickt zu haben. Neben Kommentaren in Stil von: "It's recession, mate!" wurden mir auch ernsthaft die Frage gestellt, wie denn ein Entwickler den ROI der "Investition" von circa 2000 NZD (ungefähr 1000 Euro) für Flugticket, Hotel, Konferenz etc. erbringen könne.

Mit aus meiner Sicht offensichtlichen Argumenten wie:

  • Lernen neuer Skills, Inspiration, neue Ideen,
  • Professional Development,
  • Bindung von Mitarbeitern,
  • Networking, Kontakte, Akquisition von Projekten,
und

Aber – als generelles Resultat dieser Diskussion muss man sich vielleicht die Frage nach dem Sinn und Zweck von Entwickler-Konferenzen stellen. Warum besuchen wir noch Konferenzen im Zeitalter von Online-Tutorials oder kommerziellen Anbietern von Online-Training wie Lynda oder Total Training? Nicht zuletzt bieten ja auch Hersteller wie Adobe, Microsoft oder Sun interessante Inhalte zum Erlernen ihrer Techniken online an.

Was bleibt da also für Konferenzen? Zum einen das Networking. Das lässt sich aus Controller-Sicht blöderweise nicht in einen ROI umwandeln und hält sich auch nicht an Quartalsergebnisse. Aber sind wir doch mal ehrlich: Wie oft habe ich schon auf einer Konferenzparty mit einem Kollegen gesprochen und in der Diskussion über Framework X oder Pattern Y plötzlich eine Idee gehabt, die mir zwei Tage Forschungsarbeit in den Tiefen einer API erspart hat. Verstehen das Chefs? In der Regel leider nicht, und jeder Techie sollte sich dankbar schätzen, wenn er oder sie einen Chef oder eine Chefin hat, die Konferenzen und Techie-Networking unterstützt.

Der andere große Vorteil eines Konferenzbesuchs ist, dass es sich dabei um eine Auszeit handelt. Man nimmt sich bewusst 1 bis 3 Tage Zeit zum Erlernen von neuen Techniken oder anderen Skills und ist nicht in Kundenprojekte oder andere interne Arbeiten eingebunden. Lohnt sich das? Niemand kommt schließlich von einer Konferenz wieder und ist plötzlich Profi in Framework X. Die Antwort ist: Klar lohnt es sich. Konferenzen fördern neue Ideen und Kreativität. Neue Idee = Innovation und Wandel. Ohne Innovation und Wandel wird ein Unternehmen letztlich stagnieren und irgendwann aus dem Markt verschwinden. Dummerweise verstehen das viele Manager und Chefs auch nicht so richtig, und die Erwartungshaltung nach einem zweitägigen Konferenzbesuch ist: "Du warst doch auf Konferenz Z, warum dauert das Projekt denn immer noch 12 Monate und nicht nur 4 Wochen?"

Ein Tipp am Rande: Es ist sehr hilfreich, während des Konferenzbesuchs auf das ständige Drücken des Reload-Buttons des Webmail-Clients zu verzichten – man kriegt dann nämlich wirklich etwas vom Inhalt der Präsentationen mit :-). ()