DeNIC unterliegt im Rechtstreit um bayerische "Regierungs"-Domains

Reicht ein Versäumnisurteil gegen einen Domain-Administrator (Admin-C), damit die Registrierungsstelle für .de-Länderadressen Domains löschen muss? Im Rechtsstreit um regierung-oberfpfalz.de und ähnliche Domains meint das Landgericht Frankfurt: ja.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 136 Kommentare lesen
Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Monika Ermert

Das Landgericht Frankfurt hat die DeNIC eG, die Registrierungsstelle für die deutsche Länderdomain .de, verurteilt, die bei ihr registrierten Second Level Domains regierung-oberpfalz.de, regierung-mittelfranken.de, regierung-oberfranken.de und regierung-unterfranken.de wieder zu löschen (LG Frankfurt AZ 2-121 O 139/09). Geklagt hatte die Bayerische Staatsregierung, die in der Registrierung der Namen durch die Firma Weiss Web-Technik AG mit Sitz in Panama einen Missbrauch sah. Die DeNIC eG hatte trotz mehrerer Versäumnisurteile gegen wechselnde Domain-Administratoren (Admin-C) darauf beharrt, sie könne erst dann löschen, wenn ein rechtskräftiges Urteil gegen den eigentlichen Inhaber, nämlich die Firma in Panama, vorliege. Das entspreche der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes. Nach Auskunft von DeNIC-Justiziar Stephan Welzel hat die Registry bereits Berufung beim Oberlandesgericht eingelegt.

Gegen den Inhaber der lediglich geparkten "Regierungs"-Domains aktiv zu werden, hatte sich das zuständige Bayerische Landesamt für Finanzen, beziehungsweise dessen Anwälte, zunächst gespart. Denn dieser Inhaber verbirgt sich nach Ansicht von Anwalt Torsten Bettinger hinter einer Briefkastenfirma in Panama, die nach Recherchen der Kläger aus Bayern mindestens ein paar tausend Domains registriert hat. Die bayerischen Beamten nahmen stattdessen den zuständigen Admin-C mit Sitz in Deutschland ins Visier. Danach begann ein Katz-und-Maus-Spiel.

Ein erstes Urteil des Landgerichts München gegen den ursprünglichen Admin-C wurde durch einen Wechsel zu einem neuen Admin-C unterlaufen, wie das Landgericht Frankfurt in seiner Begründung ausführte. Gleichzeitig wurden die Domains auf mehrere Admin-C verteilt; zwei Domains (www.regierung-oberbayern.de und www.regierung-niederbayern.de) wurden gelöscht. Zuletzt hielten sich die Bayern daher an die DeNIC eG. Der beschied das Landgericht Frankfurt im Urteil nun, dass sie die beiden Versäumnisurteile des Landgerichts München nicht nach eigenem Gutdünken hinterfragen könne. Die Frankfurter Richter werfen dem DeNIC eine gewisse Selbstherrlichkeit bei der Würdigung der Versäumnisurteile vor. Es sei nicht "Sache der Beklagten, in eigener Machtbefugnis und durch ihre eigenen Mitarbeiter die Sinnhaftigkeit von gerichtlichen Entscheidungen zu hinterfragen."

DeNIC-Justiziar Welzel verweist demgegenüber nachdrücklich auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in Sachen ambiente.de und kurt-biedenkopf.de. Der BGH habe gesagt, das DeNIC müsse genau in zwei Fällen löschen: "Entweder muss ein rechtskräftiges Urteil gegen den Domaininhaber vorliegen, nicht gegen den Admin-C, den Tech-C oder sonst irgendjemanden", sagte Welzel. Oder der Fall betreffe offenkundige Rechtsverletzungen. Eine Löschung auf der Basis eines Versäumnisurteils gegen den Admin-C könne letztlich dazu führen, dass ein rechtmäßiger Domaininhaber dafür bestraft werde, dass sein Admin-C nicht angemessen auf eine Klage reagiere, warnte Welzel. Eine Klage gegen einen .de-Domaininhaber in Panama habe das DeNIC im Übrigen eigens durch ihre Registrierrichtlinien erleichtert. "Wir haben genau für solche Fälle die Konstruktion, dass eine Klage gegen den Inhaber in Panama über den Admin-C in Deutschland zugestellt werden kann", sagte Welzel. Man müsse die Klage nicht direkt in Panama zustellen lassen. Hätten die Bayern einen Titel gegen den Inhaber erwirkt, hätte das DeNIC seinerseits auch problemlos löschen können.

Die Bewertung des Gerichts, dass die Rechtsverletzung durch die Domains offenkundig sei, wies Welzel ebenfalls zurück. Die Namen entsprächen nicht exakt den Namen der Gebietskörperschaften. "Es gibt eine Plattenfirma, die Kanzleramt heißt, und eine Kneipe namens Ständige Vertretung", meinte Welzel. "Sollen wir nun nachprüfen, wie diese Namen verwendet werden?" Das Gericht hatte in der Art der Namen einen Sonderfall gesehen, eben weil es sich um Ämter handele. Die große Zahl der ähnlichen Registrierungen nährt nach Ansicht des Gerichts allerdings den Zweifel, dass es sich um eine solche "Parallelnutzung" handele.

Der Streit geht nun in die nächste Instanz, während andererseits Bayern nun auch gegen den Inhaber Klagen anstrengt. Ein inzwischen gegen den Inhaber von regierung-oberpfalz.de ergangenes Versäumnisurteil konnte jedoch gerade nicht über den neuen Admin-C zugestellt werden. Allerdings sieht man sich beim DeNIC in diesem Fall berechtigt, nach einer Aufforderung zur Richtigstellung der Daten beim entsprechenden Mitglied diese Domain nach Ablauf einer Frist zu löschen. Möglicherweise wird die Zahl der umstrittenen Domains also noch während dem laufenden Verfahren beim Oberlandesgericht kleiner und kleiner. (jk)