Die Woche: Red Hat oder CentOS?

OpenLogic bietet kommerziellen Support für den kostenlos erhältlichen Red-Hat-Klon CentOS. Das dürfte der Nachbau für eine Reihe von Anwendern attraktiver machen.

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Von
  • Alexandra Kleijn

Eine gute Nachricht für CentOS-Anwender – zumindest in den Vereinigten Staaten: Für professionellen Support für den Red-Hat-Nachbau können sie sich neuerdings an OpenLogic wenden. Der Anbieter von Open-Source-Stacks aus aufeinander abgestimmten, zertifizierten Open-Source-Anwendungen hat die Linux-Distribution in sein Software-Portfolio aufgenommen. Zwei Service Level Agreements bieten schnellen Zugang zur technischen Unterstützung. Außerdem schützen sie den Anwender vor etwaigen rechtlichen Ansprüchen Dritter (Indemnification), die sich aus dem Einsatz von CentOS ergeben könnten. Mit einem Einstiegspreis von 500 US-Dollar pro Jahr und Server dürfte die Hilfestellung zudem auch für kleinere Unternehmen erschwinglich sein.

CentOS ist eine Alternative für diejenigen, die auf die Stabilität und Robustheit von Red Hat Linux Enterprise (RHEL) nicht verzichten möchten, sich jedoch nicht an das Subskriptionsmodell des Linux-Anbieters binden möchten. Das kann schlicht finanzielle Gründe haben, ist aber auch eine Option für Anwender, die selbst die nötige Expertise besitzen, ein solches Linux-System einzurichten und zu pflegen. CentOS wird aus den Quellen von Red Hat gebaut und ist binärkompatibel zu dem Vorbild. Ebenso wie bei RHEL versorgen die Entwickler die Distribution sieben Jahre lang mit Sicherheits-Updates, ein überzeugendes Argument für Administratoren, die nicht alle zwei Jahre ihr System neu aufsetzen möchten.

CentOS ist nicht der einzige Red-Hat-Klon. Ebenfalls beliebt, bei einer etwas anderen Zielgruppe, ist Scientific Linux. Und OpenLogic ist nicht der einzige Dienstleister, der Support für CentOS anbietet. Im deutschsprachigen Raum macht das zum Beispiel der OpenLogic-Partner Credativ mit seinem Open Source Support Center. Allerdings bietet Credativ keine Gewährleistung im Falle irgendwelcher Rechtsansprüche, so wie es OpenLogic tut.

Red Hat selbst indes sieht Projekte wie CentOS und Scientific Linux relativ gelassen. Auch das neue Support-Angebot von OpenLogic wird daran vermutlich wenig ändern. Der Wert des Red-Hat-Abonnementsmodells liegt denn auch, so argumentieren die roten Hüte, nicht so sehr in der Software selbst (deren Quellcode steht ja jedem frei zur Verfügung), sondern in Management-Features wie das Red Hat Network, in der Unterstützung durch den Hersteller selbst und nicht zuletzt in der Zertifizierung von RHEL auf bestimmten Plattformen und für den Einsatz mit Software von Drittanbietern. Diese lässt sich nicht übertragen, ist aber wichtig zum Beispiel bei Behörden oder beim Militär.

CentOS und Co füllen klar eine Lücke. Wer RHEL eine Nummer zu groß (teuer) findet, greift zur freien Alternative. Außerdem erweitern die Nachbauten die potenzielle Kundenbasis für Red Hat: Wenn die (Support-) Ansprüche wachsen oder eine Zertifizierung ansteht, ist der Umstieg von CentOS auf RHEL schnell getan. Doch nicht alle großen CentOS-Anwender werden zu Red-Hat-Kunden. Diejenigen, die den Support oder die Enterprise-Features nicht brauchen, Red Hat jedoch auf vielen Systemen einsetzen wollen, können mit der freien Alternative viel Geld sparen.

Genau hier zeigt sich die Kehrseite der Medaille. Nicht nur beteiligt sich Red Hat maßgeblich an der Weiterentwicklung des Kernels, der Distributor sponsort auch eine Reihe von Linux-Projekten, nicht zuletzt die Community-Distribution Fedora, Vorreiter bei vielen neuen Features, die in das freie Betriebssystem einfließen. So gesehen bedeuten weniger zahlende Red-Hat-Kunden weniger Geld für freie Software und damit letztlich weniger Innovation.

Daher entscheiden sich offensichtlich nicht alle Großkunden mit eigenem Know-how für die kostengünstigere Lösung. Amazon zum Beispiel setzt konsequent auf Red Hat für seine zahlreichen Server und das schon seit geraumer Zeit. Das Online-Kaufhaus lässt also über den institutionellen Weg Geld in Open-Source-Projekte fließen – auch wenn es dank eigenem Know-how wahrscheinlich auf den Support durch den Anbieter gar nicht so sehr angewiesen ist.

Für CentOS aber bedeutet die Unterstützung der Distribution durch OpenLogic auf jeden Fall weitere Anerkennung – und dadurch eine Chance auf neue Anwender und Einsatzmöglichkeiten. In dem inzwischen riesigen Open-Source-Ökosystem dürfte genug Platz für alle sein.
(akl)